Moderne Piraten

Hans Dominik

Moderne Piraten

Ein klassischer Abenteuer-Roman

Erstveröffentlichung 1931

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Hans Dominik

Geboren 15.11.1872 in Zwickau, gestorben 19.12.1945 in Berlin. Nach Studium der Elektrotechnik und des Maschinenbaus an der Techn. Hochschule in Berlin, ab 1898 Elektroingenieur in Deutschland und den USA.

Machte sich 1904 selbstständig als techn. Schriftsteller, unternahm Reisen durch europ. und überseeische Länder und schrieb neben populärwissenschaftlichen techn. Büchern, mit der kühnen Phantasie eines Jules Verne, seine Sciene-Fiction-Romane, die sehr hohe Auflagen erreichten.

Inhalt

Eine internationale Rauschgifthändlerbande, die glänzend organisiert ist, treibt überall ihr Unwesen.

Durch Zufall kommt Rudi, ein junger Deutscher, der zunächst als Steward zur See fährt, der Bande auf die Spur, zusammen mit einem Landsmann, Dr. Gransfeld, der als Arzt ein besonderes Interesse an der Aufdeckung des Schmuggels hat.

Er stellt Rudi in Dienst, und gemeinsam nehmen beide die Verfolgung der Verbrecher auf, die überall zugleich zu sein scheinen, sich aber so gut zu tarnen wissen, daß sie nicht zu packen sind.

Immer gefährlicher wird das Spiel, denn die Bande ist auf der Hut und sucht Dr. Gransfeld und Rudi, die sie als erbitterte Feinde erkannt hat, unauffällig aus dem Wege zu räumen.

Dieser spannende Roman von Hans Dominik, in dem eine Kriminalangelegenheit im Mittelpunkt steht, der aber auch technische Probleme behandelt, ist besonders bemerkenswert durch abwechslungsreiche Erlebnisse in fremden Ländern, zu Wasser und in der Luft. Ein Buch für jung und alt, das man in einem Zuge durchliest.

Titelbilder

1 Auf der Fahrt nach Ägypten

Mit einer Stundengeschwindigkeit von achtzehn Knoten schraubte sich die »Usakama« durch die Fluten des Mittelmeeres. Nur ein schwaches Zittern des gewaltigen Körpers verriet die Arbeit der zwanzigtausendpferdigen Turbinen, die das Schiff vorwärts trieben. Vor zwei Tagen hatten die Reisenden in der Straße von Messina zum letzten Male Land gesehen, dann war der rauchende Kegel des Ätnas, das letzte Wahrzeichen Europas, allmählich im Westen hinter ihnen in der See versunken. Nur ruhiges, saphirblaues Meer zeigte sich jetzt nach allen Seiten hin, soweit das Auge reichte, ein ebenso blauer Himmel darüber, von dem das Tagesgestirn mit südlicher Kraft herniederbrannte. Glänzendweiße Sonnensegel, von den Schiffspumpen in kurzen Zeitabständen mit Seewasser benetzt, überspannten die Oberdecks und spendeten Schatten und Kühlung.

Der Lunch im großen Speisesaal der »Usakama« ging mit einer Tasse Kaffee zu Ende. Die letzten Klänge der Schiffskapelle verrauschten, und lauter schlugen nun Gesprächsbrocken von den einzelnen Tischen her durch den Raum. Schon erhoben sich einzelne Gäste.

Auch Doktor Gransfeld, der seinen Platz neben dem Schiffsarzt hatte, schob die leere Kaffeetasse zurück und machte Anstalt, aufzustehen. »Wie wär’s mit einem Verdauungsmarsch über das Promenadendeck, Kollege?«

Doktor Lüders, der Schiffsarzt, lachte. »Aha, die alte Regel! ›Nach der Mahlzeit sollst du ruhn oder tausend Schritte tun!‹ Sie haben recht. Man setzt bei unserer Bordverpflegung sonst unweigerlich Speck an. Also auf zum Mittagsbummel!«

Die beiden Medizinmänner – auch Doktor Gransfeld war Arzt – stiegen die Mahagonitreppe zum Promenadendeck empor. Vor der Wanduhr im Treppenhaus, unter der auf einer Seekarte gerade das neue Mittagsbesteck eingetragen wurde, blieben sie stehen.

»Einen Augenblick, Kollege! Wollen mal sehen, wo wir sind. – 24 Grad 10 Minuten östlicher Länge, 33 Grad 45 Minuten nördlicher Breite. Alle Wetter, sollte denn da im Norden nichts von Kreta zu sehen sein?«

Doktor Lüders schüttelte den Kopf. »Ausgeschlossen! Unser Kurs steht zwanzig Meilen südlich von der Insel. Von Europa bekommen Sie nichts mehr zu sehen, erst in Port Said wieder afrikanisches und asiatisches Land zur gleichen Zeit. Stellen wir unsere Uhren gleich auf die neue Schiffszeit dreißig Minuten vor! Eine halbe Stunde ist uns bei der Ostfahrt verloren gegangen. Ein Trost, daß wir sie auf der Rückreise wiederfinden.«

Auch Gransfeld zog seinen Chronometer und richtete ihn neu. »So, Punkt eins des Programms wäre erledigt. Jetzt mal nach vorn! Vielleicht gibt’s Delphine.«

»Meinetwegen! Aber da sind keine Sonnensegel. Es wird ein bißchen warm werden.«

Sie schritten über Promenaden- und Vorderdeck bis zur Spitze des Schiffes und schauten in die Flut. In der klaren See umschwärmte ein Rudel Delphine das Schiff, und geraume Zeit betrachteten sie die munteren Fische.

Doktor Lüders brach das Schweigen.