Rinaldo bot sich sogleich als Käufer an, nahm so viele Käse und Würste als in seine Jagdtasche gehen wollten und bezahlte sie ohne zu handeln; auch überließ ihm der Bauer ein Brot, da er sah, daß er so gut für seine Victualien bezahlt ward.

»Was gibt's Neues?« – fragte endlich Rinaldo.

»Diesen Morgen« – antwortete der Bauer – »hat's auf der Grenze viel Blut gegeben. – Die Toscanischen Soldaten haben den Spitzbuben Rinaldini erwischt. – Er hat sich mit seinen Leuten wie ein Teufel gewehrt. Sie sind aber alle zusammengehauen und niedergeschossen worden.«

»Rinaldini auch?«

»Auch mit. – Der Spitzbube hatte längst den Galgen verdient. 's ist nur jammerschade, daß sie ihn nicht lebendig bekommen haben und daß er so ehrlich gestorben ist! Aber zum Teufel wird der Kerl doch gefahren sein. Denn er ist ja ohne Absolution in seinen verfluchten Sünden dahingestorben. – Da stirbt unsereiner doch ruhiger und honetter. Nicht wahr?«

»Ei, natürlich! Wir beide sind ja aber auch keine Spitzbuben.«

»Nein«, sagte der Bauer und ging. Als Rinaldo ihn aus dem Gesichte hatte, schlich er waldein und hielt Tafel.

 

Nach einem kleinen, erquickenden Schlafe machte er sich auf und ging einige Stunden tiefer in den Wald hinein. Auf einmal sah er sich ganz unerwartet auf einem freien Platze, der einige hundert Schritte im Umfange haben mochte. Vor ihm lagen auf einem Hügel die Ruinen eines zerstörten Schlosses.

Er sah sich rund umher um und erblickte kein lebendes Wesen. Die tiefste Totenstille schien über die Gegend ausgegossen zu sein. Nicht einmal ein Vogel war in der Nähe zu hören. Doch glaubte er Fußtritte in dem Grase zu sehen.

Er ging auf die Trümmer des Schlosses zu und trat in einen geräumigen Hof, der hoch mit Gras bewachsen war. Vor einer verfallenen Kolonnade setzte er sich auf eine umgestürzte Säule und überließ sich sonderbaren Betrachtungen.

Ein Geräusch schreckte ihn auf. Ein Reh jagte vorüber. – Er kam wieder zu sich, stieg auf und näherte sich einer Treppe, die in die oberen Gegenden des Schlosses führte.

Er stieg hinauf und kam in einen großen Saal. – Seine Fußtritte erschallten laut umher. Alles war öde und leblos um ihn her.

Der Saal führte in ein geräumiges Gemach, an dessen Hinterwand er zwei alte hölzerne Türen erblickte, die mit eisernen Riegeln verwahrt waren. Hier blieb er stehen, lauschte und horchte und vernahm nichts als seine eigenen lauten Atemzüge. – Er klopfte an beide Türen an. Alles blieb still.

Endlich zog er den Riegel der einen Tür zurück; sie knarrte auf und er trat in ein leeres Gemach, das er sogleich wieder verließ. – Als er die andere Tür öffnete, fand er auch hier wieder ein leeres Gemach. – Er verriegelte beide Türen und ging wieder zurück.

Jetzt ward er in der einen Ecke des Saals eine schmale Öffnung gewahr. Es war der Eingang in ein leeres Gemach, welches in ein zweites und dieses in ein drittes führte. Hier trat er auf Holz und sah, daß er auf einer verriegelten Falltür stand. Er schob den Riegel zurück, hob die Falltür auf und sah in eine dunkle Tiefe hinab, wohin eine schmale steinerne Treppe führte. Er ließ die Tür nieder, ging zurück und kam wieder in den Hof.

Die Dämmerung brach schon stark herein. Er sah sich nach einem Baume um, erblickte eine majestätische Steineiche, stieg hinauf und suchte in ihren dichten Zweigen sein Nachtlager.

 

Nach einer beinahe ganz durchwachten Nacht verließ Rinaldo sein hartes Lager, als der Tag anbrach, und machte sich auf den Weg, Wasser zu suchen, das er auch bald fand.