Komm her, ich bin grade in der rechten Stimmung, dir dein Todesurteil zu sprechen.
KLAUS. Und, Herr, ich muß Euch sagen, daß ich danach nichts frage.
PETER. Wer bist du?
KLAUS. Ein Narr.
PETER. So mußt du den andern Gesellschaft leisten.
KLAUS. Mir gleich.
PETER. Wie? Du hast das Leben nicht lieb?
KLAUS. Sowenig wie einen sauren Apfel.
PETER. Das wäre fast zu vernünftig für einen Narren.
KLAUS. Ei, wenn es Torheit ist, das Leben liebzuhaben, so wäre am Ende der Zweck eines jeden Philosophen, sich aufzuhängen.
PETER. O ich habe nicht Lust, mich mit dir in einen Streit einzulassen. Aber wenn du Gründe hast, so sage sie mir doch, warum du dein Leben nicht achtest.
KLAUS. Herr, Gründe so groß und gewichtig wie die Felsen, und doch sind die Felsen selbst nur kleine Kiesel, wenn man dabei an die ganze Erde denkt. Doch das nur im Vorbeigehen gesagt. Aber seht mich nur an, und sagt mir dann selbst eine vernünftige Ursache, aus der ich das Leben wohl liebhaben könnte. Bin ich nicht so gezeichnet, daß jeder Mensch von mir sagen wird: Wenn der Kerl nicht zum Narren oder zum Taugenichts zu gebrauchen ist, so ist er völlig unnütz; und bedenkt nur selbst, gnädiger Herr, unter einem solchen Titel durch das Leben zu hinken, zeitlebens auf nichts anders Ansprüche machen zu dürfen. Denn Reichtümer besitze ich nicht, und wenn ich sie auch hätte, was sollte ich wohl damit anfangen? Mich wird kein Mädchen lieben, gegen meine verkrüppelte Gestalt wird niemand Wohlwollen und Freundschaft empfinden, ich darf auf keine Ehre, auf keine Freude des Lebens hoffen. Was ist also das Leben für mich? Nichts als der große Fettschweif des indischen Schafs, es ist mir nur zur Last; ich bin nicht fröhlicher, als wenn ich vergesse, wer ich bin, ich diene dazu, andere zum Lachen zu bringen und zwinge mich selbst zum Lachen, ich bin eine Medizin für verdorbene Mägen, ein Verdauungsmittel, die Hunde sehn mich von der Seite an, und ich habe es noch nie dahin gebracht, daß mich einer geliebt hätte. Aus welcher Ursache meint Ihr nun wohl, sollte ich das Leben lieben? – Und was ist denn das Leben selbst? Eine beständige Furcht vor dem Tode, wenn man an ihn denkt, und ein leerer, nüchterner, genußloser Rausch, wenn man ihn vergißt, denn man verschwendet dann einen Tag nach dem ändern und vergißt darüber, daß die Gegenwart so klein ist und daß je der Augenblick vom nächstfolgenden verschlungen wird. – Jeder Mensch wünscht, alt zu werden, und wünscht dadurch nichts anderes, als mit tausend Gebrechen, mit tausend Schmerzen in Bekanntschaft zu treten. Da schleichen sie denn ohne Zähne und ohne Wünsche mit leerem zitterndem Kopfe, mit Händen, die ihnen schon längst die Dienste aufgekündiget haben und nur noch als abgeschmackte Zierate von den Schultern herunterhängen, ihrem Grabe zu, dein sie doch nicht entlaufen können. – Und wie müßt' ich vollends sein, wenn ich alt würde? Wer würde sich die Mühe nehmen, mich zu bedienen, mich zu trösten? – Nein, gnädiger Herr, laßt mich immer frisch hängen, das wird wohl der beste Rat sein.
PETER. Kerl, du gefällst mir. – Willst du mein Narr werden?
KLAUS. Ich bin des Dienstes überdrüssig.
PETER. Aber ich will dich zu meinem Narren haben, sag' ich. Du sollst mir zuweilen Reden halten, du sollst mir in den müßigen Stunden etwas vorschwatzen! Du sollst mein Beichtvater werden. Ich will für dich sorgen, und das Leben will ich dir schenken, aber du mußt mir dienen.
KLAUS. Nun, wenn es dann so sein muß. Aber Herr Ritter, dann habe ich noch eine Bitte.
PETER.
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