Unten schleppte sich eine blaue Pferdebahn vorbei, schwer voll Menschenlast. Drüben gingen Menschen, pfahlsteif, immer mit den Augen an den Dachfirsten entlang, und ein Knattern und – –
Er ging ins Zimmer. Er lächelte. Immer lächelte er. Nahm die Venusstatuetten und die Faunbüsten von den Konsolen beiseite – und die Opiumphiole in den Spucknapf. Alles mit behaglichen gemäßigten Bewegungen und immer noch dies Lächeln eines Feinschmeckers, dessen Zunge im geschlossenen Munde sich zum Genusse dehnt und schwillt.
Dann noch die Etagère fortgezerrt, und die verstellte veilchenblaue Portière war nun frei.
Er schob sie zurück. Die Ringe klirrten jäh, Staub flüchtete mehldunstig. Noch die Heupolsterung fortgeschleift. Störrischer Qualm, Moder wirbelten auf, nun war sie wieder da die hohe emailleblaue Flügeltüre.
Er sah sich nochmals vorsichtig um. Horchte. Draußen nur das Glucksen und Rieseln der Wasserleitung und oben, in der Etage über der Decke, das Schieben eines Kinderwagens hin, her, hin, her.
Das Schloß war hartgerostet. Der Riegel brach ab.
Und dann drinnen.
Sah sich gar nicht um. Gleich an den weißen Schrank mit den silbernen Leisten.
Erst die Wäsche. Nahm ein dünnes Nesselhemd mit zitternden Goldspitzen. Warf die alten Kleider ab. In lange goldseidene Strümpfe bis hoch über das Knie. Beim Ankleiden krampfte sich die Erwartung heftiger.
Wie es sich freuen wird! Ob es ihn wiedererkennen wird? – O, sein Kind!
Aber die Umgebung stocherte in sein Träumen. Der glaskühle Harzduft vom Kleiderschrank und dann von der Toilette aus winzigen Flacons raunende Walddüfte – Eichen und Erdbeer und Moos. Doch in ihre Kristallglätte wühlte noch ein aufrührischer brandäugiger Dunst aus seinen alten Kleidern. Er schob sie mit zwei Fingern zur Seite.
Dann an der Toilette. Rieb sich mit einem Kirschlederballen Gesicht und Hände. Sprühte Maiglockenessenz über Gesicht und Hände. Das war des Kindes Lieblingsduft.
Und immer lächelte der stumme Mann.
Dann am Schrank. Sonst war die Wahl schwer. Aber heute ohne Warten, griff rasch hinein, und nahm alles in Scharlach.
Noch nie hatte er Scharlach genommen. Aber es war Widerspruch, Macht in dieser Farbe, das schmiegte sich an seine Stimmung. Es mußte sich selbst trotzen, deshalb Scharlach.
Weite, gesträubte Beinkleider in schwellenden Bäuschen bis zum Knie. Mit Watte gepolstert weiche Wülste auf den Schultern. Daran offene langflatternde Ärmel in Feuerzungen gefranst. Dies Seide.
1 comment