5. Defectivum
Was ists, was wir nicht thun? Was ists, was wir nicht leiden?
Durch 1. Steuern und durch 2. Raub wird Mars nicht eines 3. meiden,
Wird kürtzlich 4. noch zu thun, noch was zu leiden bleiben,
Und Mars wird auß der Welt 5. Die Welt und sich vertreiben.
68.
Ein thierischer Mensch
Lupula wil keinen lieben,
Der Vernunfft zu sehr wil üben,
Weil ihr besser der gefällt,
Der sich etwas thierisch stellt.
Der da kan wie Tauben hertzen,
Der da kan wie Spatzen schertzen,
Der wie Hanne buhlen kan,
Ist für sie der rechte Man.
69.
Niemand ist zu verachten.
Ein Rabe wil Noha zum Bothen nicht tügen;
Doch bringt dem Elias ein Rabe vergnügen.
Der Himmel kan morgen vil Gunsten verleyen
Dem schlechsten, den heute die Grossen verspeyen.
70.
Iedes Glücke hat sein Glücke
Glücke hat sein Ungelücke,
Daß bey seinem Freuden-Blicke
Menschen dannoch beßres wehlen.
Ungelücke hat sein Glücke,
Daß bey seiner Wandel-Tücke
Christen nimmer Trost darff fehlen.
71.
Seelen-Wandelung
Daß eine fremde Seel in fremden Cörper kriche,
Das glaube, wer es wil; es sind nicht Biebel-Sprüche.
Diß aber ist gewiß, daß ietzt ein fremder Leib
Fährt offters auff und in ein fremdes Pferd, Kleid, Weib.
72.
Helden-Tod
Es rieten ihrer zwey nach Rossen;
Darüber ward der ein erschossen.
Der andre sagte mit betrüben:
O, welch ein ehrlich Cärl ist blieben!
73.
Schädliche Liebe
Lieben läst nicht lange leben;
Lange leben läst nicht lieben.
Wer dem Leben ist ergeben,
Muß das lieben sparsam üben;
Wem das lieben wil behagen,
Muß dem Leben abesagen.
74.
Göttliche Barmhertzigkeit
Nach dem grossen Sünden-Flusse
Setzte Gott den Gnaden-Bogen.
Wann auff Straffe folget Busse,
Ist er uns wie vor bewogen.
75.
Wiederbrachte Jungfrauschafft
Der die Jungferschafft benummen,
Kan sie wieder da bekummen,
Wann es ihr vielleicht gelingt,
Daß sie eine Tochter bringt.
76.
Dörffer
Vom dürffen, kümmt mir für, sind Dörffer her genant;
Dann Dörffern ist ietzt nichts als Dürfftigkeit bekant.
77.
Schlesier Eselsfresser
Daß Schlesier haben den Esel gefressen,
Ist entweder nichts oder bleibet vergessen;
Sonst würden die fremden sich eigen gewehnen,
Nach Schlesischem Futter sich nimmer zu sehnen.
78.
Finsternüß
Wann zwischen Beutel und das Geld
Die Contribution sich stellt,
Tritt Finsternüß gemeinlich ein
An Goldes-Glantz und Silber-Schein.
79.
Von der Nachtigal
Von fernem bistu viel, von nahem meisten nichts,
Ein Wunder deß Gehörs, ein spotten deß Gesichts.
Du bist die Welt, die Welt ist du, o Nachtigal!
Zum ersten lauter Pracht, zu letzt ein blosser Schall.
80.
Huren
Im Friede Hure seyn ist ehrlich, nicht im Kriegen;
Dann jene kan im Bett, auff Stroh muß diese liegen.
81.
Der Schamhafftigkeit Farbe
Carmesin-roth hält man werth;
Reines Weiß wird offt begehrt;
Purpur hat nicht schlechten Ruhm;
Gold begehrt das Eigenthum;
Billich aber wird geacht
Farbe, die die Tugend macht.
82.
Ein höltzernes Pferd
In der Achiver langem Weiber-Kriege
Halff letzlich noch ein höltznes Pferd zum Siege.
Was gilts, ob Krieg ietzt auch nicht wehren werde,
Biß sonst kein Pferd mehr bleib, als Kinder-Pferde?
83.
Ein Rath, wie der Feind zu schlagen
Man hat den Feind auffs Haupt geschlagen;
Noch hat Fuß Haupt hinweg getragen.
Man schlag ihn, rath ich, auff den Fuß,
Auff daß er liegen bleiben muß.
84.
Ein Kuß
Jungfern, wann deß Liebsten Mund
Sich zu eurem Munde schicket,
Haltet still! es ist der Grund,
Drauff die Lieb ihr Siegel drücket.
85.
Ein Schmetzrichen
Der zum ersten sagte: Küssen,
Wolte, glaub ich, sagen: Süssen;
Dann den süssen Honig-Thau
Gibt deß Mündleins Rosen-Au.
86.
Außtrit der Zunge
Die Zunge wohnt mit Fleiß im weißen Bein-Gehäge;
Dann diß ist ihre Gräntz, in der sie sich bewege;
Wächst aber wo die Zung und steiget über Zaun,
Derselbten traue du! ich wil ihr nimmer traun.
87.
Vergnügung
Wie das Kind im sanfften wiegen,
So beruh ich im begnügen;
Pursche sonst mit Redligkeit
Hin zu bringen meine Zeit,
Wann ich werde seyn begraben,
Werd ich beßres Glücke haben.
88.
Von einem Geschencke an die Liebste
Beßres was solt euren Ehren,
Edles Bild, zu dienen kummen,
Aber wo wird das genummen,
Daß sie möcht um etwas mehren?
Das, was kummt, ist kaum zu nennen;
Der es schickt, ist drum zu schelten,
Muß auch billich solches gelten,
Darff sich auch nicht lassen kennen.
89.
Paten-Zettel
Es ist sehr gut,
Durch Christus Blut
Das Ewig-seyn im Himmel erben;
Dann, was die Welt
Zum höchsten hält,
Ist täglich Tod und endlich sterben.
90.
Gerade Stücke
Im Opplischen Fürstenthum (ist es nicht schade?)
Hat Jungfer noch Fraue nie keine Gerade.
91.
Hofe-Künste
Künste, die zu Hoff im Brauch,
Wolt ich, dünckt mich, künnen auch;
Wann nur eine mir wolt ein,
Nämlich: unverschämt zu seyn.
92.
Das Hofe-Leben
Durch Laudes und Placentz, stracks für Veron fürbey
Muß, wer nach Hofe wil und wil willkumen seyn.
93.
Thorheit
Ein Reiß vom Narren-Baum trägt ieder an sich bey;
Der eine deckt es zu, der ander trägt es frey.
94.
Thorheit
Wann Thorheit thäte weh, o, welch erbärmlich schreyn
Würd in der gantzen Welt in allen Häusern seyn!
95.
Sitten der Jugend
Die Fincken, die im Lentz nicht singen,
Die bringens auff den Herbst dann ein;
Der muß dann alt erst rasend seyn,
Der jung es kunte nicht verbringen.
96.
Begräbnüß-Kosten
Ists Christlich, Christen-Volck, dem Gott den Himmel schenckt,
Daß dich nicht ohn entgelt man in die Erde senckt?
97.
Die Zeit vertreiben
Daß der Tod uns übereile,
Lasse man die Klage bleiben;
Ieder sucht ja kurtze weile;
Ieder wil die Zeit vertreiben.
98.
Verleumder.
Wer schmäht und Schmähung hört, dem sey zur Straff erkoren,
Daß jener an der Zung und dieser henck an Ohren.
99.
Adel
Die Tugend alleine gibt tüchtigen Adel;
Das Waffen-Gemäld
An Helm und an Feld
Bedecket vergebens den inneren Tadel.
Die Wiege deß Cyrus wie Irus ist Thon;
Ein leeres Geklänge,
Ein gläsern Gepränge
Sind Ahnen, wo Tugend ist ferne davon.
100.
Anfang und Ende
Der Anfang
Seh auff den Außgang;
Der Außgang
Macht gut den Anfang.
Desz ersten Tausend achtes Hundert
1.
Ein enges Hertze
Wer den Himmel wenig acht,
Wer mit Erde saat sich macht,
Hat ein Hertze, drinnen kaum
Leeres nichts hat Stell und Raum.
2.
Gewaffneter Friede
Krieg hat den Harnisch weg gelegt, der Friede zeucht ihn an;
Wir wissen, was der Krieg verübt; wer weiß, was Friede kan?
3.
Mißschweren
Es braucht ein böser Mensch das schweren wie ein Tuch,
Damit zu flicken auß Zucht- Ehr- und Tugend-Bruch.
4.
Friede und Krieg
Ein Krieg ist köstlich gut, der auff den Frieden dringt;
Ein Fried ist schändlich arg, der neues kriegen bringt.
5.
Der weichende Krieg
Mars macht es gar zu arg, Mars tobt ietzt gar zu sehr;
Der Teuffel, wann er weicht, so stinckt er desto mehr.
6.
Das beste in der Welt
Das beste, das ein Mensch in dieser Welt erlebet,
Ist, daß er endlich stirbt, und daß man ihn begräbet.
Die Welt sey, wie sie wil; sie hab auch, was sie wil,
War sterben nicht dabey, so gilte sie nicht viel.
7.
Grabmahl eines redlichen Mannes
Weil Welt die Redligkeit verjagt und duldet nicht,
So sey du, der du hier fürüber gehst, bericht,
Daß nicht ein schlechter Theil, daß grosser Schatz von ihr
Hat unter diesen Stein sich wie verborgen hier.
Wofern du redlich bist, so seuffze, daß ein Stein
Soll würdiger, als wir, diß Gut zu haben seyn.
8.
W-ehe-W
Die Ehe heist für sich und hinter sich die Ehe,
Dieweil sie niemand trennt, als nur das bittre Wehe.
Soll W bey Ehe seyn, so bringt W hinten her
Als daß von fornen an weit nicht so viel beschwer;
Soll W bey Ehe seyn, ists besser, man begräbet
Ein from Weib, als daß die, die bös ist, immer lebet.
9.
Mars ein Roßtäuscher
Wann ein Pferd Mars ein wil kauffen,
Fragt er bald, obs wol kan lauffen.
Wil er eine Wette wagen?
Nein, nach sich den Feind her jagen.
10.
Weg deß Lebens
Bey dem Tag in einer Wolcke,
In dem Feuer bey der Nacht
Gieng Gott herfür Jacobs Volcke,
Biß er in ihr Land sie bracht.
Christus geht für seinem Volke,
Daß er sie durch heisse Pein,
Daß durch trübe Jammers-Wolcke
Er sie führ in Himmel ein.
11.
Mittel zu verarmen
Ich möchte wissen, wie es käme,
Daß unser Haab und Gut zuneme.
Was nicht auß Pflicht wir geben müssen,
Soll Höfligkeit zusammen schissen;
So was fürs Maul noch übrig blieben,
So bleibt es doch nicht für den Dieben;
Was gleich die Todten schuldig waren,
Das büssen wir mit unsren Haaren;
Was wir gehabt und nicht mehr haben,
Davon erheischt man Schoß und Gaben:
Ich möchte wissen, wie es käme,
Daß Gut wo einen Hauffen neme.
12.
Reime außm Stegereiff
Auff einem Fusse stehn und hundert Verse schmieden
Das hab ich nie gekunt und bins auch wol zufrieden,
Daß ich es noch nicht kan. Ein Piltz wächst eine Nacht,
Die andre fällt er hin; drum wird er schlecht geacht.
Deß Bacchus süsser Safft, darauff Poeten pochen,
Muß werden zam durch Sonn und Zeit und muß wol kochen;
Das Waßer, das mit Macht da, dort herausser quillt,
Hat seinen Nutz zwar auch, nur daß es wenig gilt.
13.
Soldaten-Freyheit
Muß man euch dann, ihr Soldaten,
Lassen gehen alle Thaten?
Sündern, die da sterben sollen,
Gibt man, was sie haben wollen.
14.
Brautschrifft
Auff deinen Hochzeit Tag, mein Freund, dir was zu machen,
Hast du mich angesucht. Ich bin zu diesen Sachen
So willig als verpflicht; nim du für lieb nur an
Diß, was nicht, wie es soll, ist, aber wie es kan.
So wird dann auch die Braut, was du ihr möchtest machen,
So gut es immer ist, belieben und belachen.
Das, was ich dir gemacht, hat Füsse nur allein;
Schau aber du, daß dort bei Füssen Hände seyn.
15.
Hure, versetzt: ruhe
Eine Hure hat wol Ruhe,
Daß ihr Seligkeit nichts thue.
16.
Wolfeiler Frauen-Stand
Man darff daselbst nicht viel, was wenig kan erlangen.
Wil eine Magd sein Fraw, so darff sie viel nicht prangen;
Sie wird zur Hure nur, so ist die Kirchenfahrt
Und aller Hochzeit Pracht erhalten und erspart.
17.
Deß Jephtæ Tochter
Was müssen doch die Mägd ietzt meinen,
Daß Huren sie so häuffig werden?
Sie wollen meiden die Beschwerden,
Wie Jephta Kind nicht auch zu weinen.
18.
Deß Teuffels Feyer-Fest
Der Teuffel ruht sonst nicht, nur ietzund hebt er an,
Weil ihn die letzte Welt so wol vertreten kan.
19.
Das Haus-Leben
Ist Glücke wo und was, so halt ich mir für Glücke,
Wann ich mein eigen bin, daß ich kein dienstbar Ohr
Um weg verkauffte Pflicht darff recken hoch empor
Und horchen auff Befehl. Daß mich der Neid berücke,
Da bin ich Sorgen-los; die schmale stürtze-Brücke,
Darauff nach Gunst man zeucht, die bringt mir nicht Gefahr;
Ich stehe, wo ich steh und bleibe, wo ich war.
Der Ehre scheinlich Gifft, deß Hofes Meisterstücke
Was gehen die mich an? Gut! daß mir das vergnügen
Für grosse Würde gilt! mir ist ja noch so wol,
Als dem der Wanst zerschwüllt, dieweil er Hoffart voll;
Wer biegen sich nicht kan, bleibt, wann er fället, liegen.
Nach Purpur tracht ich nicht; ich neme weit dafür,
Wan Gott ich leben kan, dem Nechsten und auch mir.
20.
Brautschrifft
Bey so wildem wüsten Wesen,
Da fast niemand kan genesen,
Da die Wolfahrt gar verfähret,
Da das Heil sich abezehret,
Wil von ihren besten Sachen
Ordnung eine Jungfer machen.
Nämlich alles liebe Ding,
Das sie auch zum Erb empfing,
Wil sie einem Freunde geben,
Weil sie noch fühlt Wärmd und Leben.
Nun, die Testamenterin
Frisch von Leibe, frisch von Sinn,
Führt ihr volles Wolbelieben
In dem Busem auffgeschrieben,
Hat auff Jungfern-Pergament
Erb und Erben selbst benent,
Sagt: Hierinne steckt mein Wille,
Bittet aber in der Stille,
Daß erst morgen auff die Nacht
Dieser Brieff werd auffgemacht;
Dann sie schämt sich, daß bey Leben
Dieses Ding sie auff soll geben,
Wil auch, daß kein andrer nicht
Ihres Willens Siegel bricht
Als der Erbe, den zu nennen
Sie erröthet, doch zu kennen
Tückisch richtet einen Blick
Hin auff Nachbar Ludewig.
Merckt, ihr Zeugen, daß der Erbe
Um bedenck-Zeit gar nicht werbe,
Wil das Erbe treten an,
Wann er soll, und wann er kan.
Nur er dingt ihm auß zu lachen,
Wie der Erben Brauch; wil machen,
Daß auch sie dann lachen soll,
Wann sie spürt, es thu so wol,
Wann man siht noch für dem sterben,
Wie so danckbar sind die Erben.
Denn der Erbe bleibt bedacht,
Wie es so werd außgemacht,
Daß man steiffes Wolbeginnen
Mercke nicht sehr weit von hinnen,
Daß die liebe Danckbarkeit
Jährlich auß der Wiege schreyt.
21.
Herren-Dienst
Was dem Schemhamphoras die Juden zugeschrieben,
Dadurch man hat gekunt nach Willen alles üben,
Ein mehres noch als diß, vermag durch seine Krafft
Der freye Herren-Dienst; der schafft, was Gott nicht schafft,
Und löset auff, was recht Lieb, Ehr, Eyd, Treu verhafft.
22.
Freygebige Herren-Diener
Wann Diener Herren schencken,
So mügen Herren dencken,
Daß sich, was auff sie fleust,
Von ihnen vor ergeust.
23.
Soldaten-Wuntsch
Daß den Teuffel, sich zu holn, Krieger fleissig ruffen an,
Macht, weil Pferd und Ochsen weg, daß sie dürffen Fürgespan.
24.
Auff Honoratum
Obs recht, obs ehrlich sey, was Honoratus thut,
Da fragt er wenig drum; er hält nur diß für gut,
Was gut zu schmausen bringt. Ey! darff man doch wol sagen,
Im Maule steh sein Recht; sein Ehre wohn im Magen.
25.
Gottes Wort
Das,
Was
Gott heist,
Wers leist,
Der besteht,
Wanns gleich geht
Arg überauß,
Tumm, krumm und krauß.
Er lacht nur dazu,
Was immermehr thu
Der Teuffel mit blasen,
Die Welt mit viel rasen,
Der Tod mit Zähne-wetzen,
Das Fleisch mit dem entsetzen.
Er läst ihm diß genugsam seyn,
Ist seine Krafft gleich schwach und klein,
O, dem er dient, dem er vertrauet,
Dem hat für keinem noch gegrauet;
Was ist ihm als zu wincken mehr zu thun?
So fällt dahin in einem schnellen nun
Das, was da ist, wie das, das vormals ware.
Der steh auff Gott, der stehn wil für Gefahre!
Er steht viel fester noch, als feste Cedern stehn,
Die Regen, Thau, Reiff, Schnee, Frost, Hitze wird angehn;
Er steht viel fester noch, als auff den Bergen Schlösser,
Als Felsen im Gehöltz, als Klippen im Gewässer.
Wer aber seinen Sinn auff Eitelkeiten stellet,
Von Gotte sich entzeucht, von seinem Worte fället,
Der gibt sich auff das Eiß, der nimmt ihm einen Grund,
Der schlipffrig ist, der hoch, der schwanckend ist und rund.
Das, was er hat, bleibt vielmals nicht biß morgen,
Wird leer von Hab und reich an Angst und Sorgen.
Daß, dem er dient, das weiß ihm selbst nicht Rath;
Sein eigne Witz hat keine Krafft noch That.
Das, was er darff, wo soll ers suchen?
Wann man ihn drängt, was soll sein pochen?
Wem klagt er Hohn? Wem klagt er Noth?
Wer zehlt die Threnen? Rächt den Spot?
Und deckt ihn mit dem Schaten?
Wann er nun soll entrathen
Deß Lebens im sterben,
Was hat er zu erben?
Das ewige Weh,
Da nimmer vergeh
Der Wurm und Schmertz
An Leib und Hertz,
Da sein Gut
In der Glut
Wird bloß
Hülff–loß
Pein
Seyn.
26.
Schirm der Leichtfertigkeit
Schmähen, schweren, läugnen, lügen,
Liebe-kosen, schmeicheln, schmügen
Ist der Schild, der Schelmereyen
Für der Warheit soll befreyen.
27.
Glückliche Unbesonnenheit
Kühnheit mit Vermessenheit
Bringt es offters noch so weit,
Als bedacht und Witzigkeit.
Was auff keinen Grund gericht
Und auß Zufall nur entbricht,
Ist plump Ding; man acht es nicht.
28.
Colax & Corax
Daß Schmeichler und die Raben
Fast einen Namen haben,
Kümmt daher, wil ich glauben,
Weil beyde sie berauben
Theils die am Hanffe hangen,
Theils die in Ketten prangen.
29.
Hofe-Diener
Ich weiß nicht, ob ein Hund viel gilt,
Der allen schmeichelt, keinem billt.
Ein Diener, der die Auffsicht führt
Und Augen nur, nicht Zunge rührt,
Thut nicht, was seiner Pflicht gebührt.
30.
Tisch-Freundschafft.
Vermeinstu wol, daß der ein treues Hertze sey,
Den dir zum Freunde macht dein offte Gasterey?
Dein Austern liebt er nur, dein Wilprät, gar nicht dich;
Auch mein Freund würd er bald, wann so wie du lebt ich.
31.
Hochzeit-Wuntsch
Da gleich das Jahr ietzund ist kummen in die Wochen
Und trägt uns gütig auff Confeckt und gute Kuchen,
So viel der Unfall ließ, da habt ihr, liebes Paar,
Gleich euren Hochzeit-Tag. Gott laß mich sagen wahr!
Das Heil müß alle Tag euch in den Wochen liegen
Und füllen euer Haus mit Segen und Vergnügen.
Und ihr thut wie das Jahr und mehret alle Jahr,
Wo nicht mit einem Paar, mit einem euer Paar.
32.
Auff Runcum, einem beliebten Hofmann
Runcus ist recht eckicht grob,
Hat doch lauter Gunst und Lob.
Recht! es müssen starcke Gaben
Schwache Liebe ja nicht haben.
33.
Hofe-Leute
Schwartzer Ursprung, fleckicht Leben
Kan sich hoch bey Hofe heben;
Wo kein Licht ist und kein weisses
Darff die Ehre schlechten Fleisses.
34.
Staffeln der Klugheit
Wer guten Rath selbst finden kan,
Wer guten Rath kan nehmen an,
Wer beyden recht zu brauchen weiß,
Hat eines klugen Mannes Preis.
35.
Wurtzel-Krafft
Ein Mägdlein, dem ein Traum hat etwas warm gemacht,
Den sie auch kunte nicht bald bringen aus der acht,
Ging Morgens früh hinauß spatziren in das Gras,
Da spritzt ihr dessen Thau hinauff auff diß und das.
Sie sprach: Es mag wol seyn, daß Kräuter würcken sehr;
Ie dennoch, wie mich dünckt, so künnen Wurtzeln mehr.
36.
Heutige Sitten
Wozu soll doch sein Kind ein Vater aufferziehn
Bey so bewanter Zeit? Er darff sich nur bemühn,
Daß sein Sohn keine Scheu und kein Gewissen hat,
So ist schon alles gut, so ist schon allem Rath.
37.
Weiber Lob-süchtig
Wer ist, der Geld für Worte gibt?
Ein Weib, dem Lob so sehr beliebt.
Daß manche man für schön schrey auß,
So wagt sie dran ihr Hof und Haus.
38.
Allengefallenheit
Daß allen er gefallen kan,
Geht schwerlich, glaub ich, iedem an
Als dem, bey dem hat gleichen Preis
Gott, Teuffel, Recht, krumm, schwartz und weiß.
39.
Feste-macher.
Als Cænis hieß Cænis, da war sie ein Weib,
Da lidte, da thäte, was weibisch, ihr Leib;
Da Cænis hieß Cæneus, da war sie ein Mann,
Dem Schwerter nichts hatten, dem Spiesse nichts an;
Der gleich eine Mämm, eh er feste wird, heist,
Der wird, wann er feste wird, Ritter gepreist.
40.
Dem Fürsten gebühret Gut und Blut
Daß man sey der Obrigkeit schuldig Gut und Blut;
Diese Regel spannt man hoch, zwar sie ist auch gut;
Wann nicht wider Gut und Blut der bedrängten Unterthanen,
Sondern für ihr Gut und Blut Obrigkeit läst fliegen Fahnen.
41.
Käyserl. Dienst
Was ist es für ein Ding, der Käyserliche Dienst?
Der Bauern ihr Verterb, der Krieger ihr Gewinst;
Der Bauer thut den Dienst, der Krieger sagt davon;
Noch strafft man jenen noch, und diesem gibt man Lohn.
42.
Wilstu seyn bey Hofe da? Ey, so lerne sprechen Ja!
Viel Sprachen reden künnen, ziert einen Hofeman;
Wer, was der Esel redet, der ist am besten dran.
43.
Hofe-Warheit
Wer um Warheit Gunst wil kauffen,
Muß von Hofe bald entlauffen.
44.
Hofe-Scham
Der, welcher bey Hofe mit Röthe wil handeln,
Der spielet banqrot oder muß sich verwandeln.
45.
Auff Kitzligundam
Kitzligunda Jungferschafft wolt ihr einmal dampffig werden,
Weil sie nie kam in die Lufft, blieb nur immer bey der Erden;
Drum so hat an einen Nagel sie sie neulich auffgehenckt,
Klagt nur, daß so viel sie Nägel nicht kan haben, als sie denckt.
46.
Anzeigungen deß Sieges
Ey lustig, ihr Krieger, ihr werdet nun siegen!
Es wolte die neue Verfassung dann lügen.
Die Waffen, um euere Lenden gebunden,
Sind neulich auß Häuten der Bauren geschunden;
Die Mittel zu Stiefeln, Zeug, Sattel, Pistolen
Sind ritterlich neben der Strasse gestohlen;
Die Gelder, zur Pflegung vom Lande gezwungen,
Sind rüstig durch Gurgel und Magen gedrungen;
Die Pferde, vom nützlichen Pfluge gerissen,
Deß Brotes die letzten und blutigen Bissen,
Die fuhren und füllen viel tausend der Wagen,
Die Huren und Buben zu Felde mit tragen.
Daß Reuter sind wieder ein wenig beritten,
Sind Adern und Sehnen dem Lande verschnidten.
Ein Fürstenthum ist in die Schantze gegeben,
Ein Hand-voll von Reutern in Sattel zu heben.
Drauff folget nun seuffzen; drauff quällen die Threnen,
Kümmt Klage von Nöthen, nach Brote das sehnen,
Um Straffe das wüntschen, um Rache das flehen.
Seyd lustig, ihr Krieger! ihr werdet es sehen,
Daß solcherley Segen, daß solcherley Sprüche,
Daß solcherley Wüntsche, daß solcherley Flüche,
So würcklich und kräfftig zum Feste sind machen,
Daß manchem im Leibe das Hertze wird krachen!
Nun must ihr die Feinde zum Lande nauß schmeissen,
Sonst wird euch der Teuffel zu letzte bescheissen.
47.
Ein guter Koch, ein guter Rath
Bey Hofe kan ein guter Koch auch seyn ein guter Rath;
Er weiß, was seinem Herren schmeckt, und was er gerne hat;
Er trägt verdecktes Essen auff und Essen nur zu schau,
Geust Söder auff und Senff daran, die dienlich für den grau;
Auffs bittre streut er Zucker her; das magre würtzt er wol;
Dem Herren werden Ohren satt und ihm der Beutel voll;
Die Kammer geht zur Küche zu, die Wirthschafft in das Faß,
Die Cantzeley hält Fasten-Zeit, der lechzend Untersaß
Mag lauffen, kan er sitzen nicht: Die gantze Policey
Wird Heucheley, Betriegerey und Küchen-Meisterey.
48.
Auff einen Groß-Wanst
Gastro, wo er geht und steht, trägt den Watsack für sich her;
Ob er gleich nun strutzend voll, nimmer oder selten leer,
Hab ich doch noch nie gehört, daß ihn etwa ein Soldat,
Wann er gleich wo außgelegt, ie, wie Brauch, geplündert hat.
49.
Auff Jungfer Wunderfein
Seht, wie ist unsre Wunderfein so elementisch schön!
Der Rachen bläset starcke Lufft, die Nas ist Feuer-roth;
Auß Augen weist sich Wasserflut, auff Zähnen Erd und Koth;
Seht, wie kan so ein enger Raum so voller Schönheit stehn!
50.
Weiber-Verheiß
Wer einen Aal beim Schwantz und Weiber fast bey Worten,
Wie feste der gleich hält, hält nichts an beyden Orten.
51.
Schmeicheley
Wer Ohren macht mit Lobe reich, wil machen reich sein Haus;
Der wil ihm erndten eignen Nutz, der fremdes Lob sät auß.
52.
Weiber-Schmuck
Die Weiber schmücken sich zum meisten um die Köpffe;
Gar gut! ihr böser Wurm, der nistet um die Zöpffe.
53.
Auff Nigrum
Daß Niger edel, mußt du wissen;
Ein Reiger hat ihn außgeschissen.
54.
Schmutziger Sieg
Wer mit Kothe ringt,
Ob ihm viel gelingt,
Kümmt ihm, daß er stinckt.
55.
Geitzige Huren
Wer Hund und Huren wil zu Freunden haben,
Der muß sich rüsten mit Geschenck und Gaben.
56.
Hofe-Leute Brot-Würme
Bey Hofe lernt man mercken, daß die die besten seyn,
Die sonst nichts thun noch künnen, als schlucken auß und ein;
Vieh, das man bald soll schlachten, das pflegt und hält man wol;
Man mag ihn lassen prassen, der endlich darben soll.
57.
Friede wird geglaubt, wann er wird gefühlt
Der Fried ist, wie man sagt, ietzunder in der Feder;
Der Krieg liegt aber noch dem Bauer auff dem Leder.
Das Ohr weiß nur vom Fried und sonst kein einig Sinn;
Weiß fühlen nichts davon, so ist es weit noch hin.
58.
Hoffart und Demut
Auß Hoffart wächst Verterb empor;
Auß Demut kümmt das Heil hervor.
59.
Frieden-Hindernüß
Ey, es wird bald Friede seyn; freue dich, du deutscher Man!
Miß-vertraun und Eigen-nutz, ein Paar Wörtlein, stehn nur an.
60.
Auff den Plumpart
Plumpart meint, er hat die Künste, daß ihn niemand sehen kan;
Wann ihm gleich nun zwantzig Fäuste Maul und Nase treffen an,
Traut er dennoch seinen Künsten, die da so sind eingericht,
Daß sie nur gehn auff das sehen, auff das fühlen aber nicht.
61.
Selig sind die Todten
Sterben war wol immer lieb, dem, der dorte sucht zu leben,
Der da wuste, daß die Welt ihm, und er nicht ihr, gegeben,
Daß Gast Er, und Sie sey Wirth, daß auch seiner Wohlfahr Lauff
Hier im Thale neme Ruh, weiter aber geh Berg-auff.
Sterben wird nun noch so lieb dem, der recht nur wil bedencken,
Wie der Wirth zum Schelmen wird und die Gäste pflegt zu kräncken,
Daß er auß dem Hause jagt den, der ihn nicht betet an;
Der vom from-seyn abzustehn übers Hertz nicht bringen kan,
Der noch glaubet, daß ein Gott, der noch etwa dran gedachte,
Was für Alters Tugend hieß, der noch etwas wo verbrachte,
Daß nach Bieder-wesen reucht, der nicht Dienst wil nemen an,
Wil nicht wider Recht und Zucht treten auff den Frevler-Plan:
Dieser, dieser hat verdient, daß man ihn mit Hunden hetze
Zu dem grossen Thore zu, biß er Gut und Blut versetze!
Drum, wann Gott die blaue Burg öffnet und ihm beut die Hand,
Freyt ihn von der Trotzer Trotz, setzt ihn in den Friedens-stand,
Rettet ihn auß Sünd und Noth vom Verterben zum genesen,
Nimmt ihm die Vergängligkeit, schencket ihm ein ewig- Wesen:
Ey, wer wär so unbedacht, daß er diesen lasse nicht
Hin, wo dieser Welt ihr Grimm seine freche Hörner bricht!
Allzuweit ist nicht von hier, biß der tolle Schanden-winckel,
Drinnen blinder Willen herrscht und ein tauber Eigen-dünckel,
Fühlt den letzten Donnerschlag, der ihn schlägt in einen Kloß,
Drückt zu Grunde den, der drückt, machet die gedrückten los.
Wol indessen dem, der dort lacht und schaut die Emsen-Hauffen,
Drinnen um das eitle nichts krichen, steigen, dringen, lauffen
Unbedachte Menschen-Schwärme! wol auch dem, der, was ihm lieb,
Da hat, wo für Bosheit, Noth, Drang und Zwang es sicher blieb!
62.
Auff Schliffeln
Schliffel hat zwar eine Seel, aber was ist solche nütze?
Saltz ist sie, daß nicht sein Leib lebend wird zu fauler Pfütze.
63.
Von den Brüsten der Nivulæ
Ein Schnee ist mir bekannt, der mehr als Feuer hitzt,
Wann Nivula entblöst mit freyen Brüsten sitzt.
64.
Hofe-Gunst
Kein begehrtes nie verwiedern,
Kein verwiederts nie begehren,
Macht bey Hohen, daß dann Niedren
Hofe-Gunst mag lange wären.
65.
Sarckschrifften eines lieben Ehegattens.
Zun Haupten
Gott sey Danck! mir ist erlaubt,
Daß wie, Jesu, du mein Haupt,
Ich, dein Glied, mag triumphiren
Und den Tod gefangen führen.
66.
Zun Füssen
Gott sey Danck! daß meinen Füssen
Sich nun unterwerffen müssen
Noth, Gefahr, Pein, Creutz und Leid,
Das uns schafft die Eitelkeit.
67.
Zur rechten Hand
Was unverweslich war, das hab ich angezogen,
Und was verweslich war, wird kürtzlich seyn verflogen
Wie Asch und leichter Staub. O, meine lange Qual
Ersetzt deß Himmels Gut viel tausend tausend mal.
68.
Zur lincken Hand
Mann, Eltern, Kind und Freund, und was bey Lebens-Zeiten
Mir mehr von liebem Volck stund lieblich an den Seiten,
Das war mein bestes Theil, daß ich der Welt verließ;
Doch geh ich nur voran, sie folgen mir gewiß.
69.
Abschied von einem verstorbenen Ehegatten
Treues Hertze, du zeuchst abe
Auß der Welt und gehst zu Grabe,
Ein zu nemen Freud und Ruh,
Die der Himmel richtet zu.
Mir und andren deinen lieben
Ist an deiner Stelle blieben
Bey so sonst gehäuffter Noth
Hertzens Leid um deinen Tod.
Doch die hier die Zeit verletzet,
Wird bald haben dort ergetzet
Ewigkeit, die ohne Ziel
Uns auffs neue treuen wil.
Mir wird seyn mein Sarck gemessen,
Eh dein Lob ich kan vergessen.
Würdig bistu, daß dein Ruhm
Bleibt, weil bleibt das Menschenthum.
Habe Danck für deine Liebe,
Die beständig war, wanns trübe
So, wie wann es helle war,
So in Glück als in Gefahr!
Habe Danck für deine Treue,
Die stets bliebe frisch und neue!
Habe Danck fürs werthe Pfand,
Das du läst in meiner Hand!
Habe Danck für Müh und Sorgen,
Die biß Abends an vom Morgen
Deine weisse Redligheit
Pfloge mir zur Nutzbarkeit!
Habe Danck, daß deine Tugend,
Habe Danck, daß deine Jugend,
Ob wol eine kurtze Zeit,
Mir so viel gab Gnügligkeit!
Fahr im Friede! Gott wils haben;
Aber lasse deine Gaben
Deme, daß zum Troste mir
Übrig blieben ist von dir.
Fahr im Fried! ich kans nicht wenden,
Bin zu schwach deß Herren Händen;
Du zeuchst weg, wo ich ietzt bin,
Ich, wo du bist, kumme hin.
70.
Ein Vertriebener redet nach seinem Tode
Was mir nie war vergunt bey meinem meisten Leben,
Das hat mir nun der Tod nach meinem Sinn gegeben,
Ich mein ein eigen Haus, darauß mich mehr kein Tod,
Kein Teuffel, kein Tyrann vertreibt und keine Noth.
71.
Ein schönes Weib
Hat nicht der das halbe Brot, der ein schönes Weiblein hat?
Freylich; wer im Magen nicht, nur an Augen wil seyn sat;
Schönes Weib ist Fleisch, nicht Brot, daß die Sinnen speist mit Lust,
Darff Brot selbst und darff auch Fleisch, weil es viel zu mästen kost.
72.
Auff Quadratum
Quadratus ist der Welt viel nütz: er gibt viel Schaten;
Wär übel, wann er stürb, im Sommer zu entrathen.
73.
Die Oberstelle
Es müht sich mancher hoch, zu sitzen oben an,
Da doch der Mann den Ort ziert, nicht der Ort den Mann;
Es ist ein schlechter Ruhm, der sitzt; ein Ruhm, der geht
Durch tapffrer Leute Mund in alle Welt, besteht.
74.
Heuchler
Kirchen-gehen, Predigt-hören,
Singen, beten, andre lehren,
Seuffzen und gen Himmel schauen,
Nichts als nur vom Gott-vertrauen
Und vom glauben und vom lieben
Und von andrem Guts-verüben
Reden führen: ich wil meinen,
Die es thun, Gott sind die deinen.
O, noch lange nicht! im Rücken
Schmützen und von fornen schmücken,
Seinen Nechsten hassen, neiden,
Dessen bestes stets vermeiden,
Dessen Nachtheil emsig stifften,
Zungen-Honig, Hertzens-Gifften,
Jenes aussen, dieses innen
Lieblich, tückisch führen künnen:
Meinstu, daß dem Christen-Leben
Beydes ähnlich sey und eben?
Gott hat neben sich gesetzet
Auch den Nechsten; wird verletzet
Durch den Dienst, der ihn gleich liebet
Und den Nechsten übergibet;
Halbe Christen sind zu nennen,
Die da Gott und Nechsten trennen.
75.
Das Glücke redet
Ich werde stets verschmächt, kan keinen recht vergnügen,
Ich mach es, wie ich wil, so mag ich keinem tügen;
Doch bin ich ausser Schuld, weil durch sich selbst vertirbt,
Wer ihm ein Glücke ticht und nicht ein Glück erwirbt.
76.
Die blinde Liebe
Ist Liebe dann wol blind? Wann ich sie recht seh an,
So siht sie offtmals mehr, als iemand sehen kan,
Und führt, was nirgend da, noch dennoch auff die Bahn.
77.
Das Gerüchte
Mit Verlust deß guten Namens einen guten Freund erkauffen,
Eignet nicht den weisen Leuten, nur dem blinden Pöfel-Hauffen.
78.
Auff Zweifligundam
Zweifligunda gieng zur Beicht,
Und im trauren gleich vielleicht,
Als der Pfarr fragt ohngefehr,
Ob sie eine Jungfer wär,
Sprach sie: Ja, ich armes Kind,
Aber wie sie heuer sind.
79.
Auff Sordalum
Zu etwas grossem noch wird Sordalus wol werden;
Dann seinerley Geburt ist nicht gemein auff Erden;
Es ist ihm selbst bewust, (man denckt ihm auch sehr dran)
Die Mutter hat ihn bracht und hatte keinen Mann.
80.
Mixtius, von sich selbst
Meine Mutter war zu Hoff ein glatte Kammer-Magd,
Die der Fürst, hat etwa selbst an der Jungferschafft geplagt;
Drum die mir (Glück hat doch Neid!) dannenher gehassig sind,
Nennen mich: »Du Huren-Sohn!« und ich bin ein Fürsten-Kind.
81.
Hofe-Füchse
Der Balg verkaufft den Fuchs, der sonst zu Felde wohnt.
Der her zu Hofe drabt, den macht der Schwantz belohnt.
82.
Auff Filzium
Hastu einen Rausch gehabt? Geh zu Filtzen nur zu gaste;
Dann auff einen starcken Rausch nützet eine strenge Faste.
83.
Die Treu
Man mercket in gemein, daß diß die stärckste Treu,
Die ein Verbrecher würckt auff seines Fehlers Reu.
84.
Auff Nivulam
Nivula brennt ihrer viel;
Ieder, der sie siht, der wil
Diß und das an sie verwagen;
Was dann wird es Nutzen tragen?
Was sie gab, das bleibt ihr doch;
Wer es hatte, sucht es noch.
85.
Graue Haare
Kein Künstler, glaub ich ist, der schwartzes färbe weiß.
Das Alter kan die Kunst: färbt schwartze Haare greiß.
86.
Ehrgeitz
Der Ehren heisse Sucht verlescht uns durch entzünden,
Erleuchtet uns offt so, daß wir dadurch verschwinden.
87.
Wäscherey
Der kan bald ein Echo machen, der nur redet, was er wil;
Als er etwa reden möchte, wird er hören noch so viel.
88.
Bald versagen und bald geben
Wer bald mir was versagt, der gibt mir dennoch was;
Wer bald mir gibt, der gibt zweymal, was er gibt, das.
89.
Vollkummene Freundschafft
Soll Freundschafft feste seyn? Nicht mach sie mit der Zeit;
Mach aber, bistu klug, sie mit der Ewigkeit.
90.
An einen Freund
Deine Tugend, Redligkeit und Kunst
Macht, daß ich dir trage treue Gunst.
Deine Tugend, Redligkeit und Kunst
Weiß, warum du mir trägst treue Gunst.
91.
Beschencken macht Bedencken
Das brüllende Metall der grausamen Canonen
Schont nichts; es kan auch nichts für seinem Grimm sich schonen.
Nein, Gold, das kan noch mehr: es kan Canonen zwingen,
Daß sie nicht brüllen mehr und nur zur Freude singen.
92.
Auff Gallum und Gallam
Gallus sagte, wie ihm Galla einen starcken Brand erwecket;
Lege, sprach sie, dich mir oben, daß man diesen Brand erstecket.
93.
Auff Petulcam
Petulca war jüngst hin von ihrem Manne entgangen,
Sprach: Denckt ein wenig nach, worauff es angefangen!
Ein Acker ist das Weib, der Mann, der ist ein Baum;
Wann dieser wurtzelt nicht, was soll ihm dann sein Raum?
94.
Von dem Fürstlichen Piastischen Stamm
Von Anfang wie es war, nun und zu aller Zeit
Sey wächsig dieser Stamm biß zu der Ewigkeit.
95.
Von denen dreyen Briegischen Fürsten
(1) George, (2) Ludwig, (3) Christian,
Was zeiget dieses Kleeblatt an?
(1) Viel Segen für das Vaterland,
(3) Viel Heil für Christus Kirchen-Stand,
(2) Viel Trost und Lust für iederman,
Der Schaten drunter haben kan.
(1) Haus, (3) Kirch und auch die (2) Cantzeley,
Die Drey hat Nutz durch jene Drey.
96.
An eine Briegische Hertzogin
Heldin, daß man euren Namen hier in meinem Buche liest,
Macht, daß nunmehr auch darinnen Liebligkeit und Weißheit ist.
97.
An einen Freund, über dem Tode seines Söhnleins; in Person deß Kindes
Als wie in dieser Stund ein Freund zum Freunde kümmt
Und dann in jener Stund auch wieder Abschied nimmt,
So habt ihr mich, ich euch, O Vater! nur begrüst,
So habt ihr mich, ich euch gehabt und auch vermist
Gar inner kurtzen Zeit, da Titans göldnes Rund
Noch nicht zu meinem Jahr auff halbem Wege stund.
Wie kummts? Ein zartes Kind hat keinen sichren Raum,
Wo da ein brünstig Hengst laufft frey von Stang und Zaum.
Die Welt rast, tobt, schaumt, strampfft; der Laster Sprung und Streich
Ist nicht ein Ding für mich, die Engel sind mir gleich;
Der Himmel ist ein Land für mich und meinen Geist,
Der mich dem frechen Volck der Sünd entweichen heist,
Eh als den stillen Sinn das übergoldte Gifft
Und dessen arge Krafft mein zartes Hertze trifft.
Ich bin, ich bleibe nicht, in dieser tollen Welt,
Und weil das bleiben mir mehr als das seyn gefällt,
So liebt mir sterben mehr als leben, weil ich kan
Dann hören auff zu seyn, zu bleiben fangen an.
98.
An eben denselbten, über der Geburt eines Söhnleins
Seither deß Krieges Arg das Gute fast vertrieben,
So ist uns, wahrer Freund, diß einig überblieben,
Das lieblich heissen mag: wir zeugen Kind auff Kind,
Ein Denckmahl hinter uns, das wir gewesen sind.
Gut, gut! was kan uns sonst auß Wermut Zucker machen,
Als wann das liebe Kind mit kürmeln und mit lachen
An unser Haupt sich drückt, uns lieber Vater nennt
Und macht, daß man in ihm sich wie im Spiegel kennt.
Sie sind die andren wir; wir leben nach dem Leben
In ihnen; unser seyn ist darumb uns gegeben,
Daß sie so künnen seyn, wie wir von denen sind,
Von welchen wir ererbt den süssen Namen Kind.
Wolan! wolan mein Freund! so muß man dann nur dämpffen
Den Rauch der bittren Zeit; so muß man lernen kämpffen
Mit dieser Sterbligkeit, auff daß ihr strenger Krieg
Nicht über uns erhält so gar geschwinden Sieg!
Gott gebe dieses nur, daß kein Kind uns mag gleichen
Und nämlich nicht wie wir für solcher Noth erbleichen!
Nach dem, so wüntsch ich mir, daß nach uns so dein Kind
Und mein Kind, wie auch du und ich, vertreulich sind.
99.
An die Fichte auff meinem Gute
Als offt ich sagen kan, daß ich, du edle Fichte,
Deß Sommers meinen Gang zu deinem Schaten richte,
So offte muß ich mir auch beichten meine Schuld,
Daß ich dich nicht geehrt, wie billich ich gesolt.
Der Attes wirstu seyn, den Jupiter geneidet,
Den Rhea lieb gehabt und hat in dich verkleidet;
Die hat dich, wo du stehst so hoch, so frey gesetzt,
Auff daß sie nah und fern an dir ihr Aug ergetzt.
Da, wo das schöne Kind, vom Vratislav geboren,
Der alte Guttalus hat seiner Seit erkoren,
Da, wo das theure Blut, das uns Piastus gab,
Hat, weil es lebt, sein Haus und, wann es stirbt, sein Grab,
Am reichen Oder-Strom; auch wo in einen Namen
Für Zeiten Monden, Stern und Berg zusammen kamen
Und nanten eine Stadt, da, wo Zabothus Hand
Zeigt an, was Juno meint auff uns und unser Land,
Wo Roy-de-vall sein Haus den Wolcken beygesetzet,
Wo sich Tuiscons Reich mit Lechus Kindern letzet,
Da, wo deß Chzechus-Stamm mit Bergen sich gegürt,
Da, wo das reinste Gold den Deutschen nützlich wird,
Und ihr so lieber Safft am stärcksten wird geschmecket,
Wo unser Land sein Haupt den Marcomannen recket:
Dahin nun und so weit ist für dein krauses Haupt
Zu strecken dein Gesicht ein offner Paß erlaubt
Auß Ordnung und Befehl der Mütter aller Götter.
Dein Fuß ist so gesetzt, daß Æolus sein Wetter
Zu schanden an dir wird; ein harter Fels und Stein
Muß dir in seinen Leib zu bauen zinsbar seyn.
Pan ist dir auch geneigt, und unter deinen Aesten
Hat er das liebe Volck der Nymphen offt zu Gästen;
Kein unter ihnen ist, die iemals um dich war,
Die heimlich nicht gedächt: O, wären wir ein Paar!
Dir aber liebet nicht das unbefreyte Freyen,
Und deiner selbst zu seyn, wilstu dich nicht verzeihen;
Du hast genug an dem, wann dein Thun der gefällt,
Die da dich, wo du bist, hat ehrlich hingestellt.
Zu mehren derer Preis, die deine Kräfften mehret,
Steht eintzig nur dein Sinn; drum ist dir auch verehret
Zum Zeichen deiner Treu das immer-grüne Kleid,
Das seinen Schmuck behält, das nimmer nie bestreit
Noch Boreas sein Eiß, noch Sirius sein brennen,
Dadurch du den machst roth, der schwerlich wil bekennen,
Wie er so gröblich irrt, wann er den Mantel schickt,
Wann Jupiter zörnt so, und so wann Phœbus blickt,
Der von Bestand nicht weiß, der sich von allen Zeiten,
Wohin man ihn begehrt und ihm nur winckt, läst leiten.
Ein solcher Monden-Sohn ist weit noch unter dir;
Du stehst ihm oben an und gehst ihm billich für;
Das macht Beständigkeit. Der freye Mut deßgleichen
Schafft, daß dein Ruhm wie du muß an die Wolcken reichen.
Mit dir ist freyer Tag, du scheuest nicht das Licht
Der Sonne; du stehst da, für iedermans Gesicht;
Kein Berg ist, der dich birgt, kein Wald, der dich verstecket,
Und dein gerader Leib bleibt immer auffgerecket,
Kennt keine Krümme nicht. Mars hat dir offt geflucht,
Wann du von fernen hast dem, der dich hat besucht,
Sein Häufflein nutzbar Vieh für dessen Hinterlisten,
Wo gäntzlich nicht bewahrt, doch vielmals helffen fristen;
Dann dir gefiel niemals und niemals war dir lieb
Ein diebischer Betrug und ein betrieglich Dieb.
Zwar hastu mussen sehn, wie sehr es dich verdrossen,
Wie ietzt bey unsrer Zeit man hielt für Kinder-Possen
Treu, Liebe, Glaube, Pflicht. Wie die verkauffte Schaar
Hat gantz gemacht zu nichts, was vormals herrlich war,
Das hastu auch gesehn und drüber viel geweinet,
Daß noch der Threnen Gold an deinem Rock erscheinet;
Iedoch, was so geschah, kan nicht seyn nicht geschehn;
Wann du nur sihst nicht mehr, was vormals du gesehn,
So sey das alte dann in dessen Schoß vergraben,
Der drüber seinen Kerb wol halten wird und haben.
Indessen bin ich froh, wann mir vergünt die Zeit,
Daß du habst Preis durch mich, daß ich durch dich mein Leid,
Das allgemeine Leid, in etwas mag verschieben,
(Vertrieben wird es nicht.) Wann Unmut mich wil üben
In seinem engen Kreiß, so nem ich ihm den Zaum
Und suche mir für mich und mein Gemüte Raum.
Ich pflege mich dir bey in freyes Blau zu paaren
Und lasse meinen Sinn hin mit den Augen fahren;
Die purschen weit und breit, erforschen diß und das
Und haben ihre Lust an Himmel, Wasser, Gras,
An Wälden, Berg und Thal, an Felden und an Auen,
Vnd was Natur noch sonst hat künstlich künnen bauen.
Dann bin ich nicht daheim, und die Melancholey
Muß warten, biß ich sonst zu Haus und müssig sey.
Wann offt der heisse Hund mit seinen dürren Flammen
Und Phœbus göldne Glut dann feuren starck zusammen,
So komm ich auch zu dir, da hab ich, was ich wil;
Da lab ich mich bey dir durch ein erquicklich Spiel,
Daß stets um deinen Raum Astræus Kinder spielen.
Wann Ceres sehnlich wüntscht sich wieder abzukühlen
Durch ein gedeylich naß, und Jupiter verzeucht,
So seh ich bald bey dir, was den Silenus deucht,
Ob ihm sein Haupt behüllt mit einer feuchten Hauben,
Und ob er mir voran zu sagen woll erlauben,
Ein Regen zeucht herauff. Wann dann die feuchte Schaar
Der Wolcken rückt ins Feld und mehr, als nöthig war,
Den nassen Zug erstreckt, so gibstu mir zu kennen,
Ob, oder auch wie bald, ihr Ordnung wird zertrennen
Der Sonnen heisse Macht; so klärlich stellstu dar,
Theils was noch fern und weit, theils was noch gar nicht war.
Drum wärestu nun werth, hoch auff Parnassus Höhen
Und da, wo Daphne steht, zu wurtzeln und zu stehen,
Auff daß der Musen Rey um dich heg ihren Tantz,
Und brauche dich ihr Fürst für seinen Lorber-Krantz.
Indem du aber dir läst meinen Grund gefallen,
Ey, so gefällt mir auch, daß dieser andren allen
Von dir bleibt fürgesetzt. Im Fall ich was vermag
An Heliconer-Gunst, so soll kein neidisch Tag
Bezwingen deinen Ruhm; du sollst betagten Eichen
Und derer festem starck mit nichten dürffen weichen;
Der Lorbeerbäume frisch, der Cedern Ewigkeit,
Und was noch mehr macht stumpff den argen Zahn der Zeit,
Soll nicht dein Meister seyn. O, daß dich nicht verletze
Deß Jupiters Geschütz! O, daß nicht an dich setze
Noch Mulcibers sein Grimm, noch Æolus sein Trotz,
Noch sonst ein freches Beil! es leiste dir den Schutz
Die, die dich hat geliebt, die, die dich hergestellet,
Die halte deinen Fuß, daß dieser nimmer fället,
Daß du, weil dieser Grund bleibt, bleibest für und für
Sein Wächter, sein Prophet, sein Nutz, sein Spiel und Zier.
100.
Nütze und Ehrlich
Was nützlich offters ist, ist allemahl nicht ehrlich;
Was bäurisch etwa nützt, nützt allemal nicht herrlich.
Was zeihen sich dann die, die einem Fürsten rathen,
Zu richten so den Nutz, wie kaum die Bauren thaten?
Den Nutz bekummen sie; der Fürst bekümmt zu nemen,
Weil wenig Ehre bleibt, gemeiniglich das schämen.
Desz ersten Tausend neundes Hundert
1.
Am ersten Sontag deß Advents
Wer einen Herren hat, darff keinen mehr begehren,
Sonst wird er Ehr und Leib mit Schmach und Pein beschweren.
Die Welt hält mich in sich; doch ist nur Christus mein,
Und solt ich tausendmal der Welt Rebelle seyn.
2.
Am andren Sontage deß Advents
Die Kranckheit wandelt sich, wann Neu-Licht mit dem alten
Am Monden Wechsel hält. Wann Wechsel werden halten
Die Ewigkeit und Zeit, wird dort, dem hier auff Erden
War übel, werden wol, dem wol war, übel werden.
3.
Am dritten Sontage deß Advents
Wie thörlich handeln doch, die manchmal so erwarmen
Auff unser Blut und Gut! sie machen uns zu Armen,
Auff daß so Gottes Reich und Evangelium
Von ihnn, den Reichen, weg zu uns, den Armen, kumm.
4.
Am vierdten Sontage deß Advents
Wer weiche Kleider trägt, taug schwerlich in die Wüsten;
Wer für dem Creutze weicht, taug übel unter Christen.
In Dörner, Heck und Pusch gehört ein ledern Kleid;
Noth, Trübsal, Angst und Tod erheischt Beständigkeit.
5.
Am H. Christtage
Auff meiner Väter Blut kan keinen Ruhm ich gründen;
Auff meines Bruders Blut, da kan er Stelle finden;
Durch diesen bitt ich Trotz Welt, Hölle, Sünd und Tod.
Mein Bruder ist zugleich mein Bruder und mein Gott.
6.
Ein andres
Da von Abrahams Stamm das Scepter ward verloren,
Ist kürtzlich Christus drauff in diese Welt geboren.
Nun aber Christus Wort uns Christen wird genummen,
Dürfft auch nicht Christus drauff wol ehstes wieder kummen?
7.
Ein andres
Niemand hat noch iemals sein eignes Fleisch kunt hassen;
Solt uns dann Gottes Sohn zu lieben unterlassen?
Sein Fleisch ist unser Fleisch; drum wird er unser Freund,
Daß er es so mit uns, wie mit ihm selbsten meint.
8.
Am Stephans-Tage
Wann unsre Feind auff uns ein Maul-voll Zähne wetzen,
Wolln Esaias Kind an unser stat wir setzen;
Wann dieses für uns trit, so wird ein ieder Stein,
Womit man nach uns stürmt, ein Klapff an Himmel seyn.
9.
Am Johannis-Tage
Ein ieder seh auff sich und auff sein eignes bleiben;
Wozu ist gut, um die, um jene Kummer treiben?
Wen Christus heist und wil, daß solcher bleiben sol,
Ein solcher bleibt gewiß, man läst ihn bleiben wol.
10.
Am Sontage nach dem Christtage
Die Wärmde zeucht empor, was vor der Frost verdeckte;
Verfolgung gibt an Tag, was Sicherheit versteckte;
Drum, sey Verfolgung gleich so schädlich als sie wil,
Ist diß doch gut; sie ist deß Christenthums April.
11.
Am Neuen Jahrs-Tage
Ein ieder Tag erträgt sein eigne Plag und Sorgen;
Der Abend leistet nicht, was offt versprach der Morgen;
Drum wüntsch ich diesen Tag, der nach sich zeucht ein jahr,
Das nimmer Ende nimmt und bleibet, wie es war.
12.
Am H. Drey Könige Tag
O Gott! dein Wort und Reich gieng erstlich auff vom Morgen
Biß unsrer Gräntzen zu; hilff, daß wir falsch besorgen,
Daß nicht von uns hinweg dein Wort und dein Altar
Sich wende wieder hin, wo er von erstem war.
13.
Am ersten Sontage nach Epiphan
Weil Christus ist in dem, das seines Vaters heist,
So ist er auch in uns; wann Trübsal sich erweist,
Und Christus ist in uns, so ist er mit im Leiden.
Wol dem, der ihn behält; weh dem, der ihn läst scheiden!
14.
Am andern Sontage nach Epiphan
Der klare Wein ist auß; die Hefen sind in Fassen;
Es hat die gute Zeit uns grosses Leid verlassen.
Kan Christus nicht bey uns, was er zu Cana kan?
Schweig! thu, was er dir sagt, biß seine Zeit kümmt an.
15.
Am dritten Sontage nach Epiphan
Hilff Gott, daß mir geschieht, als wie ich glaub und traue;
Daß noch mein Auge Lust an deinen Siegen schaue!
Im Fall du wilst, gehört ein eintzig Wort dazu,
So hat der Frevler Pein, so hat der Frome Ruh.
16.
Am vierdten Sontage nach Epiphan
Stürmt Sünde, Teuffel, Welt, Tod, wisst ihr, daß im Schiffe
Der Herr der Herren ist und stellt sich, ob er schliffe:
Was fehlt, als daß man ihn durch wahre Buß erwecke?
So lieget Sturm und Streit und aller Trotz im Drecke.
17.
Am fünfften Sontage nach Epiphan
Wer uns für Unkraut hält und wil uns bald vertreiben,
Thut nichts, als daß er sich sam uns noch auff wird reiben;
Er warte biß zum Augst, da wird man deutlich kennen,
Wer tüglich sey zur Ernt und würdig zum verbrennen.
18.
Am Sontage Septuages
Mein Arbeit ist gering; ich kan nicht viel gewinnen;
Gott muß durch sich, was mir soll, ohne mich mir günnen;
Doch wil ich auch nicht gar am Marckte müssig stehn,
Solt ich in Gottes Berg gleich mit den letzten gehn.
19.
Am Sontage Sexages
Uns Äcker sind ietzt nichts als Wege, Steine, Hecken;
Sorg, Abfall, Sicherheit wil uns wie gar erstecken.
Gib, Gott, daß Korn im Feld, in uns dein Wort bekleibe,
Daß wir theils haben Brot der Seele, theils dem Leibe!
20.
Am Sontage Quinquages. Esto mihi
Was frag ich nach der Welt? Sie winckt, flucht oder dräut,
Wann mein Mund Gottes Sohn rufft an und sie nicht scheut.
Die Welt ist willig blind; drum hilfft sie keinem Blinden;
Ich aber suche Rath, wo Rath in Noth zu finden.
21.
Am Sontage Quadragesimæ oder Invocavit
Das Wort gehört zum Brot und auch das Brot zum Worte;
Es kümmt uns beydes zu herab auß einem Orte.
Gott, der du beydes gibst, wend ab deß Wortes Noth,
So mangelt uns auch nicht die Nothdurfft an dem Brot.
22.
Am Sontage Reminiscere
Wer ist so starck wie Gott? Der, der an ihn sich reibet
Durch Zuversicht und stets an ihm behangen bleibet.
Der alles sonsten zwingt, den zwingt ein solcher Geist,
Der sich auff Glauben nur und auff Geduld befleist.
23.
Am Sontage Oculi
Herr, sollen wir dein Wort recht hören und bewahren,
O, so bewahr es auch für böser Geister Schaaren,
Als Feinden deines Reichs! erhalte, was wir halten,
Laß nicht das Wort von uns und uns vom Worte spalten!
24.
Am Sontage Lætare
Gibt mehr Gott als genug, auff daß uns nichts verterbe,
So hebe man es auff und samml es in die Körbe.
Gibt nicht Gott stets genug, so wil er diß doch geben,
Das, hat man ja nicht Brot, man kan von Brocken leben.
25.
Am Sontage Judica
Wer, Gott, dein Wort nicht hat, dem mag für sterben grauen;
Gott, der dein Wort nur hat, der wird den Tod nicht schauen,
Und der, der Glaub und Wort durch Steine meint zu fällen,
Dem wird sein eigner Stein auff eignen Schedel prellen.
26.
Am Palm-Sontage
Wie daß der Herre Christ den Esel wil beschreiten,
Und Grosse dieser Welt wolln schöne Hengste reiten?
Ein sanfftes Thier gehört auff einen engen Steg;
Ein tummelhafftig Gaul auff einen breiten Weg.
27.
Den ersten Oster Feyertag
Kein Creutz, kein Grab, kein Stein, kein Siegel und kein Hütter
Wehrt, daß der Herre Christ nicht sey ein siegend Ritter
Deß Teuffels, Sünd und Tod; drum bleibts auch noch dabey,
Daß diß, was ihm gehört, ihm unbenummen sey.
28.
Ein andres
Der Tod deß Todes hat dem Tode seine Todten
Vom Tode durch den Tod genummen und geboten,
Daß du, o Tod, hinfort zwar heissen sollst der Tod,
Sollst aber seyn ein Weg zum Leben hin mit Gott.
29.
Ein andres
Daß unsres Lebens Haupt ist auß der Erden Staube
Ins Himmels Glantz erhöht, das stärckt mich, daß ich glaube,
Daß dann zu seiner Zeit vergünnet wird dem Leibe,
Daß, wo sein Haupt verbleibt, auch er daselbst verbleibe.
30.
Den andren Oster Feyertag
Du stellst dich fremd, o Herr, als küntestu nichts sagen
Von dem, was sich begibt bey uns und unsren Tagen;
Drum öffn uns Schrifft und Hertz, auff daß wir seyn bereit,
Durch Leiden einzugehn in deine Herrligkeit.
31.
Den dritten Oster Feyertag
Wir müssen Haus und Hof auß Furcht und zittern schlissen;
Man günnt uns wenig Lufft und wil uns nirgend wissen.
Wann da wir künnen seyn, wo Christus sagen kan:
Mein Friede sey mit euch! liegt sonsten wenig dran.
32.
Am Sontage Quasi modo geniti
Wer seiner Sünden Schuld durch eignes Werck kan büssen,
Darff von Vergebung nichts in Christus Namen wissen.
Ein solcher bringt es weit; er muß in Himmel ein,
Dieweil er ihm kan selbst sein eigner Christus seyn.
33.
Am Sontage Misericordias Domini
Ein guter Hirt ist der, der seinen Leib und Leben
Von freyem Willen wil für seine Schafe geben.
Wer ist nun aber der, der durch Gewalt und List,
Zum Theil die Schafe schindt, zum Theil die Schafe frist?
34.
Am Sontage Jubilate
Was Gott recht rechnet auß, was Gott wol misset abe,
Steht nie so recht und wol, das Tadel nichts dran habe;
Dann Adams zartes Fleisch, das nie nichts leiden wil,
Hält klein für groß, nennt kurtz lang, heisset wenig viel.
35.
Am Sontage Cantate
Daß Gott, der Tröster, strafft, daß Gott, der Straffer, tröstet,
Ist beydes heilsam Ding; wann uns das Creutze röstet,
So ist Erfrischung noth; wann Glück erhebt den Mut,
So ist Erinnrung nütz, und Züchtigung sehr gut.
36.
Am Sontage Exaudi
Man thut uns in den Bann, man tödtet, man verjaget
Und meint, man diene Gott iemehr, iemehr man plaget.
Ein blinder thut als blind, und der, der Gott nicht kennt,
Der kan nicht anders thun, noch anders seyn genennt.
37.
Am ersten Pfingst-Feyertage
Wer seines Hertzens Haus wil hoch und wol vermieten,
Der darff es schmücken nicht, der darff es feil nicht biten;
Er liebe Gott; er thu, was sein Wort in sich fast,
So wird die Gottheit selbst sein Hausgenoß und Gast.
38.
Ein andres
Der Geist von Gott, Gott selbst, kummt wie ein starcker Wind,
Stürtzt die, die trotzig, labt die, die beängstet sind.
Was denckt ihr dann die Spreu und denckt zu widerstreben?
Was thut, wer Trost nicht sucht, wo Trost doch wird gegeben?
39.
Ein andres
Was Gott der Heilge Geist in Mund auff Zunge leget,
Soll frey geredet seyn, wiewols Gefahr erreget;
Sein Wort ist Flamm und Glut, erleuchtet, wer es acht;
Verzehret, wers verfolgt; verbrennet, wers verlacht.
40.
Am andren Pfingst-Feyertage
Gott hat sich so der Welt in ihre Lieb ergeben,
Daß nicht sein Sohn, eh sie nicht lebte, muste leben.
Wie liebt die Welt dann Gott? Sie hasst ihn und den Sohn,
Und der, der ihn noch liebt, hat Noth und Tod davon.
41.
Am dritten Pfingst-Feyertage
Ein Mörder und ein Dieb ist der, der neue Thüren
Und nicht die alten sucht, die Schaf in Stall zu führen.
Wie nenn ich dann nun den, der für sich selbsten kümmt
Und, nicht wie Christus wil, durch ihn die Thüre nimmt.
42.
Am Sontage der h. Dreyfaltigkeit
Wer neu geboren wird durch Wasser und den Geist,
Ob der ins Feuer darff, drein mancher ihn verweist?
Wen Christus rother Schweiß und kostbar Blut besprenget,
Darff sonsten keine Glut, die ihn befegt und senget.
43.
Am 1 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit
Wofür man dort nicht kan ein Tröpfflein Wasser kauffen,
Drauff leg ich hier nicht Müh und scharr es nicht zu hauffen.
Geld reimt sich in die Welt; dort in Abrahams Schoß
Gilt mehr ein eitrich Schwer, als wol ein göldner Kloß.
44.
Am 2 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit
Der Wirth ist mild und gut; der Mangel liegt an Gästen,
Daß sie nicht wollen fett in Lust die Seele mästen.
Wen Acker, Ochse, Weib hier in der Welt macht saat,
Der schau, daß er nicht dort den dürren Mangel hat.
45.
Am 3 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit
Der Herre Christ geht um mit Zöllnern und mit Sündern;
Der Phariseer Art taug nicht zu Gottes Kindern;
Drum der sich heilig dünckt und uns für Ketzer schilt,
Seh zu, daß Ketzerey für Heiligkeit nicht gilt.
46.
Am 4 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit
Die Kinder Gottes sind, sind wie ihr Vater gütig,
Die Satans Kinder sind, sind wie ihr Vater wütig.
Weß Kinder sind dann die, die auff so manche Pein
Befliessen, nur mit Lust der Christen Hencker seyn?
47.
Am 5 Sontage nach der h.
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