43. pag. 357.
Die Poesie hat eine grosse Verwandschafft mit anderen Wissenschafften und Künsten, auch mit der Rechts-Lehre.
Desz andren Tausend erstes Hundert
1.
Sparsamkeit
Wer Geld und Gut denckt zu erlangen,
Muß erstlich von dem Maul anfangen.
2.
Ein Geitziger
Das, was in der Erde wurtzelt, nicht, was gegen Himmel steigt,
Frist ein Maulwurff, und der Geitzhals ist zu gleicher Kost geneigt.
3.
Von den Steinen der Pyrrhæ und Deucalionis
Die Pyrrha und ihr Mann gestreut, was waren diß für Steine?
Den Kießlingstein warff sie und er den Sandstein, wie ich meine;
Dann dieser dient mehr zum Gebrauch und jener mehr zum Scheine.
4.
Die Augen
Sonn und Monden sind die Augen an dem Cörper dieser Welt,
Der das ein auffs lichte richtet, und das ein auffs finstre stellt.
Wann manch Mensch nur sein Gesichte, theils in sich, theils ausser sich
Wolte richten, würd er richten, so geschwinde sich als mich.
5.
Kopff-Straffe
Die Haare sind ein Wald, der einen Berg bedeckt;
Die Sinnen sind das Wild, das drunter sich versteckt;
Die wüten manchmal so, daß dann ein Jäger kümmt,
Der Wild, der Berg und Wald auff einen Streich hinnimmt.
6.
Witwen-Trost
Meinen Mann hat Gott genummen, den er gab, wie ihm beliebt;
Ey, ich wil ihm wieder nemen, wo er mir noch einen gibt.
7.
Wissenschafft
Dem Fleisse wil ich seyn als wie ein Knecht verhafft,
Damit ich möge seyn ein Herr der Wissenschaft.
8.
Vergeben- und Vergessenheit
Gedencken lehrte Krieg, und Friede lehrt vergessen;
Was hier am leichsten sey, ist leichte zu ermessen.
9.
Hofe-Gicht
Unser Hof hat solche Gicht, da von Händen und von Füssen
Sich die Nerven, nicht von Nerven Händ und Füsse leiden müssen.
10.
Der Außgang
Wol berathen, gut gerathen, macht den Rath geehrt und hold;
Wol berathen, mißgerathen, setzt den Rath doch ausser Schuld.
11.
Schiffen
Auff dem blauen Saltze reiten
Und ein höltznes Pferd beschreiten,
Läst sich thun; doch hats Bedencken,
Daß mans nicht zu tieff darff träncken.
12.
Auffstehen
Steht man da auff, wann man hat ietzt zu sitzen auffgehört?
Oder wann man zu dem stehn sich hat erstlich auffempört?
13.
Von dem nassen Jahre 1649
Was meint der Himmel doch mit so gehäufftem Regen?
Wil von deß Krieges Schmutz befleckte Welt er fegen?
Bedeut es wol hinfür viel Heil und reichen Segen?
Mich dünckt, er traure so und giesse milde Zehren
Um das, was Sicherheit der Welt wil noch gewehren,
Die Friede brauchen wil, den Himmel zu gefähren.
14.
Das Weib schweige
Weiber-Lippen sind geschaffen
Mehr zum küssen als zum klaffen.
15.
Ein Kuss
Die süsse näscherey, ein lieblich Mündlein-Kuß
Macht zwar niemanden fett, stillt aber viel Verdruß.
16.
Der Tod
Der Tod ist unser Vater, von dem uns neu empfängt
Das Erdgrab, unser Mutter, und uns in ihr vermengt;
Wann nun der Tag wird kummen, und da wird seyn die Zeit,
Gebiert uns diese Mutter zur Welt der Ewigkeit.
17.
Ists nicht gut, so wirds gut
Böse Leute mögen trotzen, frome Christen stille leben;
Schafes-Wolle kummt im Himmel, Wolffes-Locken nur daneben.
18.
Das Hertze
Gott gibt uns an Leib und Seele so viel Schätze, so viel Gaben;
Wil für Gaben, wil für Schätze bloß nur unser Hertzen haben.
Wir zwar nemen Schätz und Gaben, lassen aber Schatz und Gaben
(Nicht der Schätz und Gaben Geber,) unsre gantze Hertzen haben.
19.
Gefangene Keuschheit
Frome Weiber sind, ihr Welschen, gar vollauff bey euch verhanden;
Dann die Keuschheit liegt verwahret stets in Schlössern und in Banden.
20.
An eine Fürstliche Person
Fürstin, Eure Himmels-Gaben,
Die Ihr habt, wie Euch sie haben,
Sind verfast und spielen weit
Durch das Gold der Frömigkeit.
21.
Über einen Fürstlichen Namen
Wann den Namen Christian ich gleich hin und her versetze,
Kummt mir nimmer doch nichts rauß, das ich deme gleiche schätze,
Was der Namen selbsten gibt; dann ein wahres Christenthum
Ist dem Fürsten gar gewiß nur der allerbeste Ruhm.
22.
An ein andre Fürstliche Person
Daß mit dem, was Venus schenckte, nicht sey alles gar gethan,
Zeigt die süsse Zunge, Fürstin, und der scharffe Witz noch an.
23.
Hofe-Lied
Daß was gehet auff,
Sauffet tapffer drauff!
Leicht ist zu gedencken,
Magen muß man träncken;
Wo da ist ein Fürst,
Ist auch wer, den dürst.
24.
Junger Rath
Bey Hofe gilt der junge Rath als wie ein junger Wein;
Wiewohl er Darmgicht gerne bringt, noch geht er lieblich ein.
25.
Witwen-Klage
Wie soll ich, armes Weib, mein Ding recht greiffen an?
Ein Weib ist doch ein Weib; ein Mann ist doch ein Mann;
Und wo kein Mann nicht ist, da kan es übel seyn,
Daß sich so tieff ein Weib, als Mann, kan lassen ein.
26.
Spiegel-Gerichte
Ein ieder lobet meinen Spruch, nur alte Mägde nicht;
Weil, daß ihr Schein ietzt tunckel sey, mein Glas das Urtheil spricht.
27.
Nemen
Wann das Weib ihr einen Mann, wann der Mann ein Weib ihm nimmt,
Weil sie beyde nemen so, wer dann ist, der was bekümmt?
Ey, das Weib! dann die empfängt, träget Bürden ohne Scheue,
Leget abe, kummet wieder, holet mehr und trägt auffs neue.
28.
Gunst für Recht
Kein Corpus juris darff man nicht,
Wo Gunst und Ungunst Urthel spricht.
29.
Hofe-Worte
Complimenta sind ein Wind, da sich ein Chamæleon,
Der von Lufft zu leben pflegt, machet voll und satt davon.
Hertzen, da nicht Witz daheim, haben an der Schmeichel-Lust,
Wie die Kinder an dem Brey, ihre Lieb und ihre Kost.
30.
Hofe-Worte
Wo die Complimenten sind, mangelt was gewiß am Willen;
Sonsten dörfften Worte nicht, wann nicht Mangel, was ervöllen.
31.
Rechts-Händel
Wer in Händel ein sich läst, wer sich einläst in ein Spiel,
Ieder muß hier setzen auff, welcher was gewinnen wil;
Doch geschiehts, daß mancher auch nichts gewinnt und setzt doch viel.
32.
Dürfftigkeit
Ein Schade sey so hoch er wil, ist dem doch keiner gleich,
Den dieser hat, der nie nichts hat; dann der ist selten reich.
33.
Ein böser Zahler
Der mir funfftzig Gülden soll, waget zwantzig Gülden hin,
Daß er meine Zahlung nur möchte länger noch verziehn.
Schaut! wie ist der gute Mann abgerichtet auff Gewin!
34.
Vergnügligkeit
Glücke kan nie recht betriegen,
Wer ihm immer läst genügen;
Alles falle wie es wil;
Das vergnügen ist sein Ziel.
35.
Neidische
Wie ich essen soll und trincken, wie ich mich bekleiden soll,
Wie ich sonst mein Thun soll richten, sind die Leute Kummers voll;
Wann ich nicht zu trincken, essen, noch mich zu bekleiden hätte,
Sonsten auch gar viel nicht gilte, gilt es eine starcke Wette,
Ob nur einer findlich wäre, der nur einmal sorgt um mich:
Immer dünckt mich, wie auß Neide, nicht auß Gunst sie kümmern sich.
36.
Pöfel-Gerichte
Wann ich also solte seyn, wie mich ieder haben wil,
Würd ich also seyn wie der, dessen ieder lacht im Spiel.
37.
Schutz-Rede einer Jungfrau über die spielenden Augen
Ihr Schwestern, lacht ihr nicht der alber-klugen Lappen,
Die Damen sperren ein als wie in blinde Kappen
Und halten gar für schön, wann unsre schönste Zier,
Der schönen Augen Liecht, steht selten für der Thür?
Ach denckt doch, denckt doch nach! durch finstres sauer sehen
Ist Liebe nie gestifft, und nie kein Bund geschehen;
Dann Damen steht es zu, daß ihrer Äuglein Schein
Soll wie das Firmament frey zu beschauen seyn
Von iedem, der da wil. Was dienen uns die Strahlen
Der Sonne bey der Nacht? Wer lobt deß Künstlers mahlen,
Dafür ein Umhang schwebt? Soll die, die lebt und lacht,
Noch für der rechten Zeit deß sterbens schwartze Nacht
Ihr ins Gesichte ziehn? Kans dann Natur auch leiden,
Das so man schänden soll und soll zu brauchen meiden,
Was sie zu brauchen gab? Wer munter um sich schaut,
Der gibt von sich an Tag, daß er ihm selbsten traut
Und gut Gewissen hat, das sich für nichts entsetzet
Und nicht zu fliehen denckt, dieweil es nicht verletzet.
Ein Auge, das nicht kan ein fremdes Auge sehn,
Weiß, was geschehen ist, weiß, was soll noch geschehn.
Das nicht zu rühmen ist. Nein! nein! soll dieses gelten,
Die allerbeste Kunst zu tilgen und zu schelten,
Wodurch sich Damen sonst fein spielen ein, mit List
Bezaubern einen Sinn, der sonst noch hatte Frist?
Das muß mit nichten seyn! der Augen klare Blicke
Sind unsre stärckste Krafft, sind unsre Band und Stricke,
Dadurch uns fällt ins Garn ein Wild, das uns gefällt
Und sonst zu unsrer Gunst sich etwa flüchtig stellt.
Ietzt decken wir sie zu; ietzt lassen wir sie schissen,
Nach dem wir diesen schnell und jenen langsam wissen;
Hier brauchen wir den Sporn; dort brauchen wir den Zaum;
Wir halten jenen an und geben diesem Raum.
So jener sich was scheut, wil uns und ihm nicht trauen,
So öffnen wir das Licht durch freundlich gegen-schauen,
Erleuchten seinen Sinn, entzünden ihm ein Heiss,
Dadurch in ihm zerschmelzt der Zagheit kaltes Eiß;
Wer eifrig seiner Brunst halb wütig nach wil hencken,
Muß blitzlich seinen Mut auf Ehrerbittung lencken,
Wann unsrer Augen Glantz mit Wolcken überzeucht,
Und für den göldnen Strahl ein finster Unmut leucht.
Doch lassen wir nicht gar in kalter Nacht ihn zagen;
Wir blicken einsmals auff und lassens wieder tagen,
Zwar so, ob das Gesicht ein kurtzes Schrecken gibt,
Er Anlaß dennoch nimmt, daß er sich mehr verliebt.
Durch Feuer und durch Eiß, durch fürchten und durch hoffen
Hat Liebe Ziel und Zweck zum meisten glücklich troffen,
Hat aber diese Kunst und dieser Buhlers-Fund
Den Augen bloß vertraut und ihrer Art vergunt.
Durch diese Waffens-Macht, durch diese List wir fangen
Und manchen Liebes-Knecht in unser Zelt erlangen;
Durch dieses Meisterstück ist manches Glück erwacht,
Das sonsten etwa noch schlieff in der tieffsten Nacht.
Manch Schiffer hat gezörnt, wann trübe Wolcken-Decken
Ihm haben Cynosur und Helice verstecken
Und also seinen Lauff in Irrthum wollen ziehn,
Daß er nicht kunte fort da, wo er wolte hin.
Ihr tapffren Cavaliers, die ihr in Lieb und Waffen
Zu leben euch begehrt, auch drinnen ein zu schlafen,
Ey, maintenirt die Sach und stürmt eh alle Welt,
Als braven Damen soll das Kunst-Werck seyn gefällt,
Mit Augen, euch zu Trost und Gunst, nicht frey zu funckeln
Und eurer Liebe Fahrt so irrsam zu vertunckeln!
Wir sind ja darum da, auff daß ihr wissen künnt,
Wo, wie, wann euer Schiff den sichren Aufruhr findt.
Wem ist die Fackel gut, die sich nur selbst verbrennet
In einer tieffen Grufft, dadurch niemand erkennet
Weg, Steig, Berg oder Thal? Was nützet ein Gesicht,
Daß sich nicht auff sich selbst, dem auch kein andrer nicht
Verlassen darff und traun? Nicht uns sind wir geboren
Auch nicht zur Einsamkeit; wir sind dahin erkoren,
Gesellschafft einzugehn. Drum schaut nur frisch herum,
Ihr Augen, ob nicht bald an warme Seite kumm
Der, der für uns geweiht, und welchem wir gehören!
Last euch das alte Lied vom schämen nicht bethören.
Ein gar zu blödes Aug, als offtmals ist geschehn,
Hat das, was ihm gesollt, versaumt, verschämt, versehn.
38.
Schutz-Rede einer Jungfrau über die gänge Zunge
Nechst sagt ein alter Greiß: Iemehr die Jungfern schweigen,
Iemehr künn ohne Wort ihr Preis gen Himmel steigen;
Die stille frome Zucht, die Eingezogenheit,
Die Rede, wann sie schweigt, bringt eitel Liebligkeit.
Schweig, Vater! Alter, schweig von so verrosten Sprüchen,
Du wollst dann seyn belohnt mit alamode Flüchen!
Du hast den Amadis, drauß wol man discurirt,
Nie oder nicht genug gelesen und studirt;
Drum gilt dein Kram nicht viel; die Ethic ist vermodert,
Die deiner Zeit gieng um; was mehres wird erfodert,
Daß Damen lieget ob. »Nein, Ja, ich weiß es nicht,«
Hat, wie für alter Zeit, diß Ding nicht außgericht.
Es muß was höhers seyn, daß Damen müssen wissen,
Wo sie nicht wolln den Ruhm der braven Damen missen
Und Mägden gleiche seyn. Für Zeiten war's genug,
Wann, was da gab die Kuh, und was erwarb der Pflug,
Die Jungfern zählten her; die Junckern giengen seichte;
Sie waren nicht weit her und zu erreichen leichte.
Wanns höflich wo gieng zu, so klang ein Reuters-Lied:
Der grünne Tannenbaum und dann der Linde-Schmied.
Die Helden-Zeit ist ietzt; ietzt herrschen solche Sinnen,
Die nicht im Grase gehn, die auff den hohen Zinnen
Der würde stehn voran, in denen Mut und Geist
Den Mund nichts als von Krieg, Sieg, Mannheit reden heist,
Und dann von courtoisie und süssem caressiren
Der Damen, die es wehrt, und sie verobligiren
Zu dienstlichem faveur, durch schönen Unterhalt
Und lieblichen Discours, die nicht sind kahl und kalt
An Worten wie ums Maul, die nicht wie stumme Götzen
Sind in die Kirche nur, nicht an den Tisch zu setzen,
Und die man billich heist ein höltznes Frauen-Bild,
Das nur zum schauen taug und nicht zum brauchen gilt.
Es hört Don Florisel der Helena befehlen;
Das Fräulein Sydera hat Dienst und Gunst zu zehlen,
Die ihr Don Rogel trägt, und Oriana hat
Den tapffren Amadis und alle seine That
Zu vollem Brauch und Pflicht. Es läst sich übel paaren
Die Erde zu der Lufft; dann die wil oben fahren,
Und jene sinckt in sich; drum geht es nach Gebühr,
Wann sich zusammen hält Madam' und dann Monsieur,
Und gleiches gleiches sucht. Die nur mit stummen Sitten
Und Siegel-festem Mund ihr Angesicht erbitten,
Wie Larven ohne Hirn, die tügen nicht hieher,
Und ihres Bettes halb bleibt billich kalt und leer.
Die Zunge muß es thun, soll wer die Purpur-Rosen
Deß Mündleins lachen an und ihnen Liebe-kosen!
Die Zunge muß es thun! sie streut die Blumen hin,
Drauß liebe Cavalliers die süssen Kräffte ziehn
Zu ihrem Auffenthalt; sie muß die süssen Trauben,
Die auff den Lippen stehn, verbieten und erlauben,
Nach dem es ieder wehrt. Soll ein ergetzlich Kuß
Seyn besser angewehrt, als auff des Pabstes Fuß,
So muß ein lieblich Wort, so muß ein freundlich kürmeln
Bey süssen schmätzerlein dem lächeln und dem mürmeln
Sich artig mischen ein, wodurch der Liebste merckt,
Sein Thun sey wol getan und seine Thurst gestärckt.
Wer aber nicht geweiht, deß Mündleins Liebe-spielen,
Deß Geistes Nectar-Safft zu nissen und zu fühlen,
Dem muß sie schliessen zu die Corallinen-Pfort
Durch ein entsetzlich Pfuy! und durch ein bittres Wort.
Die Zunge muß es thun, solln Cavalliers erlernen
Discreter Damen Witz; solln sie sich nicht entfernen
Von ihrer Seite weg, so muß die Zung es thun;
Die macht den Helden Lufft und ein erquicklich ruhn,
Gibt ihnen neue Krafft, bringt ein verguntes rasten
Vom Eifer ihres Muts und ihrer Waffen Lasten,
Macht, daß ein kühnes Hertz um auß der Dame Mund
Ein angenemes Wort sich Thaten unterstund,
Die biß an Himmel gehn, macht, daß auch kalte Sinnen
Zur Kühnheit werden warm. Sie weiß gleich gut zu künnen
Tyrtæus muntre Kunst, als wol ein Grichisch Mann,
Der durch ein hitzig Lied auff seinen Feind entbran.
Die Zunge muß es thun und durch die Waffen dringen,
Ein Martialisch Hertz hin in die Schranken zwingen
Idalischer Gesetz und schaffen, daß sich bückt
Für einer Dame der, auff den, wann er nur blickt,
Sonst tausend Cavalliers genaues mercken geben
Und setzen, wann er wil in Tod ihr frisches Leben.
Die Zunge muß es thun, daß einer Dame Mund
Gekunt hat, was ein Schwerdt und Scepter hat gekunt.
Die Zunge hats gethan, daß niedriges Geblüte
Auff hohen Stühlen sitzt und gehet in der Mitte
Und fährt mit Sechsen her, verachtet Fürsten-Blut,
Und mangelt ihm sonst nichts, als daß es alles gut
Zu zehlen nicht vermag, daß theils durch blosses wincken
Sich findet über Nacht, theils durch deß Degens blincken
Mit summen lauffet ein. Die Zunge hats gethan,
Daß einer Dame Wort kan, was niemand nicht kan,
Daß sie sich edel kan, schön, reich und ehrlich machen,
Ob sie es vor nicht war, daß sie in allen Sachen
Recht hat und recht behält, wiewol sie unrecht thut,
Und was sie thut, gethan, ist löblich, herrlich, gut!
39.
Von einem Bräutigam, Braut und Pfarr
Braut und Bräutgam ward getraut; eh ein iedes nun empfing
Ihrer Pflichten offnes Pfand, wie gebräuchlich, einen Ring,
Ward die Braut noch fertig eh, als damit der Bräutigam war;
Dann der Ring war etwas eng, und der Finger dicke gar.
Tugendsame Jungfer Braut, haltet euer Zeichen an,
Biß der Bräutgam, sprach der Pfarr, seines fertig haben kan.
40.
Belohnung und Straffe
Einen Acker wol durchpflügen, einen Acker wohl betüngen,
Macht, daß Unkraut muß verwelcken und das Land muß Früchte bringen.
Lasterhafftes Wesen straffen, tugendhafftes Thun belohnen,
Macht, daß Unheil ausser Landes, inner Landes Heil muß wohnen.
41.
Rache
Ey, ich wils ihm ein-noch reiben; dieses Ding muß seyn gerochen!
Einer hat mich, spricht Pennina, spöttisch unlängst angestochen.
42.
Beraubter Gemein-Kasten
Daß das allgemeine Heil
Keinen Abbruch darff erfahren,
Wil davon ein ieder Theil
Nehmen und bey sich bewahren.
43.
Wissenschafft auß Bernhardo
Theils sucht man Wissenschaft nur bloß zu schlechtem wissen,
Und dieses dient dahin den Fürwitz nur zu büssen;
Theils sucht man Wisssenschafft, damit man sey geehrt,
Und dieses thun nur die, die Eitelkeit bethört;
Theils sucht man Wissenschaft, damit man was verdiene,
Und dieses schlägt nur auß zu schändlichem Gewiene;
Theils sucht man Wissenschaft, dem Nechsten zum Genieß,
Und dieses ist ein Werk, das wahre Lieb uns hieß;
Theils sucht man Wissenschaft, sich selbsten zu versorgen,
Und diß dient, daß man so nicht fremde Witz darff borgen.
44.
Ein reicher Geitzwanst
Verres ist ein lastbar Esel, aber nicht ein reicher Mann,
Weil nur bloß zum Säcke tragen, Glück ihn hat genummen an.
45.
Nutz
Der ergreifft nicht leichtlich Gunst, der da ist im Seckel blind,
Weil die Gunst tritt meistens hin, wo Genieß und Vortheil sind.
46.
Hurerey
Juden hatten harte Hertzen, mochten drum viel Weiber nemen;
Was für hartes haben Christen, die viel Huren sich bequemen!
47.
Hurer
Wen man, wie man spricht, ergreifft auff einem fahlen Pferde,
Der verdient, daß seine Treu gar schwartz geachtet werde;
Den man, wie gemein, ergreifft auff einer falben Dame,
Diesen trifft (warum auch nicht?) ein tapffer Käysers-Name.
48.
Die göldene Zeit
Ietzt ist die göldne Zeit; wer ietzt kein Gold nicht hat,
Hat keine gute Zeit und ist ihm auch kein Rath.
49.
Vergleich, da man etwas behält und etwas nachläst
Wann Mann und Weib sich zanckt, ist Sühne recht bestellt,
Wann dieser was räumt ein, hingegen sie was hält.
50.
Weiber-Herrschafft
Gehorchen sollen Weiber, befehlen aber nicht.
Wie reimt sich das? Gesetze, wer unten lieget, spricht.
51.
Auff Virnam
Virna sagt: Ihr Morgenstern sey ihr Mann; ihn anzublicken
Und ihm ins Gesicht zu sehn, legt sie sich gern auff den Rücken.
52.
Ein Welt-Mann
Was heist politisch seyn? Verdeckt im Strauche liegen,
Fein zierlich führen um und höflich dann betriegen.
53.
Silber, der Monden
Ist das Silber auch ein Monden, wie Chimisten etwa meinen,
Wie daß mir dann dieser Monden nie wil an der Völle scheinen?
54.
Gold, die Sonne
Ist das Gold ein andre Sonne, wie Chimisten wil bedüncken,
Wie daß sie mir, wie im Winter, wil nur stets zur Seite blincken?
55.
Gute und Böse
Die Bösen haben Himmel, die Guten hier die Hölle;
Gut, warte biß dort oben! da wechselt man die Stelle.
56.
Friedens-Krieg
Der durch Waffen überwunden,
Hat noch lange nicht gesieget;
Friede-machen hat erfunden,
Daß der Sieger unten lieget.
57.
Welt-Glauben
Treu und Glauben ist zerrissen,
Dran die Welt zusammen hing;
Dieses macht, daß so zu bissen
Aller Länder bestes ging.
58.
Krieg
Moises kunte Staub und Aschen von dem klaren Golde machen.
Krieg hat gar gemacht zu nichte Gold und Gut und alle Sachen.
59.
Tugend hinter dem Gelde
Das Reichthum ist die Frau; die Tugend ist die Magd;
Der mit der Magd, der triffts, es für die Frau gewagt.
60.
Redligkeit
Wer schläft, der schnarcht wol offt, beist aber dennoch nicht;
Die Redligkeit verlacht, was ihr Verfolger spricht;
Ein Biedermann steht stets, nicht lang ein Bösewicht.
61.
Obrigkeit und Unterthanen
Ob die Untren von den Obren, ob der Untren Obre wegen,
Fragstu, sind? Frag: Ob am Hirten ohne Heerd ist viel gelegen?
62.
Auff Rhombum
Rhombus spielt im Frauenzimmer neulich um Discretion;
Ist mir recht, sie ist verspielt, daß nichts übrig mehr davon.
63.
Auff Aërium
Wer kennt Aërium, und wo sein Haus er hält?
Sein Haus hat keine Thür: es ist die gantze Welt.
64.
Auff Foratam
Forata spricht: ich schlage den, der mich denckt zu küssen.
Was mehr? Sie hat kein Eisen, sie sind schon abgeschmissen.
65.
Auff Theanam
Eine Göttin ist Theana, wie die blinden Buhler dünckt.
Immer hin! ists aber göttlich, daß sie wie die Böcke stinckt?
66.
Die Gelegenheit Europæ
Europa, wie es liegt, siht einer Jungfer gleich;
Das Kleinod auff der Brust ist Czechus Königreich;
Nach diesem grieff Mars erst und lernte rauben dran,
Daß mehr kein Kleinod sie, gar kaum ein Hemd hat an.
67.
Abfuhre der Soldaten
Deutschland soll ietzund purgiren
Und deß Krieges Wust abführen.
Wer doch glaubt, was diese Wust
Wol für Müh und Mittel kost?
Wer hierzu nicht gab das Leben,
Muß das andre Blut doch geben.
68.
Die Weiber
Mag man Weiber Gänse nennen, da sie doch nicht künnen fliegen,
Kan es seyn, theils wann sie schnaddern, theils in Gänse-Federn liegen.
69.
Die H. Schrifft
Die Schrifft, die ist ein Fluß, dadurch ein Elephant
Muß schwimmen, und ein Schaf geht sicher an das Land.
70.
Neuerung
Altes Übel wol gestellet, ist nicht leichtlich auffzurühren;
Neues wol, als altes Übel, ist viel ärger offt zu spüren.
71.
Ein begnadeter Diener
Gunst art, dient so manches Jahr, hatt' und hat doch keinen Sold;
Ey, wie unrecht! O, er nam und bekam, was er gewolt.
72.
Auff Fuscam
Fusca ist zwar mächtig schön, pfleget aber fürzunehmen
Sachen, die ihr schönes Weiß ziemlich schwärtzen und beschämen;
Schöner kummt ein schönes Bild, wann es steht in schwartzen Rämen.
73.
Die Bücher Moises
Wie hat Moises künnen wissen, was von Anfang ist geschehn?
Wie er das, was künfftig ware, deutlich hat voran gesehn.
74.
Das geschriebene Wort
Die Schrifft, die ist ein Brieff von Gottes ernstem Willen,
Geschrieben an die Welt, denselben zu ervöllen;
Wie daß er liegen bleibt, und niemand an ihn nimmt?
Weil seinen Titul er nach Willen nicht bekümmt.
75.
Göttliche Wunder-Werke
Daß die Welt auß nichts erschaffen, wer nur dieses glauben kan,
Wie er billich soll, wird zweiffeln nichts, was sonst die Schrifft zeigt an.
76.
Brieg, versetzt: Begir
Brieg, du warst für allen Nimpffen,
Die am Oderstrome schimpffen,
Lange Zeit her für und für
Aller Cavalliers Begir.
Alle liebten dein Vermügen,
Keiner aber dein Vergnügen.
77.
Gesetz und Evangelium
Ist Gesetz ein Spiegelglas, das die Sünde für uns bildt,
Ist das Evangelion eine Decke, die es hüllt.
78.
Die H. Schrifft
Die Schrifft die ist ein Licht, den Gang uns recht zu weisen;
Die Schrifft die ist die Kost, die Seele wol zu speisen;
Die Schrifft die ist das Kraut, Gebrechligkeit zu dämpffen;
Die Schrifft die ist das Schwerdt, die Feinde zu bekämpffen;
Die Schrifft die ist die Salb auff deß Gemütes Wunden;
Die Schrifft die ist die Zucht, drinn ewig Heil wird funden.
79.
Die höchste Weißheit
Gott und sich im Grunde kennen,
Ist die höchste Witz zu nennen;
Vielen ist viel Witz gegeben,
Diese selten noch daneben.
80.
Anzahl der Freunde
Wer viel Freunde rühmt zu haben, hat gewiß gar wenig Sinnen;
Alle Sinnen fehlen offters, einen Freund zu finden künnen.
81.
Heuchel-Leute, falsche Leute
Lieber Gott, was hastu Affen, die auß nichts wolln machen viel!
Mancher trägt mir lauter hassen, sagt mir doch von vielem lieben.
Lieber Gott, was hastu Affen! Was gesagt, ist alles blieben,
Weil man ietzt auß viel verheischen wieder gar nichts machen wil.
82.
Poeterey mindert das Ansehen
Ey, so laß ich den nicht bleiben,
Was ich schrieb, noch mehr zu schreiben?
Erbarkeit hats bald verdrossen,
Wann sie um soll gehn mit Possen.
Ist mir recht, Verdruß zu mindern,
Kindeln Männer offt mit Kindern;
Auch so bringt man ernste Sachen
Füglich an und ein durch lachen.
83.
Die Erde wird bewegt
Daß die Erde sich bewegt und niemals nie stille stund,
Mag wol seyn; was eckicht war, wird fortmehr ja alles rund.
84.
Langes Leben
Langes Leben ist ein Segen, der den Seinen gibet Gott;
Ieder wüntschet ihn zu haben, da er doch ist voller Spot.
85.
Weises Mißtrauen
Ein Ehren-loses Weib, das iedem wird zu Willen,
Trägt selten eine Frucht, pflegt nur die Brunst zu stillen:
Wer aller Treu sich traut und Glauben trägt so feil,
Gibt seinen Theil zwar auß, nimmt aber keinen Theil.
86.
Der Mensch
Neun Monden wird ein Mensch zum Leben zubereitet,
Darff einen Augenblick, der ihn zum Tode leitet.
87.
Mütterliche Liebe
Die Mutter trägt im Leibe das Kind drey Viertel-Jahr;
Die Mutter trägt auff Armen das Kind, weils schwach noch war;
Die Mutter trägt im Hertzen die Kinder immerdar.
88.
Das Creutze
Fleucht der Teuffel für dem Creutze, wer ist so der Teuffel nicht?
Weil von Trübsal und von Creutze ieder sich so gern entbricht.
89.
Himmel und Erde
Der Mann soll seyn der Himmel; das Weib wil seyn die Erde,
Daß Erde von dem Himmel umfangen immer werde,
Daß Erde von dem Himmel sich stets gewärmet wisse,
Daß Erde von dem Himmel den Einfluß stets genisse.
90.
Auff Vindam
Liebet Vinda gleich frisch Brot, frischen Tranck, frisch Fleisch, frisch Geld,
Ist doch nur ein frischer Mann, was am besten ihr gefällt.
91.
Der Plautinische Teller-Lecker
Meine Mutter war der Hunger; seit sie mich auß sich geboren,
Hat sie sich bey keinem Tage noch zur Zeit auß mir verloren.
Zwar zehn Monat trug sie mich, und zehn Jahre trag ich sie;
Keines hat für diese Last andrem noch gedancket ie.
Ich war klein, da sie mich truge; sie ist mächtig groß zu tragen;
Drum entstunden ihr gar kleine, mir gar grosse Kindes-Plagen.
Ich auch fühle fort und fort grosse Schmertzen, grosses Weh;
Doch vermerck ich, daß so bald sie von mir nicht weg noch geh.
92.
Schläge
Eine Glock und eine Nuß und ein Esel und ein Knecht
Thun nicht leichtlich ohne Schlag, was sie sollen iemals recht.
Jene schweiget; die verharrt; jener steht, und dieser liegt;
Wann das Eisen und das Holtz ihnen recht wird angefügt,
Klinget jene, diese bricht; jener geht, und dieser eilt;
Drum was iedem zugehört, sey auch iedem zugetheilt.
93.
Schädliche Ehe
Wann sich mit Gewalt Unverstand verfreyt,
Wird geboren drauß tolle Wütigkeit.
94.
Lästerer
Wann ein Böser Gute schmäht, wann ein Kind den Wind verbläst,
Gilt es gleich, ob unten diß, jener oben Athem läst.
95.
Gottlose Schwälgerey
Häuffig sauffen Schweiß und Blut armer Christen-Leute,
Drüber führen guten Mut, ist gebräuchlich heute;
Was muß drinnen wol für Lust, für Vergnügen stecken?
Ey! zum Truncke diese Kost pflegt wie Saltz zu schmecken;
Weil auch dort der reiche Mann Wasser nicht kan haben,
Ist es Zeit, daß hier voran guter Trunck mag laben.
96.
Betriegen
Menschen sind als Teuffel ärger, weil der Teuffel nirgend schwur;
Dann er weiß, daß er ein Lügner und betrieglich immer fuhr.
Aber Menschen schweren frechlich, wann sie sich gleich selbsten fühlen;
Dann sie dencken durch das schweren zu gewinnen, wie durch spielen.
97.
Eine Maultasche
Eine Maultasch ist ein Ding, zwar nicht schädlich an dem Leben,
Ausser daß sie dem Gehör Abbruch wil und Nachtheil geben.
98.
Ruchlosigkeit
Welt stellt sich ietzt, als wär kein Teuffel und kein Gott;
Ey, warte, biß dirs weist, der schwartze Gast, der Tod!
99.
Warheit
Frome Leute klagen sehr, daß die Warheit sey verloren;
Suche, wer sie suchen wil, aber nicht in hohen Ohren.
100.
Glauben
Luthrisch, Päbstisch und Calvinisch, diese Glauben alle drey
Sind vorhanden; doch ist Zweiffel, wo das Christenthum dann sey.
Desz andren Tausend andres Hundert
1.
Der Weg zu Gunsten
Wilstu, daß man dich bey uns wol verehr und deiner dencke,
Stelle Gastereyen an, sprich stets ja und gib Geschäncke.
2.
Gesundheit
Gesundheit wil bey Armen, als Reichen, lieber stehn;
Wie so? Sie hasset prassen und stetes müssig gehn.
3.
Neu-Jahrs-Wuntsch an Eine Fürstliche Person
Treue Fürstin, unsrer Welt
Ist auffs neue zugestellt
Von der Sonn ein edler Ring,
Wie sie iedes Jahr empfing.
Ach! es wolle diesem Ringe
Seyn verpflichtet diß Gedinge:
Daß er steh zu sichrem Pfande
Eurem Glück und Segens-Stande,
So wie Ihr, Ihr Fürsten-Gold,
Haupt und Gliedern Heil und Hold
Gabt durch den Vermählungs-Ring,
Den mein Printz von Euch empfing!
Krieg, weich ab und neme Scheue
Für deß Friedens fromer Treue!
Böse Tück und Triegligkeiten
Lauffen für den Redligheiten!
Altes Arg sterb alles hin,
Neues Wol blieb immer grün!
Altes Unrecht, alter Drang,
Geh zur Hölle schnellsten Gang!
Heldin, Euren tapffren Sinnen
Fehle nimmer kein Beginnen!
Eurem Willen müsse lachen,
Was sich sonst pflegt ernst zu machen!
Eurem schaffen müsse stehn,
Was von dannen sonst wil gehn!
Eurem wincken kumme her,
Was sonst blieben sonst wo wär!
Ach, daß Eure reine Schöne
Keine Schwachheit nie verhöhne!
Daß stets Eure Liebligkeiten
Opffer nemen von den Zeiten!
Daß stets Eure Frömigkeit
Sey ein Gifft für Haß und Neid!
Daß der ungefälschte Mut
Sey für List und Vorthel gut!
Was Euch sonsten ist bescheiden
Von dem Himmel, müsse neiden
Ieder, der auß schwartzer Tücke
Nagt deß andren redlich Glücke.
Frölich mussen drüber seyn,
Die sich liessen schreiben ein
In den Biedermannes Bund,
Da kein Dupelman nie stund!
Lange, lange müssen laben
Meinen Herrscher Eure Gaben!
Lange, lange müst ihr leben,
Diese Gaben außzugeben,
So daß die gepaarte Treu
Immer bleibe frisch und neu!
Biß Piastus alter Baum
Wieder kumm in ersten Raum,
Daß er mit gevielten Zweigen
Müge biß zun Sternen steigen,
Daß er unser Land bebreite
Mit deß Schatens grüner Weite,
Daß der lechzend Unterthan
Drunter sich erfrischen kan,
Daß er kan von seiner Frucht
Niessen, was er darff und sucht!
Ich, so ich mich darff vermessen,
Meiner selbst nicht zu vergessen,
Wüntsche mir zu meinem Theile:
Daß mir ietzt und alle weile
Meine Herrschafft traue zu,
Daß ich nimmer spar und ruh,
Ohne Ruhm und ohne Schein
Treuer Unterthan zu seyn.
4.
Triegereyen
Krummes mag man wol verstehn;
Krummes aber nicht begehn.
5.
Selbst-Erkäntnüß
Wilstu fremde Fehler zählen, heb an deinen an zu zählen;
Ist mir recht, dir wird die weile zu den fremden Fehlern fehlen.
6.
Heucheley
Die Redligkeit ist Gold; die Heucheley ist Erde;
Zu suchen jen' auß der, darff Kunst und hat Gefährde.
7.
Verheurathete Weine
Lustig, ihr Brüder und Ohmen deß Weines!
Hoffet was gutes und wartet ein kleines;
Schnaltzet und lecket mit lustigen Zungen,
Unsere Weine, die werden bald jungen!
Ungrische haben auß Mähren verschrieben
Item auß Österreich Weine zum lieben;
Weil sie nun täglich mit ihnen sich paren,
Lieber, was wird man nicht tauffen erfahren!
8.
Auff Novulam
Novula hat gar nicht gerne, was auch andre Weiber haben,
Daß sie dann braucht noch die Nase samm den andren finstren Gaben,
Dran ein ieder, auch ein Bauer, sich gemeinlich pflegt zu laben.
9.
Kleider
Gesundheit ist der beste Schmuck; den wirfft man über Hauffen
Durch Geilheit, Mutwill, Müssiggang, durch fressen und durch sauffen
Und meint, es sey dann außgericht durch schöner Kleider kauffen.
10.
Auff eine ungenante Person
Ach, mir ist ein treuer Freund von dem Glücke zugewand!
Sagt ein Weib, sein gantzes Hertz hab ich mir in meiner Hand.
Dieses hört ein andrer Freund, sahe drauff, schwur ohne Danck,
Was er in der Hand gesehn, sey kein Hertz, es sey zu lang.
11.
Ehebruch
Man hält es für gewiß, daß ietzt Ehbrecherey
Bey uns so gar gemein und nur ein Possen sey.
Was hilffts? Frantzösisch ists, daß diß, was war zerstückt,
Bleib immer lieber so, als daß man es sehr flickt.
12.
Frantzösische Art
Daß man Deutschen hat für redlich allezeit zuvor gehalten
Und Frantzosen für was leichte, findet man bey vielen Alten;
Aber ietzt solls sträflich seyn, wann man nicht nach Redligkeit,
Sondern nach der leichten Art richtet Sinn, Geberd und Kleid.
13.
Menschen sind Lügner
Daß alle Menschen Lügner seyn, ist mit Bescheid zu nemen;
Die Schrifft, die siht auff unsre Zeit, da lügen heist bequemen;
Bequemen heist politisch seyn. Wer wil sich dessen schämen?
14.
Fürsten-Geschencke
Fürsten-Gaben sind wie Bäche, stürtzen immer gegen Thal,
Treffen so nur, wie sie treffen, ohngefehr und ohne Wahl.
15.
Theilung wüster Güter
Da wir mehr nichts gantzes haben, wollen wir noch dennoch theilen;
Wollen lieber neue schneiden, als die alten Wunden heilen.
16.
Auff Edonem
Edo sammlet allen Schatz, was er zu und ein kan tragen,
Unter ein gedupelt Schloß, unter Bauch und inner Magen.
17.
Auff Nigrum
Als sein Ohren auff den Marckt Niger schickte, kaufften sie
Einen Titel: Daß kein Schelm ärger war als Niger ie.
18.
Weiber-Zanck
Weiber-Händel, die, wie bräuchlich, unter ihnen stets entstehn,
Pflegen endlich auff ein sagen und auff nichts mehr außzugehn.
Jene sagte dieses neulich, und es sagte jenes die;
Dieses hat sie nicht gesaget; jene sagte solches nie.
Eine sagte, das da sagte diese: jene sagte das;
Nein! sie sagte, daß sie sagte dieses nicht, nur sonsten was.
O, ich weiß wol, was sie sagte; wil sie, sagt ihr, sagen nicht,
Was sie sagte, wil ich sagen, was sie sagte, frey ans Licht;
Ey, sie sage, was ich sagte; eh ich sagte, sagt sie vor;
Sagt nur, daß sie solle sagen, was sie mir sagt in ein Ohr.
Dieses sagen wil nun wehren, weil das Leder wehrt ums Maul;
Dann zum sagen und zum plaudern sind die Weiber selten faul.
19.
Schlecht und recht
Schlecht und recht behüte mich, Tück und Vorthel aber nicht!
Folge du der Welt und ich dem, was Gottes Geist hier spricht.
20.
Menschliche Thorheit
Ofters denck ich dran und nach, was doch Menschen sind für Thoren,
Die da wissen, daß die Welt durch den Tod wird gantz verloren;
Wagen dennoch alles drauff und sich selbsten auch wol dran,
Daß ein ieder destomehr dergestalt verlieren kan.
21.
Undanck
Treuer Thaten Nachklang
Ist gemeinlich Undanck.
22.
Der Welt Widerthon
Was ists, worauff ihr Ziel gesetzt hat alle Welt?
Befrag ein Echo drum; was sagt sie? Höre! Geld.
Was ist dann wol das Geld, das solche Liebe stifft?
Geh! frag ein Echo drum; was sagt sie? Höre! Gifft.
Ach ja! wer diese Gifft nimmt unbesunnen ein,
Wird ehstes Seelen-arm und Sinnen-lose seyn.
23.
Deß Menschen Alter
Ein Kind vergist sich selbst; ein Knabe kennt sich nicht;
Ein Jüngling acht sich schlecht; ein Mann hat immer Pflicht
Ein Alter nimmt Verdruß; ein Greiß wird wieder Kind:
Was meinstu, was doch diß für Herrligkeiten sind!
24.
Ein versoffen Weib
Ein Weib, das gerne trinckt, speyt unversehens auß
Ihr Ehr, ihr gut Gerücht, auch endlich Haab und Haus.
25.
Auff Cornutum
Cornutus und sein Freund bestehn auff einem Willen,
So daß die wahre Pflicht der Freundschafft sie ervöllen:
Ob jener liebt sein Weib, liebt dieser die nicht minder;
Ob jener etwa denckt, denckt dieser auch auff Kinder.
26.
Von der Frucht-bringenden und Frucht-tilgenden Gesellschaft
Frucht-tilgende Gesellschafft hat viel bißher vernichtet;
Frucht-bringende Gesellschaft hat viel bißher verrichtet;
Frucht-tilgende Gesellschafft nam Deutschland manche Zier;
Frucht-bringende Gesellschafft gab derer viel herfür;
Frucht-tilgende Gesellschafft hat ihren Stoltz geleget;
Frucht-bringende Gesellschafft hat fernern Preis erreget;
Frucht-tilgende Gesellschafft wird kürtzlich mehr nicht seyn;
Frucht-bringende Gesellschafft vermehret stets den Schein;
Frucht-tilgende Gesellschafft war wenig deutsch gesinnet;
Frucht-bringende Gesellschafft hat reiche Frucht gegünnet.
Ich mache mir Gedancken, daß Deutschland immerdar,
Es tobe, wer da wolle, wird bleiben, was es war,
Im Fall mit fremden Schanden die deutschen Redligkeiten,
Vielmehr mit deutschem Hertzen, wir bessern, nicht bestreiten.
27.
Das neue Jahr
Abermals ein neues Jahr! immer noch die alte Noth!
O, das alte kümmt von uns, und das neue kümmt von Gott.
Gottes Güt ist immer neu; immer alt ist unsre Schuld;
Neue Reu verleih uns, Herr, und beweis uns alte Hold!
28.
Das vergangene Jahr
Gott sey Danck! das alte Jahr ist auffs neue nun verstrichen.
Gott sey Danck! viel arges Ding ist mit solchem hingewichen!
Herr, vergieß, was wir gethan; das, was du uns zugemessen,
Wollen wir, wir warens werth, nimmer zehlen, gar vergessen;
Arges Thun bracht argen Lohn; was uns gutes wird geschencket,
Kam von deiner Güt und ist würdig, daß man dran gedencket.
29.
Büssen
Auff finstres folget Licht; auff Nächte folgen Tage;
Wie kummts, daß nimmer Ruh sich finden wil auff Plage?
Wie kummts, daß nimmer Reu sich finden wil auff Sünden?
So würde sich das Heil auff Straffe leichtlich finden.
30.
Vergangenes Übel
Es gieng gleich, wie es gieng, doch hat, was uns gegunt
Der Gott- und Menschen-Feind, zu thun noch nie gekunt.
Es gieng gleich, wie es gieng, noch gieng es also doch,
Daß Gott noch steht bey uns und wir bey Gotte noch.
31.
Die Stunden
Mensch! vertraue keinen Stunden, weil sie nimmer stille stunden;
Du lauffst mit und hast dich blitzlich deinem End entgegen funden.
32.
Ein fromer Edelmann
Mag dann auch ein Rittersmann
Redlich, from und ehrbar seyn?
Dünckt mich doch, es steht schlecht an,
Gibt auch einen feigen Schein.
Ein Bericht ist noth: Ob der,
Der ein Rittersmann sonst heist,
Bloß gehör ins Teuffels Heer;
Dann so hat sichs selbst geweist.
33.
Versehung
Ist mein Erwelung wol durch Gottes Schluß geschehn?
Werd ichs nur nicht versehn, so bin ich wol versehn.
34.
Der Neid
Die Ehr ist wie ein Thurn, der Neid die Wetterfahn;
Wanns auff die Spitze kümmt, so geht das wenden an.
35.
Beharren
Der Ofen wärmt die Stube, thut solches unbereut,
Ob gleich ein alte Mutter die Hinter-Stirn ihm beut.
Wer recht geht, gehe weiter und frage nichts darnach,
Ob Hasser oder Spötter braucht List, Verleumdung, Schmach.
36.
Eigen-Liebe
Buhler sind gemeinlich Blinden; wer ihm selbst buhlt, der ist Blinder;
Dann der Buhler buhlt dem Buhler, buhlt und wird gebuhlt nicht minder.
37.
Erkäntnüß seiner
Der Schaten pflegt zu stehn, nach dem die Sonne steht;
Niemand ist, wann sie scheint, der ohne Schaten geht;
Niemand ist, dem nicht was von Thorheit folgte bey;
Der, dem der Sinn ist klar, der merckt, wie groß sie sey.
38.
Vergängliche Gesellschafft
Ein guter Freund, ein reiner Wein und dann ein klares Glas,
Die waren nechst in ein bey mir; diß laß mir gelten was!
Hör aber, was geschiehet drauff: Das klare Glas zerbricht;
Der reine Wein verraucht; der Freund fällt schmertzlich in die Gicht.
39.
Belohnungen
Den Thaten alter Zeit sind ietzige nicht gleich;
O, dieser Zeit Vergelt ist nicht wie jener reich.
40.
Fleiß zur Tugend
Der Tugend theure Wahr, wer was von dieser hält,
Der kauffe sie um Müh; sonst gilt kein ander Geld.
41.
Grabschrifft einer Buhlerin
Die hier liegt, ist allen nichts, die vor allen alles war;
Ihrer Buhler grosse Reih ist ietztund der Würmer Schaar.
42.
Ewiger Lentz, an eine Fürstliche Person
Herr, ob ietzt begraben liegt Lust und Zierde der Natur,
Weil der graue Flockenmann drüber führt die raue Spur,
Gleichwol haben Euer Augen, Euer Mund und Eure Sinnen
Immer Frucht und immer Blumen, immer Labsal zu gewinnen;
Dann deß Himmels reiches Gut ward so gütig Euch und hold,
Daß Euch in die Armen fällt Euer Frühling, wann ihr wollt.
43.
Über deß nackten Cupidinis Bildnüß, welchen seine Mutter züchtiget
Was hat doch verbrochen der liebliche Knabe,
Daß ihme so ernstlich die Mutter streicht abe?
Er hat sich gesaumt, daß gepaarten in Orden
So langsam Chlorindis ist einverleibt worden.
44.
Über ein Fürstliches Bildnüß
Fürstin, wann nechst Eurem Bild Eure Schönheit stille steht,
Bringt sie leichtlich Irrthum dem, der sie zu verehren geht.
45.
Auff Mammosam
Mammosa hat den Berg Parnassus auff der Brust;
Dann dem, der drauff entschlieff, ist mehr als mir bewust,
Wann ihm vielleicht geträumt, was ihm für Regung kam,
Auch ob er seinen Weg zum Ritter-Bronnen nam,
Und was er da gewürckt. Mich dünckt, er hat geticht,
Was auff drey Viertel-Jahr erst kummen wird ans Licht.
46.
Grabschrifft einer Hure
Hier liegt, die gerne lag;
Hat immer Nacht für Tag,
Weil als der Tag die Nacht
Ihr mehr Belieben bracht.
Nur diß ist ihr Beschwer:
Die Armen sind ihr leer.
Der Tod liegt ihr am Arm
Und macht ihr doch nicht warm;
Die so geliebte Schoß
Deckt ietzt ein Erdenkloß.
47.
Der Menschen Unbeständigkeit
Sein Eigenschafft und Art bekam ein iedes Thier,
Und wie sie einmal war, so bleibt sie für und für:
Der Löw, der bleibt behertzt; der Hase, der bleibt scheu;
Der Fuchs, der bleibet schlau; der Hund, der bleibet treu;
Der Mensch nur wandelt sich, vermummt sich immerdar,
Ist diese Stunde nicht der, der er jene war.
Was dient ihm dann Vernunfft? Sie hilfft dahin ihm ein,
Daß er kan mit Vernunfft recht unvernünfftig seyn.
48.
Schweine
Säu sind Säu, so weit sie leben,
Machen Koth und fressen Koth,
Wollen erst, nach dem sie todt,
Gute Würst und Braten geben.
49.
Poetinnen
Ob Weiber mügen Verse schreiben?
Diß Ding zu fragen lasse bleiben,
Wer Sinnen hat; dann solten Sinnen
Nicht auch die Weiber brauchen künnen?
50.
Von meinen verlornen Reimen oder Getichten
Nun der Frieden über Krieg
Endlich hat erkriegt den Sieg,
Pfleg ich gleichwol nachzudencken,
Wie mich pflegte Krig zu kräncken.
Was er brachte für Beschwer,
Dient zu sagen, hier nicht her;
Was in meiner Jugend Mäyen
Von der Venus Kindeleyen
Ich gezeichnet auff Papier,
Dieses auch entführt er mir.
O, ich wolt ihm wol verzeihen,
Wann bey diesen Lappereyen
Die gepächte, krumme Hand
Ferner sich hätt abgewand!
Aber doch es wird nicht funden,
Was die Wölffe vor verschlunden.
Hat dir Mars nun was geweist,
Venus, wie ich dich gepreist,
So behalts, kan dichs vergnügen;
Aber mir wils nimmer tügen;
Was dem Mars kam in die Hand,
Hält den Fluch gantz unverwandt.
51.
Die Kunst-Göttinnen sind Weibspersonen
Sind die keuschen Castalinnen Frauen-Bilder, wie sie sind?
Ey, so kümmt euch her von Weibern alles, was ihr Tichter künnt.
52.
Poetinnen
Wann Weiber Reime schreiben, ist dupelt ihre Zier;
Dann ihres Mundes Rose bringt nichts als Rosen für.
53.
Vergunte Trunckenheit
Ich habe Lust zu trincken bey dem, der voll schenckt ein
Barmherzigkeit und Güte; da kan ich lustig seyn.
54.
Die H. Schrifft, der beste Schatz
Wo eure göldne Frucht, Hesperides, ietzt stehet,
Wo wer, Alcinous, in deinen Garten gehet,
Wo Argo und sein Held nach Gold in Colchos schifft,
Weiß keinen ich, der ietzt dahin die Wege trifft.
Was Pelops, Attalus, was Crœsus schwangre Kasten
Von Golde, Geld und Gut für Zeiten in sich fasten,
Nützt nur so viel, daß der, der gar zu viel drauff denckt,
Den Leib gemein an Baum, die Seel an Nagel henckt.
Deß Tagus reicher Sand, Pactolus göldnes flissen
Bringt mehres uns nicht ein, als daß davon wir wissen;
Was sonst die reiche Welt in ihrem Busem hält,
Ist irrdisch-schweres Gut, kümmt, bleibt, geht mit der Welt.
Ein iedes ist doch Wind, Rauch, Schaten, Schlaf und Träume;
Die Zeit reist alles hin, sie leidet keine Zäume;
Was kummen war, das geht; was ist, das bleibet nicht;
Der Abend läugnet offt, was vor der Tag verspricht.
Drum weg, nur immer weg mit diesen Nichtigkeiten!
Mit diesem armen Gut und diesen runden Zeiten
Deß taumelnden Gelücks! nur weg, du gelber Koth,
Der alle Welt befleckt, erwecket alle Noth!
Was beßres ist mir kund, war werthers ist zu finden,
Darauff sich meine Seel in Nöthen starck kan gründen,
Dem alle Welt nicht gleicht, für dem, was gilt, nicht gilt,
Daß hier die Erd erhält und dort den Himmel völlt.
Ich weiß den edlen Grund, ich weiß den theuren Garten,
Ich weiß die göldne Frucht, ich weiß die reichen Fahrten,
Da was man darff, man hollt; ich weiß das schöne Geld,
Das unsren Leib für Noth, für Tod die Seel erhält.
Ich weiß daß frische Quall, drauß göldne Ströme flissen,
Die unsren Sinn und Hertz mit Freud und Trost begissen;
Ich weiß das reine Gold, dem Zeit nicht schaden thut,
Daß schmeltzen auch nicht wird deß letzten Tages Glut.
Dein Wort, dein Wort, o HErr! gilt mir für alle Schätze;
Dein Wort, HErr, ist das Gold, damit ich mich ergetze;
Dein Wort, HErr, ist mein Gut, drauff meine Seele traut,
Drauff sich mein Mut gesetzt, drauff sich mein Leben baut.
Daß ich, der ich bin, bin, und daß ich nachmals werde
Deß Lebens durch den Tod, deß Himmels von der Erde,
Macht alles, HErr, dein Wort. Dein Wort und deine Hold
Deckt meine Mängel zu, vertilget meine Schuld;
Dein Wort ist meine Krafft: ich darff nicht unter liegen;
Ich darff mich keinem Glück an seine Füsse biegen.
Dein Wort is meine Macht, Helm, Harnisch, Schwerdt und Schild,
Darwider Teuffel, Welt, Tod, Sünde, Fleisch nicht gilt;
Dein Wort ist meine Freud auch mitten in dem Leiden;
Dein Wort ist auch mein Heil, wann Leib und Seele scheiden;
Dein Wort nimmt mich der Welt und bringt mich auß der Noth,
Schenckt mir die Ewigkeit, gibt mir dich, dir mich, Gott!
55.
Undanck
Dem, der Undanck trägt davon, diesem trau ich gerne zu,
Daß er redlich sich verhält und mit Treuen alles thu.
56.
Lob-Sprecher
Meistens lobt man alle Fürsten, wie sie leben, weil sie leben;
Sind es dann nicht Heucheleyen? Nein; es ist gar recht und eben,
Daß man ihre Laster theils nicht verhaster etwa macht,
Daß man sie erinnert theils, wo sie sonst nicht drauff gedacht.
Also kan man dann die Pillen, die sonst bitter wollen schmecken,
Scheinlich machen und vergolden und die Pflicht ins Lob verstecken.
57.
Gerechtigkeit
In einer hat das Schwerdt, in andrer Hand die Schalen
Gerechtigkeit; dann so siht man sie meistens mahlen.
Wie so? Weil sich zur Wag ein Schwacher gerne kehrt,
Ein Starcker aber nicht, der gerne fast das Schwerdt.
58.
Kleinmütigkeit
Hoch kümmt schwerlich der, der doch
Wenig achtet, wann er hoch.
59.
Welt-Gunst
Die Welt-Gunst ist ein See,
Darinnen untergeh,
Was wichtig ist und schwer;
Das leichte schwimmt daher.
60.
Fürsten und Herren
Daß Fürsten Menschen sind als andre Menschen mehr,
Das glaubt gemeine Schaar gar willig und gar sehr;
Es hält gemeine Schaar sie spöttlich wieder auch,
Wann spöttlich sie begehn gemeiner Leute Brauch.
61.
Obrigkeit und Unterthanen
Beyde sollen fürchten recht Obrigkeit und Unterthan,
Dieser jen, und jene Gott; so geht iedes seine Bahn.
62.
Leibes-Grösse
Als sich Saul, der lange König, so nicht hielte, wie er solte,
That der kurtze König David besser, was der Höchste wolte.
63.
Ein König und Tyrann
David war ein fromer Hirte, Nimrod ein gewaltsam Jäger.
Fürsten sollen seyn deß Volckes nicht Zersteuer, sondern Häger.
64.
Ein perfecter Cavallier
Rüstig, streitbar, auch verständig, schön, mit dem der HERR auch ist,
Wann ein solcher Held sich findet, ist er von Gott selbst erkiest.
65.
Zutrit bey hohen Hauptern
Ohne Gaben soll man nie hin für grosse Herren stehen;
Ohne dancken soll man nie weg von grossen Herren gehen.
66.
Huren-Kinder
Banckarte sind tapffre Leute; wannen kümmt doch dieses her?
Weil sie Lieb und gegen-Liebe fleissig zeugt, nicht ohngefehr.
67.
Der Tugend-Lohn
Durch die Ehr und reichen Lohn kan die Tapffrigkeit erwachen;
Aber Ehr und reicher Lohn kan die Tapffrigkeit nicht machen.
68.
Begierden
Wann Begierd und nicht Vernunfft lieben wil, so liebt sie wol
Selten, was sie lieben mag, meistens, was sie hassen sol.
69.
Bücher und Kinder. Libri et Liberi
Wann Priester versterben,
Was findt sich zu erben?
Viel Bücher, viel Kinder,
Gar selten viel Rinder.
70.
An einen guten Freund über dem Abschiede von seiner Liebsten
Freund, da ieder sich ietzt freut, daß mit dieses Winters Frösten
Auch deß langen Krieges Eiß werde schmeltzen und den Lüsten
Nechsten Frühlings sich die Zier auch deß Friedens mischen ein,
O, so seh ich dein Gesicht trübe, blaß, naß, kräncklich seyn.
Wolte Gott! noch dir noch mir wär die Ursach also kündig!
Mir zwar ist sie in dem Sinn, aber dir, dir ist sie fündig,
Wo du hin gehst, sihst und stehst, was du denckest, was du thust;
Drüber mangelt leider dir deine Friedens-Frühlings-Lust.
Deine Frieden-Frühlings-Lust hat deß Krieges raues stürmen
Offt geblast, doch nie gestürtzt; aber ach! deß Grabes Würmen
Gab der Tod zum Opffer sie, ohngeacht das halbe Theil
Deiner dran verbunden hing, auch wol gar dein sterblich Heil.
Weder Schatz, wie groß er sey, ist uns Männern so ersprießlich,
Weder Freund, wie gut er sey, ist uns Männern so genißlich,
Als der uns in Armen schlieff; dann die angetreute Treu
Herrschet über Leid und Zeit, wird durch alt seyn immer neu.
Wem ist mehr als mir bewust, wie die Jugend eurer Liebe
Erstlich wuchs und weiter wuchs? Aller Grund, worauff sie bliebe,
War die Treu und Redligkeit. Anders was das tauret nicht;
Was sich auff vergänglich Ding stützet, das verfällt und bricht;
Was die Tugend baut, das steht. Wann ich dencke mehr zurücke
Auff die nun verrauchte Zeit, auff mein mir begrabnes Glücke,
Denck ich auch zugleiche fort auff der Freundschafft Schwesterschafft,
Drinnen dein und meine Lust unverbrüchlich war verhafft,
Wie sich dein und meine Lieb unter sich so lieblich liebten,
Auch deß Blutes nahe Pflicht durch vertraute Sinnen übten.
Als der Tod mein erste Treu gleich verbarg in frischen Sand,
Dennoch hat das liebe Mensch ein vertrautes Freundschaffts Band
Auff die Meinen unverfälscht immer fort und fort erstrecket,
Biß nun auch deß Todes Neid ihr das letzte Ziel gestecket.
Sey gesichert, treuer Freund, daß dein Augen nicht allein,
Sondern mir und meinem Haus in Gesellschafft wäßrig seyn.
Welcher das gemeine Falsch, das die Welt für Witz verhandelt,
Kennt und hasst, dem wird sein Hertz auff betrübten Mut gewandelt,
Wann ein redlich-fromer Christ hin sich sichert in den Sarck,
Weil das From geschwächt dadurch und verstärcket wird das Arg.
Nun was hilffts? Es muß so seyn! in der Welt von Kindes Beinen
Hat man, daß der Mensch verstarb, hören klagen, sehen weinen;
Nun sie auff der Gruben geht, wird es anders wol nicht seyn,
Als daß iederman in ihr, sie auch kürtzlich selbst geht ein.
Ey gar gut! was dünckt uns wol, wann wir stetig solten leben,
Solten stets der Teuffeley dieser Welt seyn untergeben?
Nemen wir noch eine Welt und bestünden noch einmal,
Was bißher uns dreissig Jahr zehlten zu an Noth und Qual?
In der Welt sey, was da wil, find ich doch nichts beßres drinnen,
Als daß fromes Bieder-Volck selig endlich sterben künnen,
Destomehr weil nun die Welt wie ein kindisch-alter Greiß
Beissig, garstig, satsam wird, bloß auch nur zu nuseln weiß.
Weiche Gott und rechtem Sinn, werther Freund, und dich zusammen
Sey zu sammlen nur bemüht! was dir Gott zu deinem Stammen
Vor an lieben Kindern gab, wie daß er sie wieder nam?
Daß die Mutter, wust er wol, ihnen bald hernacher kam.
Auch den Sohn, der eher starb, eh er anfing hier zu leben,
Der mit finstrer Nacht beringt, sich zum Grabe vor gegeben,
Eh er sich ans Licht begab, hieß der HERR gehn nahe vor,
Daß die Mutter er sagt an oben in der Engel Chor.
Weil nun Gott die Mutter nam, o, so wird sich noch wol zeigen,
Wo sich Gottes weiser Rath dir zum besten hin wird neigen.
Deine Friedens-Frühlings-Lust hat deß Todes Tuch verhüllt;
Aber sind wir wol gewiß, daß sich gäntzlich setzt und stillt
Alles Unfalls zornig Meer; ob sich Fried im Frühling finde,
O, wer ist, der dieses glaubt? Wer es glaubt, der wird zum Kinde.
Welt wird immer bleiben Welt, ist deß bösen so gewohnt,
Daß sie dem, der nicht wie sie raset, spöttisch abelohnt.
Gibt der HERR den Frieden gleich, o, es wil mich immer düncken,
Wie ich noch seh seinen Arm außgestrecket, uns zu wincken,
Weil so sicher wir, verstockt, ja so wenig danckbar seyn!
Wissen wir, was wir von Brot künfftig werden sammlen ein,
Weil der Himmel fast ein Jahr so gar reichlich wollen weinen?
Wissen wir, ob Mensch und Vieh sich wird sicher künnen freyen
Für der Seuchen schneller Gifft? O, wer weiß, was sonst für Joch
Uns der Unfall unversehens sonsten wo kan schnitzen noch!
Weil der Teuffel nun forthin wird vom kriegen müssig werden,
Wird er sonst gar wirtlich seyn uns zu kochen viel Beschwerden.
Was die Welt schätzt also gut, daß man Hab und Gut erwirbt,
Lieber, wem ist dieses gut? O, durch welchen man vertirbt,
Diesem lohnt man miete noch. Wie die Honig-Meisterinnen,
Wie das Wollen-Träger-Volck, was sie sammlen, sammlen künnen
Ihnen selbst nicht: So auch wir müssen lassen machen Preiß,
Drüber auff dem Maule lag, auch wie Wasser man goß Schweiß.
Drum so bleibt nur dieses gut: Wen der Tod hat weggenummen,
Dieser ist gestorben nicht; dieser ist zum Leben kummen;
Dann hier ist der sichre Port aller Unvergängligkeit;
Dann hier ist die feste Burg aller stoltzen Sicherheit.
71.
Großmut und Hochmut
Großmut gilt und Hochmut nicht.
Jener steht, und dieser bricht;
Dieser pflegt sich selbst zu fällen;
Jener pflegt sich hoch zu stellen;
Jener schaffet, was er wil,
Dieser schaffet selten viel.
72.
Vermumte Tugend
Manches Laster thut so viel, als die Tugend manchmal thut;
Wer die Müntze recht nicht kennt, dem ist ieder Groschen gut.
73.
Thätligkeit
Wer nimmer nichts versucht, der weiß nicht, was er kan;
Die Übung würckt uns auß; Versuch, der führt uns an.
74.
Der Liebe Honigthum
Die Buhler sind Bienen; die Jungfern sind Rosen;
Gedancken sind Honig, zum schmeicheln und kosen.
75.
Eines Fürsten Amt
Ein Fürst ist zwar ein Herr; im Fall er herrschet recht,
So ist er seinem Volck als wie ein treuer Knecht;
Er dient zu ihrem Heil, er müht sich, daß er schwitzt,
Daß sein vertrautes Volck gedieg- und rühglich sitzt;
Er wacht, damit sein Volck fein sicher schlafen kan;
Er stellt sich für den Rieß, nimmt allen Anlauff an,
Ist Nagel an der Wand, daran ein jeder henckt,
Was ihn beschwert und drückt, was peiniget, was drängt;
An Ehren ist er Herr, an Treuen ist er Knecht;
Ein Herr, ders anders meint, der meint es schwerlich recht.
76.
Gott dient allen; wer dient ihm?
Gott schafft, erzeucht, trägt, speist, tränckt, labt, stärckt, nährt, erquickt,
Erhält, schenckt, sorgt, beschert, vermehrt, gewehret, schickt,
Liebt, schützt, bewahrt, erlöst, beschattet, benedeyt,
Schirmt, sichret, führt, regirt, errettet, hilfft, befreyt,
Erleuchtet, unterweist, erfreut, sterbt und erweckt,
So daß sich fort und fort sein Heil auff uns erstreckt.
Mit allem dienstu, Gott, uns allen! ist auch wol,
Der dir dient, einer nur und dient dir, wie er sol?
77.
Heuchler
Heuchler thun mutwillig arg, sind gantz frech zu frevlen Thaten.
Schweig! ihr Thun wird wie ein Kind, das nicht zeitig war, gerathen.
78.
Ehrgeitz
Kein Regiment ist ie so gut, das allen möchte tügen.
Regiren selbst, das wil mehr, als regiret seyn, vergnügen.
79.
Fürsten-Diener
Wann diener löblich rathen,
So sinds der Herren Thaten;
Wann Herren größlich fehlen,
Ists Dienern zuzuzehlen.
80.
Fromer Herr, schlimme Diener
Ist gleich ein Herr gerecht,
Ist aber arg sein Knecht,
So wird der Herr doch ungerecht,
Dieweil er hegt den argen Knecht.
81.
Ein Gnad-seliger Diener
Fürsten werffen offt auff einen alle Sach und alle Gunst;
Wann nun dieser hat gefehlet, ist Verbesserung umsonst.
Alles kan verrathen einer; einer kan nicht allem rathen;
Gut ist, was viel Augen lobten; leicht ist, was viel Hände thaten.
82.
Hoheit und Würde
Worauff steigt doch ein Fürst auff einen hohen Thron?
Was weltlich Thun betrifft, ists Reputation.
83.
Ansehen
Das Ansehn wird geboren, erzogen und gespeist,
Wann, wie sich ihm gebühret, ein ieder sich erweist.
Wann Kauffleut Edelleute, und Pfaffen Krieger spielen,
Wird Ansehn keinem kummen, weil sie den Zweck verzielen.
84.
Bosheit
Die Bosheit, die für sich in keinem Wesen steht,
Befleist sich, daß sie stets auff etwas gutes geht.
85.
Friede auff den Frühling
Man verhofft des Friedens Lust mit der nechsten Frühlings-Lust;
O, daß wo nicht kumme drein etwa noch ein Mäyen-Frost!
86.
Der oßnabrugische Friede
Den Oßnabrug gebar, der Fried ist wie ein Beer:
Zu Nürnberg formt man ihn und kehrt ihn hin und her.
87.
Der deutsche Friede
Was kostet unser Fried? O, wie viel Zeit und Jahre!
Was kostet unser Fried? O, wie viel graue Haare!
Was kostet unser Fried? O, wie viel Ströme Blut!
Was kostet unser Fried? O, wie viel Tonnen Gut!
Ergetzt er auch dafür und lohnt so viel veröden?
Ja; wem? Frag Echo drumm; wem meint sie wohl? [Echo.] den Schweden.
88.
Der Leute Gesundheit, der Ärtzte Kranckheit
Wem ich ein gesundes Jahr wüntsche, weiß mir ieder Danck;
Nur der Doctor wil nicht dran: andrer frisch das ist sein kranck.
89.
Das Mittel
Wann das beste nicht zu haben, neme man für gut das gute,
Auch für lieb, ist nicht ein tapffrer, dennoch mit dem fromen Mute.
Wem die Flügel nicht gewachsen, kan die Wolken nicht erreichen;
Wer nicht hat deß Adlers Augen, muß der Sonne Stralen weichen.
90.
Ein Rath
Wann ein Rath nicht kennt den Fürsten, und der Fürste nicht den Rath,
Räth sichs übel, folgt sichs übel, und der Rath hat keine That.
91.
Fürsten- und Pöfel-Regiment
Ein gutes Fürsten-Regiment gibt mehr- und beßres frey,
Als wol deß leichten Pöfel-Volcks verwirrte Policey,
Die stets auff blindem Willen geht, übt freche Tyranney.
92.
Auff den eigensinnigen Witzel
Witzel ist der Buhler Paris, seine Meinung Helena;
Diese liebt er, diese schätzt er, ob gleich Krieg ist drüber da.
93.
Gegenwärtiger und vergangener Zustand
Glücke kennt man nicht, drinne man geboren;
Glücke kennt man erst, wann man es verloren.
94.
Beyspiele
Wilstu Fürsten Regeln geben,
Gib der andren Fürsten Leben;
Heb sie über Bös empor,
Zeuch nicht ihnen Beßre vor.
95.
Versuchen
Wer hoch zu steigen denckt, kümmt der nicht auff die Spitze,
Kümmt doch durch steigen mehr er fort, als ob er sitze.
96.
Gewaltsame Herrschafft
Wer durch Eisen wird ein Herr, muß sich an das Eisen halten;
Sonsten wird das Eisen selbst ihn nicht leichtlich lassen alten.
97.
Auff Fuscum
Bey sieden, kochen, braten
Wirbt Fuscus ihm Soldaten;
Die Drommel sind die Teller;
Bezahlung gibt der Keller;
Der Krieg ist schmeicheln, schmausen,
Schmarotzen, bübeln, mausen.
98.
Aufferstehung der Todten
Wer nicht glaubt das Aufferstehn, dem ist ferner wol erlaubt,
Daß er glaube, was er wil, wann er auch gleich nichts nicht glaubt.
99.
Reichthum
Viel haben nicht, nicht viel bedürffen machet reich;
Was ists, was ich nicht darff, wann ichs nicht habe gleich?
100.
Zuwachs der Diebe
Diebe, die der Krieg gesäet, läst der Friede reichlich finden,
Und der Hencker meit sie abe, wird in Hanff die Garben binden.
Desz andren Tausend drittes Hundert
1.
Der Tod
Ob uns gleich der Tod reist hin, ist von uns doch nichts nicht seine.
Unsre Seele kümmt ihm nicht; unser Haut, Fleisch und Gebeine
Wird uns schöner und verklärt sam der Seele wieder geben
Jene Zeit, die ohne Zeit uns auffs neue heisset leben.
2.
Das Fegefeuer
Ist ein Fegefeuer wo? Darff doch dieses keiner dulden,
Der ein böses Weib hat hier, Armut, Darmgicht, grosse Schulden.
3.
Paucken
Mammæa führt zwey Paucken, die regen Blut und Mut;
Hier thut es sehn und fühlen, was sonsten hören thut.
4.
Die Gicht
Die Gicht verbeut den Wein zu trincken,
Sonst mustu liegen oder hincken.
Mich dünckt, es sey ein groß Verdruß,
Wann über Maul regirt der Fuß.
5.
Deutsche Treu
Wie daß Glaub und Treu ietzund nur wie Rauch man achten mag?
Sehen wir nicht, daß Deutschen ietzt gerne trincken Rauch-Taback?
6.
Einname und Außgabe
Drey Heller kummen ein; sechs Heller gehen auß;
Wann Wirthschafft geht also, so geht sie durch das Haus.
7.
Die blühende deutsche Sprache
Deutschen sind so alte Leute,
Lernen doch erst reden heute.
Wann sie lernen doch auch wolten,
Wie recht deutsch sie handeln solten!
8.
Eines Fürsten Bewust von den Seinen./Schweinen
Ist deß Fürstens gröste Tugend, daß er die kennt, die sind Seine?
Ist deß Fürstens gröste Tugend, daß er kennt die wilden Schweine?
Jenes, wil ich feste glauben, sey deß Fürstens eigne Pflicht;
Dieses, glaub ich, sey deß Försters, sey deß Fürstens eigen nicht.
9.
Auff Stintiam
Stintia wehrt ihrer Ehren; wer ihr was wil muthen an,
Ey, der muß es schwer entgelten, sie erzeigt sich als ein Mann;
Dann sie greifft bald zum Gewehre, wer entwerden kan, ist froh;
Doch wer etwas mehr ist witzig, stehet still; es ist nur Stroh.
10.
Schoen, versetzt: O Schne
Wie Schoen, wie weiß ist Schne! O, biß die Sonne sticht;
Und Schoen hat alt und kranck auch leichtlich hingericht.
11.
Regir- oder Welt-Kunst
Die Welt-Kunst ist ein Meer; es sey Port oder Höhe,
Ist doch kein Ort, da nicht ein Schiff wo untergehe;
Wo dieser segelt fort, fährt jener an den Sand;
Also wie der, der fremd, irrt der, der gleich bekannt.
12.
Kleider
Pferde kennt man an den Haaren;
Kleider künnen offenbaren,
Wie deß Menschen Sinn bestellt,
Und wie weit er Farbe hält.
13.
Fruchtbringende Gesellschafft
Ich bin zwar auch ein Theil und denen beygestellet,
Die ihres Geistes Hoch zusammen hat gesellet
Zu treffen einen Bund, zu würcken tapffre Frucht,
Daß deutsches Hertz und Mund von neuem auffgesucht
Und seiner Würd und Zier sey wieder übergeben,
Und dürffe ferner nicht ein armer Sclave leben
Der fremden Pralerey. Das Miltzkraut soll ich seyn;
Verkleinern soll ich stets, soll helffen treiben ein
Den auffgeschwollnen Miltz, die Art der stoltzen Sinnen,
Die sich in ihnen selbst beherbergen nicht künnen,
Und denen viel zu eng ihr deutsches Vaterland.
Sie lassen eignen Werth und wehlen fremden Tand,
Erkiesen Glas für Gold und wollen nichts beginnen,
Was diesem ist gemäß, was etwa kümmt von hinnen.
So wie in Kleidern sie nunmehr sind Deutschen nicht,
So soll auch nicht mehr deutsch seyn, was die Zunge spricht.
Wie muß das Hertze seyn? Ich wil zwar nicht ermüden,
Daß stets an ihren Orth sey meine Pflicht beschieden;
Daß ich, Verkleinernder, verkleinre nicht den Stand,
Den mein Kraut unverhofft in diesem Garten fand,
Wo so viel Cedern stehn und reiche Palmen prangen.
So aber, was ich soll und wil, nicht zu erlangen,
So neme man für gut, ob Saamen ich nicht zieh,
Daß ich doch blüh, das ist: mich immerdar bemüh.
14.
Raitungen
Die Einnam ist das Weib; die Außgab ist der Mann.
Wann beyde treffen ein, ist Rechnung bald gethan,
Wiewol es besser ist, es sey ein Überschuß.
Nur daß kein Rest verbleibt; dann dieser gibt Verdruß.
15.
Fastnacht
Fastnacht ist die schnöde Nacht, die das Christenthum fast schwärtzet,
Drinnen sich die geile Welt mit dem schwartzen Buhler hertzet.
16.
Auff Splendulam
Splendula, dein Roth und Weiß hat es offt gemacht,
Daß es wurde lichter Tag mitten in der Nacht.
17.
In Fusculam
Fuscula, dein Gelb und Schwartz hat es offt gemacht,
Daß es, wann es Mittag war, wurde Mitternacht.
18.
Tag und Nacht: Leben und Tod
Wann auff Tag nicht käme Nacht, würden wir gar bald erliegen;
Auch der Tod geht darum vor, daß wir rechter leben mügen.
19.
Schönheit
Wann schöne Weiber bitten, so heist es schaffen doch;
Da bitten schöne Weiber, in dem sie schweigen noch.
20.
Von der Urania
Ist Urania der Himmel? Ja; ihr Buhler, glaubt es gerne!
Dann die Milchstraß ist verhanden und die zwey Geschwister-Sterne,
Die den Segel spannen auff und ihn heissen pflügen fort
Durch das tieffe, nasse Saltz in den fürgehabten Port.
21.
Der Sitzer, Anus
Der Sitzer und ein altes Weib (wie muß doch dieses kummen?)
Sind auff lateinisch einerley, weil beyde gerne brummen.
Iedoch ob diß bedencklich ist, geschiehts vielleicht, dieweil
Das garstig Alter billich ist der Jugend Hintertheil.
22.
Hofe-Leute, versetzt: hohe Teufel
Hofe-Leute, hohe Teufel; ist es nicht zu viel gesaget?
Nein, weil mancher arme Leute sehrer als der Teuffel plaget.
Falschheit und Betriegligkeiten, Hinderlist, Verleumdung, Lügen
Sind deß Hofes Meisterstücke, sind deß Teuffels sein Vergnügen.
23.
Der rasende David
Wer bey Achis denckt zu leben, wer bey Welt denckt fortzukummen,
Muß bald haben Narren-Kappe, Doctors-Hut bald angenummen.
24.
Auff Vitum
Veit gab seine Treu zu pfande; die hat längst schon sich verstanden;
Weil sie niemand denckt zu kauffen, bleibt sie Gläubigern in Handen.
25.
Auff Hyellam
Der liebe Frühling hat Hyella nie gemocht;
Der liebe Sommer hat Hyella nie gesucht;
Der liebe Winter hat Hyella stets verflucht;
Sie liebt der liebe Herbst, das ist: der Liebe Frucht.
26.
Auff Duplum
Duplus hat nicht duple Stärcke, da er doch hat duples Hertze;
Dann er führet duple Sinnen: sagt im Ernste, meint im Schertze.
27.
Ein Tyrann
Ein Tyranne denckt dahin: hat er nicht der Leute Willen,
Daß er seinen Willen doch mit den Leuten mag erfüllen.
Wenig liegt ihm auch daran, ob er Liebe gleich nicht hat,
Wann in dem nur, was er wil, ieder seinen Willen that.
28.
Ein gütiger Abschlag
Nimmt er gleich nicht, was er wil, ist ein gütig abeweisen
Dennoch für den armen Mann an den Hohen noch zu preisen.
29.
Redligkeit
Wer gar zu bieder ist, bleibt zwar ein redlich Mann,
Bleibt aber, wo er ist, kümmt selten höher an.
30.
Die Welt
Die Welt ist wie ein Meer; ein ieder geht und fischt,
Nur daß den Walfisch der, den Stockfisch er erwischt.
31.
Deutschland wieder Deutschland
Das Eisen zeugt ihm selbst den Rost, von dem es wird verzehret;
Wir Deutschen haben selbst gezeugt die, die uns ietzt verheeret.
32.
Auff Bardum
Bardus ist nur darum da, daß er da ist; o, es wollte,
Da er ward, sein Vater nicht, nur die Mutter, daß er solte.
33.
Die Begierden
O, die Räthe, die sich kleiden in deß Fürsten Kleid und Zierden,
Leiden selten andre Räthe; wer dann sind sie? Die Begierden.
34.
Der Argwohn
Dieses kan man zwar wol thun, daß man leichtlich nimmer traue;
Nur daß nicht, das man nicht trau, leichtlich an uns iemand schaue.
35.
Man wags
Wer nichts auff Glücke wagt, stellt alles nur auff Rath,
Irrt offt so sehr, als der gewaget alles hat.
36.
Die Vernunfft
Besser haben keine Hand,
Als ein Hertz und nicht Verstand.
37.
Der Bart
Man fleist sich ietzt den Bart vom Maule zu gelosen
Und meint, es kumme her, ich glaubs auch, von Frantzosen.
38.
Bart-Wachs
Die Deutschen heissen sonst Garmänner, und der Bart
(Hilt weiland man dafür) vermehret männlich Art.
Ietzt scheren wir den Bart so völlig ab, so rein;
Ey, wollen wir vielleicht Garweiber lieber seyn?
39.
Weiber-Schmuck
Der Schmuck der zarten Frauen steht nicht im Haare flechten;
Drum lassen sie sie fliegen zur lincken und zur rechten.
40.
Hofe-Stellungen
Es stecket Ja im lincken, im rechten Backen Nein;
Ja-nein, das wil bey Hofe vermischet immer seyn.
41.
Der beste Wechsel
Das verwesen
Bringt genesen;
Das verzehren
Kan verklären
Uns gewehren.
42.
Ein Schmarotzer
Bey Hof ist meistens der ein tapffrer Edelmann,
Der Reinkens Hintertheil im Wapfen weisen kan.
43.
Fürsten-Freundschafft
Fürsten sind genädig zwar; selten sind sie rechter Freund;
Wer es glaubt, glaubt, was nicht ist, glaubet das nur, was da scheint.
44.
Von einem Köhler
Ein Köhler starb und stund; wie must es zu dann gehn?
Er fiel nie; dann er glaubt auch nie das aufferstehn.
45.
Bis, wer du warest
Wer eine Tugend einmal übt,
Eh er sie leichtlich übergibt,
So geb er eher hin sein Leben;
Sonst muß er doch den Namen geben.
46.
Ein menschlich Vieh
Mancher kan nichts, weiß Vernunfft rühmlich nicht zu weisen,
Suchet drum durch Unvernunfft, daß man ihn soll preisen.
47.
Ein vernünfftig Weib
Wer nach einem Engel freyt, trifft offt einen Teuffel an.
Alles trifft, wer nur Vernunfft an die Seite haben kan;
Dann Vernunfft schmückt trefflich schön; dann Vernunfft macht alles gut,
Und ein Engel wird das Weib, wann sie wie ein Engel thut.
48.
Fürsten-Befehl
Sachen, die bequemlich seyn, wolln die Herren selbst befehlen;
Sachen, die gefährlich seyn, solln die Diener selbst erwehlen.
Nicht umsonst; es ist zu thun, daß sie mügen Mittel finden,
Diener ihnen, aber nicht sich den Dienern zu verbinden.
49.
Ein alt Weib
Alte Weiber sind die Sträuche, drauff für Zeiten Rosen stunden;
Ob die Rosen sind verblichen, werden doch die Dörner funden.
50.
Räthe-Wahl
Einen treuen Rath zu wehlen, darff der Fürste treuen Rath;
Selbst der Rath darff reiffes rathen, eh er Rath versprochen hat.
51.
Hofe-Leben
Von deß Hofes Hofe-Leben hab ich manchmal viel gelesen.
O, das lesen ist nur besser, als daß selbsten da gewesen.
52.
Hofe-Leben
Es werden viel Füchse bey Hofe gefressen;
Noch sind sie doch häuffig daselbsten gesessen;
Das machet, sie wissen, mit waserley Namen
Die Schwäntze von ihnen zur Herrligkeit kamen.
53.
Beföderungen
Was bringt den Mann zum Amte? Vermutlich seine Kunst?
Gar selten; was dann anders? Gemeinlich Geitz und Gunst.
54.
Der Schweden Außzug anno 50
Die Schweden ziehen heim; daheime wann sie blieben,
Wär Deutschland auch daheim und nicht wie ietzt vertrieben.
55.
Der ietzige Friede
Ein Trojanisch Pferd scheinet unser Friede seyn:
Stecket voller Groll, reisset viel Verfassung ein.
56.
Hofe-Gunst
Hofe-Gunst kan um so viel, wer sonst Lust hat, ihm vermehren,
Wer sich fleisset auch das Arg, wie das Gut, so hoch zu ehren.
57.
Jungfern-Wangen
Poeten steht was frey, ihr Jungfern! eure Wangen,
Worauff die Schönheit spielt, die Charites so prangen
Und Flora Wohnung hält, die ehr ich. Die Natur
Hat reichlich bracht hieher in einer vollen Spur
Die Gaben ihrer Kunst. Hier sind die linden Höhen,
Für denen Hybla blast, für denen traurig stehen
Pæstanische Gewächs und Lilien nichts sind
Und Helffenbein nicht taug und Purpur wie verblind.
Hier ist der runde Zweck, drauff mit viel tausend Küssen
Uns derer Werth mahnt an zu zielen und zu schissen
Auß Ehrerbittung bloß; (wiewols der Brauch verbeut
Und deutsche Zucht nicht wil, die auch den Argwohn scheut.)
Hier ist das klare Feld, drauff Tugend hin ins lichte
Streut auß die edle Scham, zu tragen reine Früchte,
Die so schön röthlich blühn, die weit ein mehres werth,
Als was die rothe See ie von Corall beschert.
Hier ist der zart Altar von weissen Marmor-Stücken,
Drauff jungferliche Zucht pflegt reines Blut zu schicken
Zum Opffer keuschem From. Hier ist das flache Rund,
Drum Zephyrus spielt her, drauff offt Cupido stund
Und sich um einen Weg für seinen Pfeil umsahe
Und dachte, wie ein Wild für seine Küch er fahe
Mit seinem Purpur-Zeug. Hier lag er offt im Halt,
Mit Rosen wol verhägt, wann er die Jagt bestalt.
Hier trägt Pomona für Vertumnus, ihrem Schatze,
Die roth und weisse Frucht, das schönste Paar vom Platze,
Den ihre Müh gepflantzt. Hier brennt die nütze Glut
Deß Pharos, der im Meer den Schiffen Bahn und Mut
Zu sichrem Ufer gibt. Hier scheint das keusche Feuer,
Das mehr als Vesta Flamm ist zu verehren theuer;
Das bringt den klaren Tag hin in die finstre Nacht;
Drauß merckt man, ob da schlieff, drauß merckt man, ob da wacht
Die Scham der Redligkeit, (in derer Port zu länden,
Wer redlich anders buhlt, sein Schiff pflegt hin zu wenden
Und sonsten nirgend wo, er sey dann so gesinnt,
Daß bey ihm Ehr und Schmach vergleichten Außschlag findt;)
Hier hebet sich entpor, hier breitet seine Wellen
Der Tugend Haupt-Panier; hier lacht sie, wann sie lacht;
Hier ist ihr eigner Schmuck; hier ist ihr eigner Pracht.
58.
Jungfrauen
Ihr Jungfern, hört mir zu; doch fasset die Geberden
Und meint durch meinen Ruhm nicht stöltzer wo zu werden!
Die Jungfern sind ein Volck, sind unter uns gestellt
Als Engel in der Zeit, als Wunder in der Welt;
Sie sind ein kurtz Begrieff von allen Zierligkeiten,
Der Menschheit höchster Schmuck, ein Vorbild jener Zeiten,
Wo alles klar wird seyn, ein Muster erster Art,
Eh uns der Sünden Schmach in Eden erblich ward.
Die Tugend hat sie lieb, läst gern um sie sich finden;
Die Ehre krön sie schön; ihr Ruhm bleibt nicht dahinden,
Geht mit dem Himmel um, rührt biß an Himmel an;
Ein ieder preist sie hoch, wer preisen immer kan.
Ich wüste nicht, wer der, und wannen er entsprossen,
Und was für wilde Milch sein erster Mund genossen,
Der ernstlich hier nur siht, der fröhlich hier nicht lacht,
Wann ihm deß Himmels Gunst die Augen würdig macht
Zu schauen diesen Glantz, zu mercken diese Sonnen,
Wodurch der Menschheit Werth den höchsten Stand gewunnen
Und so erleuchtet ist.
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