So is halt 's Jägerleben in die Berg. Da gehst im Wald umanand und denkst an nix. Und hinter die Bäum steht einer drin. Und auf amal, da kracht's. Und aus is's! Wenn's sein muß, in Gotts Namen! Tust halt den letzten Schnaufer, schaust noch amal auffi zu die höchsten Wänd, machst deine Lichter zu, und bhüt dich Gott, du schöne Welt! Ich denk mir, so hat's mein Vater gmacht. Wer weiß, leicht mach ich's ihm nach amal.«

Die Sonne war über die Seeberge schon hinuntergesunken; nun lugte sie aus einem tiefen Talspalt wieder hervor, und der goldige Schein, den sie warf, durchleuchtete das von Tropfen glitzernde Laub und wob einen wundersamen Schimmer um die feuchten Stämme. Die kleinen Vögel des Waldes waren lebendig geworden und huschten umher; doch ihr Gezwitscher erlosch unter einem dumpfen Rauschen, das vom nahen Seeufer einhertönte.

Kitty schien kein Auge zu haben für die leuchtende Schönheit des Bergwaldes. Was sie gehört hatte, gab ihr zu denken.

»Franz? Du hast von Sorgen gesprochen. Was für Sorgen sind das, die du hast?«

Ein heftiges Wort schien dem Jäger auf der Zunge zu liegen. Doch er schüttelte den Kopf. »Ah, nix! So Jagergschichten halt!«

»Kann ich dir helfen?«

Wieder schüttelte er den Kopf und sah dankbar zu ihr auf.

Nun lächelte sie, und der Schelm erwachte in ihren Augen. »Bist du verliebt?«

Franzl lachte. »Das ging mir grad noch ab! Ich muß mich eh schon giften gnug.«

Sie schlug ihn leicht mit dem Fächer auf den Mund und lachte mit ihm.

Nun war der ebene Grund erreicht, und Franzl stand ratlos. Der Wetterbach, der hier in den See mündete – in trockener Zeit ein Bächlein, das mit einem Schritt zu übersetzen war – hatte sich in einen tobenden Gießbach verwandelt, der in einem nahen Felsenwinkel aus steiler Höhe niederstürzte und mit schäumenden Wellen über das grobe Steingeröll wegrauschte. Von dem Stege, der sonst über das Bett des Baches führte, war keine Spur mehr zu sehen; seine Balken mochten weit draußen schwimmen im See. Und hinüber mußten die beiden, der Zugang zum See war ihnen abgeschnitten, da der Gießbach zur Linken hart an eine steil in den See abfallende Felswand lenkte. Jenseits des Baches lag eine sanft ansteigende, mit alten Ahornbäumen bestandene Grasfläche, die sich vom Seeufer zwischen dem Bach und einer verwitterten Felswand bis zur Schlucht des Wasserfalles emporhob. Über die Wipfel der Bäume herüber lugte das Türmlein einer Eremitage, die an die Felswand angebaut war.

Sehnsüchtig schaute Kitty dort hinüber und streifte mit besorgtem Blick die schäumenden Wellen. Franzl hatte den Ausweg schon gefunden: eine gestürzte Fichte, die den Bach überbrückte. Rasch entschlossen schritt er auf den Baumstamm zu. Kitty sträubte sich, als sie seine Absicht erkannte. Franzl lachte. »Tun S' Ihnen net fürchten, gnädigs Fräuln! Über so a Bäuml geh ich weg in der stockfinstern Nacht. Lassen S' mir nur den Hals schön frei.« Kitty verstand ihn kaum, das Rauschen des Wassers übertönte seine Worte. Und nun hatte er die luftige Brücke schon betreten. Sicher, wie auf ebener Erde, schritt er über den schwankenden Stamm. In Kitty erwachte die Angst; der Anblick des schießenden Wassers machte sie schwindeln. Stammelnd schlang sie die Arme um den Hals des Jägers. Unter diesem Ruck drohte Franzl das Gleichgewicht zu verlieren. »Lassen S' mein Hals aus!« mahnte er; nur noch angstvoller umklammerte sie ihn; und da begann er auf dem schwankenden Stamm zu laufen.