– Wenn ich wiederkomme, will ich mir deinen Rat ausbitten. Ab.

ANTON. Seine Wildheit wird ihn noch einmal unglücklich machen.

SIMON. Gewiß.

ANNE. Wie geht es dir, Bruder?

SIMON. Gut – ich habe nur heut morgen mancherlei gedacht – es kann sich bald mancherlei ändern.

ANNE. Wieso?

ANTON. Frage ihn doch nicht, es ist ja nur eine weggeworfene Mühe, er weiß es sowenig wie du, und eben durch solche Aufmerksamkeiten wird seine Narrheit nur zum Wachsen gebracht, die ohne diese Nahrung schon längst abgestorben wäre.

AGNES. Aber so laß ihn doch reden, Bruder.

ANTON. Nun, wie ihr wollt, aber ihr werdet mich nicht zwingen wollen, sein Geschwätz mit anzuhören. Ab.

SIMON. Ich spreche viel lieber, wenn Bruder Anton nicht dabei ist. Er zuckt über alles die Schulter, wenn's nicht nach seinem Sinn ist, und er hat doch nur einen sehr engen Sinn, so wie die meisten Menschen, sie wissen oft nicht, warum sie etwas tadeln, es scheint ihnen bloß verwerflich, weil sie noch nicht darauf gekommen sind.

ANNE. Jawohl.

SIMON. Und doch sollte das grade der Grund sein, eine solche Sache ihrer nahem Aufmerksamkeit zu würdigen. Denn wenn wir nichts Neues zulernen wollen, so verschimmeln am Ende auch die alten Kenntnisse in uns.

AGNES. Bruder Simon spricht heute mit ungemeiner Weisheit.

SIMON. Ihr versteht mich nur so selten; das scheint dir nur deswegen klug, weil du auch schon etwas Ähnliches gedacht hast. –

AGNES. Was ist denn aber am Ende der menschliche Verstand?

SIMON. Ja, das können wir mit unserm eigenen Verstande nicht leicht begreifen. Aber er hat gewiß, wie eine Zwiebel, eine Menge Häute, jede dieser Häute wird auch Verstand genannt, und der letzte inwendige Kern ist der eigentliche beste Verstand. Recht verständig sind nun also die Menschen, die ihren zwiebelartigen Verstand durch lange Übung so abgerichtet haben, daß sie jede Idee nicht nur mit den äußern Häuten, sondern auch mit dein innern Kern denken. Bei den meisten Leuten aber, wenn sie auch die Hand vor dein Kopf halten, ist nur die oberste Haut in einiger Bewegung, und sie wissen es gar nicht, einmal, daß sie noch mehrere Arten von Versland haben, und so ist Bruder Anton.

AGNES. Hahaha! Das ist lustig: Zwiebel und Verstand, das ist eine gute Idee – und wie denkt denn Bruder Leopold?

SIMON. Gar nicht, er denkt nur mit der Zunge; wie andre Menschen essen, um zu leben, so spricht er unaufhörlich, damit er nur etwas zu denken hat; und was er gesprochen hat, hat er auch in demselben Augenblicke wieder vergessen, in dem er es von der Zunge geschüttet hat. Seine Gedanken sind wie der Spargel, der abgeschnitten wird, sowie man nur die grüne Spitze aus der Erde bemerkt, er schießt nach bis in den Sommer, dann läßt man ihn Samen treiben. Um die Zeit wird Bruder Leopold nicht viel mehr sprechen und denken, und die Leute werden von ihm sagen: Das ist ein vortrefflicher Hausvater!

AGNES. Aber wie denkst du denn?

SIMON. Ich? – Das ist eben die Schwierigkeit und meine Unruhe; – seht, es ist schwer zu denken, auf welche Art man denkt.