Seht, die Ziegen gediehen so, daß ihre schweren Euter fast auf dem Boden schleppten. Inger nähte ein langes Kleidchen aus blauem Kattun und ein Mützchen von demselben Stoff, es war das hübscheste, was man sehen, konnte, es war der Taufanzug. Das Kind selbst lag ganz still da und verfolgte das Werk mit seinen Augen, es war schon ein rechter Junge geworden, und wenn er durchaus Eleseus heißen sollte, so wollte sich Isak auch nicht länger dagegen sträuben. Als das Kleidchen fertig war, hatte es eine zwei Ellen lange Schleppe, und jede Elle kostete ihr Geld, aber das half nichts, das Kind war nun einmal der Erstgeborene. – Wenn dein Perlenhalsband einmal getragen werden soll, so ist es wohl diesmal an der Zeit, sagte Isak. – Oh, Inger hatte auch schon an die Perlen gedacht, sie war nicht umsonst Mutter, sondern durchaus einfältig und stolz. Die Perlen reichten dem Jungen nicht um den Hals, aber sie würden vorne auf der Mütze hübsch aussehen, und da brachte sie sie an.
Aber Oline kam nicht.
Wäre es nicht wegen der Here gewesen, dann hätten alle Bewohner das Haus verlassen und mit dem getauften Kinde nach drei bis vier Tagen zurückkommen können. Und wäre es nicht wegen der Trauung gewesen, so hätte Inger allein reisen können. – Ob wir nicht die Trauung solange verschieben könnten? sagte Isak. – Aber Inger antwortete: Es wird zehn bis zwölf Jahre dauern, bis Eleseus daheimbleiben und melken kann.
Nun, da mußte Isak seinen Verstand gebrauchen. Eigentlich war das Ganze nicht am Anfang begonnen worden und die Trauung war vielleicht ebenso notwendig wie die Taufe, was wußte er. Jetzt sah es nach Trockenheit aus, nach richtiger böser Trockenheit; wenn nicht bald Regen kam, verbrannte der Ertrag der Felder, aber alles stand in Gottes Hand. Isak machte sich fertig, ins Dorf hinunterzueilen und sich nach einem Menschen zur Aushilfe umzusehen. Da mußte er wieder viele Meilen laufen.
All diese Beschwer einer Trauung und einer Taufe wegen! Die Leute im Ödland haben wirklich viele kleine und große Sorgen!
Dann kam Oline…
Jetzt waren sie verheiratet und getauft, alles war in Ordnung, sie waren sogar darauf bedacht gewesen, sich zuerst trauen zu lassen, damit das Kind ehelich wurde. Aber die Trockenheit hielt an, und nun verbrannten die kleinen Kornäcker, verbrannten diese Plüschteppiche, und warum nur? Alles stand in Gottes Hand. Isak mähte seine Wiesenstücke, aber es stand kein hohes Gras darauf, obgleich der Boden im Frühjahr gedüngt worden war. Er mähte und mähte auch auf weitentfernten Halden und wurde nicht müde, zu mähen, zu trocknen und Futter heimzuführen, denn er hatte ja jetzt ein Pferd und einen großen Viehbestand. Aber mitten im Juli mußte er auch das Korn zu Grünfutter mähen, zu anderem war es nicht zu gebrauchen. So, und nun kam es nur noch auf die Kartoffeln an.
Wie stand es mit der Kartoffel? War sie nur eine Kaffeeart aus fremdem Lande, die entbehrt werden konnte? Oh, die Kartoffel ist eine unvergleichliche Frucht, sie steht draußen in Trockenheit, steht in Nässe, wächst aber doch. Sie trotzt dem Wetter und hält viel aus, bekommt sie nur einigermaßen gute Behandlung von den Menschen, so lohnt sie es fünfzehnfach. Seht, die Kartoffel hat nicht das Blut der Traube, aber sie hat das Fleisch der Kastanie, man kann sie braten und kochen und zu allem benutzen. Ein Mensch kann Mangel an Brot haben, hat er Kartoffeln, dann ist er nicht ohne Nahrung. Die Kartoffeln können in warmer Asche gebraten werden und ein Abendessen sein, sie können im Wasser gekocht werden und zum Frühstück dienen. Was brauchen sie an Zuspeise? Wenig. Die Kartoffeln sind genügsam, eine Schale Milch, ein Hering ist genug für sie. Der Reichtum ißt Butter dazu, die Armut taucht sie in ein bißchen Salz auf einem Teller. Isak verzehrt sie als Sonntagsspeise mit ein wenig Sahne von Goldhorns Milch. Die mißgeachtete, gesegnete Kartoffel!
Aber jetzt spukte es auch für die Kartoffel.
Unzählige Male am Tag sah Isak nach dem Himmel. Der Himmel war blau. Manchen Abend sah es nach einem Regenschauer aus.
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