Sam ist mein einziger Junge - ich kann es mir nicht leisten, sein junges Leben zu zerstören. Darum handelt es sich, und was Oktober anbelangt - es ist doch auch ihr Hochzeitstag, und dennoch, vor kaum einer Stunde kam sie hier die Straße entlang, eine Zigarette im Mund, und alle Leute starrten sie an. Der alte Doktor Vinner und Miss Selby und die Leute aus der Stadt, die drüben im ›Berghaus‹ wohnen. Und - was hat sie dir denn eigentlich gesagt, Sam?«
Sam trat aus dem Hintergrund vor und gab Auskunft.
»Sie hat gesagt: ›Mann ist Mann‹ - heute morgen hat sie das gesagt. Und daß sie mich nicht liebe. Sie hat gesagt, sie würde genauso gerne einen Strolch heiraten wie mich - ihr käme es nicht darauf an. Sie sagte, ein Mädchen müsse immer irgendwo anfangen, und vielleicht würde ich für den Anfang reichen -«
Mr. Elmer atmete tief und pfeifend ein.
»Ich wünschte, sie hätte den Kerl gesehen, mit dem ich gesprochen habe. Da hätte sie ihre Ansicht aber gründlich geändert«, fügte Sam hinzu. »Ich habe ihr gesagt, daß das nicht die Worte wären, die ich gern hörte von dem Mädchen, das meinen Verlobungsring am Finger trüge. Sie riß den Ring ab und warf ihn mir hin. Sie sagte, daß sie sich’s vielleicht anders überlegen würde, darüber sei sie sich noch nicht im klaren - und das war der Augenblick, wo sie dann behauptete, daß ein Mann genauso wie der andere für sie sei.«
»Sam hat den Ring in seiner Tasche«, bestätigte Mr. Water.
»Sie ist noch sehr jung.« Andrew sprach besänftigend. »Solche Dinge passieren Frauen oft. Sie zweifeln an ihrem eignen Urteilsvermögen. Das ist ganz natürlich. Mir hat sie immer nur das Beste über dich gesagt. Sie langweilt mich schon damit, so oft spricht sie von dir. Es heißt immer ›Sam hier‹ und ›Sam dort‹ von morgens bis abends, aber sie ist sehr stolz und zieht es vor, ihre Gefühle zu verbergen.«
»Ich wünschte nur, sie hätte die Gefühle, die sie mir heute zeigte, auch verborgen«, sagte Sam, nicht völlig überzeugt - und doch, da er ein Mann und jung war, fiel es ihm nicht allzuschwer, dieser Erzählung vom geheimen Lob, das ihm gespendet worden war, zu glauben.
Er blickte seinen Vater an. Das Lächeln war von Mr. Waters Lippen gewichen. Er war mürrisch und verwirrt.
»Und wir hätten einen Ehekontrakt aufsetzen müssen, Andrew. Weshalb diese entsetzliche Eile? Lassen wir doch den jungen Leuten lieber ein paar Monate Zeit zum Überlegen …«
Er konnte nicht nachhaltiger darauf dringen, denn Andrew Elmer war gewissermaßen sein Kompagnon bei seinen ganzen Immobiliengeschäften. Er hatte ungeahnte Beziehungen und war in jeder Hinsicht nicht der Mann, dem man in den Weg treten durfte.
»Es kommt mir gar nicht wie eine Hochzeit vor, Andrew. Keine Feierlichkeit, nichts. Alles ein bißchen gemein und hinterlistig. Es wird keinem von uns zum Segen gereichen.«
Mr. Elmer zog die Zügel wieder an.
»Wenn du und Sam nicht heute abend um neun bei mir im Birkenhof seid, werde ich wohl annehmen können, daß Ihr euer Wort nicht haltet«, sagte er düster und schlug mit der Peitsche über den Rücken des alten Gauls.
Jedenfalls ist es mir geglückt, dachte er mit einer gewissen Befriedigung, nicht über Oktobers sehr heikle finanzielle Lage sprechen zu müssen.
An einer Biegung fuhr ein langgestreckter Sportwagen langsam an ihm vorbei. Er sah einen Augenblick das schmale Gesicht des Mannes am Steuer. Ein Engländer, dachte er sich, als ihm das Monokel auffiel.
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