Wir sind allein, also können wir wohl darüber sprechen. – Leider scheint mein Bruder das ganze ordinäre Blut meiner Familie in seinen Adern aufgenommen zu haben. Während ich schon in meiner Kindheit das kühnste Streben nach einer erhabenen Stellung in der Welt entwickelte, gefiel er sich in seiner bäurischen Gehäbigkeit – ich widmete mich dem Handelsstande – er wurde – Viehhändler, lebt da in Österreich auf seinem Meierhofe, seine Frau war eine ordinäre Pächterstochter, er selbst ist mehr Bauer als Mensch – und wenn nun die Familie Wellenschlag dahinter kommt –
REGINE. Ich bin dein schon zuvorgekommen – und sagte, mein Vater wäre – Gutsbesitzer in Österreich.
HOCHFELD. Gut gegeben, mein Kind, sehr gut gegeben –
EULALIA. Na ja, im Grunde ist doch ein Meierhof auch ein Gut. –
HOCHFELD. Jawohl, und es gefällt mir sehr von Reginen, daß sie so klug gesprochen – ja, sie hat denn doch seit den zehn Jahren, als wir sie zu ihrer weiteren geistigen Ausbildung von dem Meierhofe ihres Vaters weg, sozusagen mitten aus den Kälbern heraus, und in unsern vornehmen Zirkeln hineingezogen haben, eine gewisse Routine in der Noblesse erlangt –
EULALIA. Ach sie hat ein besseres Los getroffen, als unsere eigene Tochter Klotilde – sie lebt nun – ich schaudere jedesmal, wenn ich nur daran denke, schon seit zehn Jahren bei deinem Bruder unter dem Bauernvolke –
HOCHFELD seufzend. Leider! Indes – was war zu tun, ihr Brustleiden wurde damals so gefährlich, daß die Ärzte dasselbe nur durch einen mehrjährigen Aufenthalt [für] heilbar erklärten – nun Gott sei Dank – sie soll sich jetzt ganz wohl befinden.
EULALIA. Mein Gott, körperlich ja, aber daran liegt im Grunde weniger, etwas kränklich sein, gehört sogar zur Noblesse, aber die santé spirituel! – O mein Gott, ich zittere, wenn ich daran denke welch nachteiligen Einfluß diese zehn, unter dem Bauernvolke zugebrachten Jahre auf sie hervorgebracht haben müssen!
HALLER tritt ein, Schriften unter dem Arme tragend.
Dritter Auftritt.
Die Vorigen. Haller, dann Herr von Hupfer. Später Jakob, Robert von Wellenschlag, Glatt. Zuletzt Faustin, Sebastian hinter der Szene.
HALLER. Herr von Hochfeld!
HOCHFELD. Ah, mein Kassierer – nun, was gibt's, lieber Alter?
HALLER. Darf ich nur um wenige Worte bitten.
HOCHFELD. Mein Himmel! Ich will von meinen Geschäften eigentlich nur so lange sprechen hören, als ich in meinem Bureau bin – was soll's denn wieder? Er tritt verdrießlich zu ihm.
HALLER. Nach diesem Auszuge aus unsern Büchern ist ersichtlich, daß morgen mehrere von uns akzeptierte Wechsel im Betrage von sechzigtausend Gulden fällig, und uns zur Auszahlung präsentiert werden –
HOCHFELD. Nun, so müssen sie saldiert werden, was weiter?
HALLER. Es ist aber nicht so viel bares Geld in der Kasse.
HOCHFELD. Was? – Aber wir haben doch auch Gelder einzutreiben – bedeutende Summen.
HALLER. Jawohl, wir haben einen Wechsel auf das Haus Mirheim in Händen, der morgen fällig ist – im Werte von achtzigtausend Gulden.
HOCHFELD. Nun also – der wird einkassiert, und wir sind gedeckt – was weiter?
HALLER. Aber, Herr von Hochfeld, wenn nun das Haus Mirheim nicht zahlte –
HOCHFELD. Nicht zahlte – nicht zahlte – ein Haus, mit dem wir schon lange in Geschäftsverbindung stehen – ich begreife gar nicht, wie Sie solche Besorgnisse hegen können.
HALLER. Aber es ist doch nicht gut, wenn man nur mit einer Hoffnung gedeckt ist; sehen Sie, Herr von Hochfeld – Ihre Handlung könnte längst auf dem Punkte stehen, daß auch das mögliche Ausbleiben einer solchen Summe Sie nicht in Verlegenheit setzen würde, aber freilich müßte dann die Führung Ihres Hauswesens nicht solche Summen verschlingen.
HOCHFELD gereizt. Herr, ich glaube gar, Sie unterstehen sich da, mir Ermahnungen geben zu wollen, vergessen Sie gefälligst nicht, daß ich der Herr bin, und Sie mein Diener sind.
HALLER. Ja, ein in seinem Dienste ergrauter Diener, den die Erfahrung lehrte, daß der äußere Glanz, durch den so manches Handelshaus Aufsehen macht, dem Leuchten des Holzes gleicht – welches auch dann am meisten glänzt, wenn es vermodernd seiner baldigen Auflösung entgegen geht. Recht gute Unterhaltung, Herr von Hochfeld, auf dem heutigen Ballfeste! Er geht kopfschüttelnd ab.
HOCHFELD ihm verdrießlich nachsehend.
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