– O ja, antwortete Inger tröstend, es hilft ihnen noch ganz und gar.
Und dann sah es allmählich besser aus; jeden Tag fiel ein Regenschauer, das Gras wurde wieder grün wie durch Zauber, die Kartoffeln blühten, jawohl, und zwar mehr als zuerst, und an den Stengeln wuchsen große Beeren, und das war eigentlich ganz richtig, aber niemand wußte, was unten an den Wurzeln war; Isak wagte nicht, nachzusehen. Dann kam eines Tages Inger daher, und sie hatte unter einem Stock zwanzig kleine Kartoffeln gefunden. Und jetzt haben sie noch fünf Wochen zum Wachsen! sagte Inger. – Diese Inger, sie mußte immerfort trösten und gut zureden mit ihrer Hasenscharte! Und eine jämmerliche Stimme hatte sie, sie zischte, es war, wie wenn ein Ventil etwas Dampf herausläßt; aber ihr Trösten war eine Wohltat draußen im Ödland. Und eine lebensfrohe Natur hatte sie auch. – Wenn du noch eine Bettstatt zimmern könntest, sagte sie zu Isak. – So, sagte er. – Ja, ja, es eilt nicht gerade, sagte sie.
Sie machten sich an die Kartoffelernte und wurden nach altem Herkommen bis Michaelis damit fertig. Es wurde ein mittelmäßiges Jahr, ein gutes Jahr; es zeigte sich wieder, daß die Kartoffeln nicht so sehr vom Wetter abhängig sind, sondern viel aushalten und doch heranwachsen. Natürlich war es, wenn sie genau nachrechneten, nicht gerade ein so recht mittelmäßiges und gutes Jahr, aber in diesem Jahr konnten sie nicht so genau nachrechnen. Eines Tages war ein Lappe vorübergekommen und hatte sich über all die Kartoffeln auf der Ansiedlung sehr verwundert; in den Dörfern sei es viel schlimmer, sagte er.
Dann hatte Isak wieder einige Wochen vor sich, während deren er Land roden konnte, ehe die Kälte einsetzte und der Boden gefror. Jetzt weidete das Vieh auf den Feldern und wo es wollte. Es machte Isak Freude, mit den Tieren zusammen zu arbeiten und ihre Glocken zu hören. Es hielt ihn zwar auch von der Arbeit ab, denn der Stier stieß gar zu gerne mit seinen Hörnern in die Laubhaufen hinein, oder die Geißen waren droben und drunten und überall, sogar auf dem Dach der Hütte.
Kleine und große Sorgen!
Eines Tages hörte Isak einen lauten Schrei. Inger steht vor dem Hause mit dem Kind auf dem Arm und deutet auf den Stier und die kleine Kuh Silberhorn; die sind Liebesleute. Isak wirft die Haue weg und rennt hinunter, aber es ist zu spät, das Unglück ist geschehen. Sieh die Hexe, die ist zeitig dran, erst ein Jahr alt, ein halbes Jahr zu früh, die Hexe, das Kind! Isak bringt sie in den Stall hinein, aber es ist wohl zu spät. Ja, ja, sagt Inger, es ist nun gewissermaßen gut, sonst wären beide Kühe im Herbst trächtig geworden. – Ach, diese Inger, nein, sie hatte keinen guten Kopf, aber sie hatte vielleicht gewußt, was sie tat, als sie am Morgen Silberhorn und den Stier zusammen herausließ.
Es wurde Winter, Inger kardätschte und spann, Isak fuhr Klafterholz zu Tal, ungeheuere Ladungen von trockenem Holz auf guter Schlittenbahn; alle Schulden wurden getilgt, Pferd und Wagen, Pflug und Egge gehörten nun ihm. Er fuhr mit Ingers Ziegenkäse zu Tal und brachte Webgarn, Webstuhl, Haspel und Scherbaum dafür nach Hause, und wieder brachte er Mehl und Eßwaren, und wieder Bretter, Dielen und Nägel; eines Tages kam er sogar mit einer Lampe an. So wahr ich hier dastehe, rief Inger, du bist verrückt! Aber sie hatte schon lange erraten, daß die Lampe kommen würde. Am Abend zündeten sie sie an und waren wie im Paradies, der kleine Eleseus glaubte gewiß, es sei die Sonne. Siehst du, wie verwundert er ist! sagte Isak. Von da an konnte Inger bei Lampenlicht spinnen.
Isak brachte Leinwand zu Hemden und neue Schuhe für Inger. Sie hatte ihn um verschiedene Farben zum Färben der Wolle gebeten, und er brachte auch diese. Aber eines Tages kam er wahrhaftig mit einer Uhr an! Mit was? Mit einer Uhr! Da war Inger wie aus den Wolken gefallen, und sie konnte eine Weile kein Wort herausbringen.
Isak hing die Uhr mit vorsichtigen Händen an die Wand und stellte sie nach seiner Schätzung; er zog die Gewichte auf und ließ die Uhr schlagen. Das Kind drehte die Augen nach dem tiefen Klang und sah dann die Mutter an. Ja, du kannst dich wohl verwundern! sagte sie und nahm den Jungen auf den Schoß und war selbst gerührt. Denn von allem Guten hier in der Einsamkeit konnte sich nichts mit der Wanduhr vergleichen, die den ganzen dunklen Winter hindurch ging und die Stunden richtig schlug.
Dann war alles Holz fortgeschafft, Isak ging wieder in den Wald und fällte wieder Bäume; er machte seine Straßen und seine Stadt aus Klafterholzstapeln für den nächsten Winter. Er mußte jetzt immer weiter von seinem Haus Weggehen, eine große, weite Halde lag schon zum Bebauen bereit, und er wollte jetzt nicht noch mehr Boden ganz abholzen, sondern von jetzt an nur die ältesten Bäume mit vertrockneten Wipfeln fällen.
Natürlich hatte er auch schon längst verstanden, warum Inger von einem zweiten Bett gesprochen hatte, jetzt durfte er es wohl nicht länger hinausschieben, sondern mußte sich beeilen.
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