Heiraten Sie mich! Sie stehen außerhalb der Welt! Ich trage meine Hand heute zum erstenmal einem Manne an.

CASTI PIANI ihr das Haar streichelnd, ohne sie anzusehen. Brotkorbkultur! Brotkorbkultur! – Was wüßte die Welt von der ganzen Sittlichkeit, wenn der Mann die Liebe kommandieren könnte, wie er die Politik kommandiert!

ELFRIEDE. Ich erhoffe von unserer Ehe gar kein höheres Glück, als zeit meines Lebens so vor Ihnen auf den Knien liegend, Ihren Worten lauschen zu dürfen!

CASTI PIANI ohne sie anzusehen. Haben Sie sich denn je gefragt, was die Ehe ist?

ELFRIEDE. Ich hatte bis zu dieser Stunde keine Ursache, danach zu fragen. Sich erhebend. Sagen Sie es mir! Ich werde alles tun, um Ihren Anforderungen gerecht zu werden.

CASTI PIANI zieht sie auf seine Knie. Kommen Sie, mein Kind. Ich werde es Ihnen erklären. Da sich Elfriede einen Augenblick ziert. Halten Sie bitte still!

ELFRIEDE. Ich habe nie auf dem Knie eines Mannes gesessen.

CASTI PIANI. Geben Sie mir einen Kuß!

 

Elfriede küßt ihn.

 

CASTI PIANI. Danke. Sie zurückdrängend. Sie möchten wissen, was die Ehe ist? – Sagen Sie mir, wer stärker ist: ein Mensch, der einen Hund hat, oder ein Mensch, der keinen Hund hat?

ELFRIEDE. Der Mensch, der einen Hund hat, ist stärker.

CASTI PIANI. Und nun sagen Sie mir noch, wer stärker ist: ein Mensch, der einen Hund hat, oder ein Mensch, der zwei Hunde hat?

ELFRIEDE. Ich glaube, daß der Mensch, der einen Hund hat, stärker ist, denn zwei Hunde müssen eigentlich notwendig schon eifersüchtig aufeinander werden.

CASTI PIANI. Das wäre das wenigste. Aber zwei Hunden muß er zu fressen geben, sonst laufen sie davon, während der eine Hund für sich selber sorgt und seinen Herrn, wenn's not tut, auch noch bei Raubanfällen verteidigt.

ELFRIEDE. Und mit diesem abscheulichen Gleichnis wollen Sie das selbstlose untrennbare Zusammenhalten von Mann und Weib erklären?! Du barmherziger Gott, was müssen Sie für Erfahrungen gemacht haben!

CASTI PIANI. Der Mann mit einer Frau ist wirtschaftlich stärker, als wenn er keine hat. Er ist aber auch wirtschaftlich stärker, als wenn er für zwei oder mehr Frauen sorgen muß. Das ist der Grundstein der Ehe. Das Weib wäre nie im Traum auf diese geistreiche Erfindung verfallen!

ELFRIEDE. Sie armer bedauernswürdiger Mensch! Haben Sie denn je ein väterliches Haus gekannt? Haben Sie eine Mutter gehabt, die Sie pflegte, wenn Sie krank waren, die Ihnen während Ihrer Genesung Märchen vorlas, der Sie sich anvertrauen konnten, wenn Ihnen irgend etwas das Herz bedrückte, und die Ihnen immer, immer, immer geholfen hat, auch wenn Sie längst glaubten, daß es auf Gottes Welt gar keine Hilfe mehr für Sie gäbe?

CASTI PIANI. Was ich als Kind erlebt habe, das erlebt kein menschliches Geschöpf, ohne daß seine Tatkraft bis zum Grabe gebrochen ist. Können Sie sich in einen jungen Menschen hineindenken, der mit sechzehn Jahren noch geprügelt wird, weil ihm der Logarithmus von Pi nicht in den Kopf will?! Und der mich prügelte, war mein Vater! Und ich prügelte wieder! Ich habe meinen Vater totgeprügelt! Er starb, nachdem ich ihn zum erstenmal geprügelt hatte. – Aber das sind Kleinigkeiten.