Das Atemholen machte mir schon bedeutende Schwierigkeiten, auch der Kopf schmerzte mich außerordentlich. Die Feuchtigkeit, die ich seit einiger Zeit auf meinen Wangen empfand, stellte sich als Blut heraus, das mir durch das Trommelfell der Ohren sickerte. Der Zustand meiner Augen beunruhigte mich ebenfalls. Als ich mit der Hand über sie hinfuhr, schien es mir, als seien sie nicht unbeträchtlich aus ihren Höhlen herausgetreten, und der Ballon und alle Gegenstände in der Gondel erschienen mir in verzerrter Gestalt. Diese Symptome übertrafen doch meine mutigsten Erwartungen, und etwas wie Angst stieg in mir auf. Unklugerweise und ohne recht nachzudenken, warf ich noch drei Stück Ballast von je fünf Pfund aus. Die beschleunigte Schnelligkeit des Aufstiegs trug mich ohne die genügenden Abstufungen in eine schon ganz bedeutend verdünnte Luftschicht, die meinem Unternehmen und mir selbst fast verhängnisvoll geworden wäre. Ich wurde ganz plötzlich von einem Krampfe erfaßt, der länger als  Minuten dauerte; und als er sich beruhigt hatte, konnte ich nur in langen Pausen und mit furchtbarer Anstrengung atmen. Während der ganzen Zeit drang mir reichlich Blut aus Nase und Ohren und sogar, allerdings in geringerer Menge, aus den Augen. Die Tauben schienen in Todesangst zu sein und schlugen mit den Flügeln, wie um zu entfliehen, während die Katze jämmerlich schrie und sich in der Gondel herumwand, als habe sie Gift gefressen.

Ich entdeckte nun zu spät, welch ungeheure Torheit ich begangen, als ich meinen Ballast so leichtsinnig ausgeworfen, und geriet in nicht geringe Bestürzung. Es war mir, als ob ich, und zwar schon in wenigen Minuten, sterben müsse. Ich konnte kaum noch denken. Mein Kopfschmerz nahm von Sekunde zu Sekunde an Heftigkeit zu. Und ich fühlte, daß meine Sinne mir bald ganz schwinden würden. Schon hatte ich den Strick ergriffen, um das Ventil zu öffnen und den Ballon zum Sinken zu bringen, als mir der Gedanke an den schlechten Streich, den ich meinen drei Gläubigern gespielt, wieder in den Sinn kam, und die Furcht vor seinen möglichen Folgen mich bewog, das Ventil doch lieber nicht zu öffnen. Statt dessen legte ich mich auf den Boden der Gondel und versuchte, ob ich mir nicht durch einen Aderlaß Erleichterung verschaffen könnte.

Da ich jedoch keine Lanzette bei mir hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als mein Taschenmesser zu gebrauchen, mit dem ich mir eine Ader am linken Arm öffnete. Kaum begann das Blut zu fließen, so empfand ich auch schon eine bemerkenswerte Erleichterung, und als ich vielleicht die Hälfte der üblichen Menge verloren hatte, waren die gefährlichen Erscheinungen fast ganz verschwunden. Doch hielt ich es nicht für angebracht, mich gleich wieder auf die Füße zu stellen, sondern blieb, nachdem ich meinen Arm, so gut es möglich war, verbunden hatte, noch ungefähr eine Viertelstunde still liegen. Dann erhob ich mich und empfand wirklich weniger Schmerzen als während der letzten fünfviertel Stunden meines Aufstiegs.

Die Atembeschwerden hatten sich jedoch nur in sehr geringem Grade vermindert, und ich empfand immer dringender die Notwendigkeit, den Kondensierapparat zu gebrauchen. Mittlerweile sah ich mich wieder einmal nach der Katze um, die es sich auf meinem Überrock von neuem bequem gemacht hatte, und entdeckte zu meiner großen Überraschung, daß sie es für gut befunden hatte, während meines Unwohlseins drei kleine Kätzchen ans Tageslicht zu bringen.

Dieser Zuwachs an Passagieren kam mir sehr unerwartet, doch amüsierte mich der Zwischenfall und bot mir überdies Gelegenheit, einer Vermutung auf den Grund zu gehen, die mich mehr als alles andere bewogen hatte, den Aufstieg zu versuchen.

Ich hatte angenommen, daß nur die Gewöhnung an den Druck der Atmosphäre zum größten Teil die Schmerzen verursacht, welche die Lebewesen in einer gewissen Höhe über der Oberfläche empfinden.

Sollten die kleinen Katzen das Unbehagen im selben Grade empfinden wie ihre Mutter, so war meine Theorie widerlegt, im gegenteiligen Falle jedoch konnte ich mich auf einen ausgezeichneten Beweis meiner Annahme stützen.

Um acht Uhr hatte ich eine Höhe von siebzehn Meilen erreicht. Die Schnel igkeit des Aufstiegs nahm also in solchem Maße zu, daß sie sich unzweifelhaft auch dann gesteigert haben würde, wenn ich keinen Bal ast ausgeworfen hätte. Die Schmerzen im Kopf und in den Ohren machten sich in Pausen mit ungeheuerer Heftigkeit wieder bemerkbar, und hin und wieder stel te sich noch Nasenbluten ein; im ganzen litt ich jedoch viel weniger, als ich gedacht. Dennoch wurde das Atmen von Minute zu Minute schmerzhafter und war von einem krampfhaften, ermüdenden Zusammenziehen der Brust begleitet. Ich packte also meinen Kondensierapparat aus und machte ihn zum Gebrauche fertig.

Der Anblick der Erde von meiner jetzigen Höhe herab war ein geradezu großartiger. Nach Westen, Norden und Süden breitete sich, so weit ich sehen konnte, wie ein grenzenloses, faltenloses Tuch, das sich jeden Augenblick tiefer und tiefer blau färbte, der Ozean aus. In ungeheurer Entfernung nach Osten lagen, dennoch deutlich wahrnehmbar, die britischen Inseln und die französische und die spanische Küste des Atlantischen Ozeans, sowie ein kleiner Teil von Nordafrika unter meinen Blicken. Von Bauwerken war nicht die Spur mehr zu entdecken, und die stolzesten Städte der Menschen waren für mich vollständig vom Angesichte der Erde verschwunden.

Was mich jedoch beim Anblick der Dinge unter mir am meisten in Erstaunen setzte, war die scheinbar konkave Gestalt der Erdoberfläche. Ich hatte, töricht genug, erwartet, daß sich mir von meiner Höhe aus ihre wirkliche, konvexe Gestalt ganz deutlich offenbaren müsse, doch genügten ein paar Minuten ruhigen Nachdenkens, um mir diesen Widerspruch zu erklären. Eine von meinem Aufenthaltspunkte gefällte Linie wäre die Senkrechte eines rechtwinkeligen Dreiecks gewesen, dessen Basis vom rechten Winkel zum Horizont, und dessen Hypothenuse vom Horizont bis wieder zu mir gereicht haben würde. Meine Höhe bedeutete jedoch im Vergleich zu der Weite des Blickes nichts oder nur sehr wenig.