Wine-drunk, drunk with incense-work, drunk with me—and now sober as dew. / Low-held head over the morning grass; but I up above on my way, exalted. / Suddenly empty brain, draining-away images into the soil; but gushing into my heart all the breadth of the after-deed. / Woman in love that I am. / In me terrors have chased together all raptures, on me all places find their spot. / Heart, my renowned heart, beat on the countering wind:
how I stride, how I stride / and swifter the voice in me, mine that will call, birdcall, before the locked-in city of fear.
Paris, July 1911
AN LOU ANDREAS-SALOMÉ
[I]
Ich hielt mich überoffen, ich vergaß,
daß draußen nicht nur Dinge sind und voll
in sich gewohnte Tiere, deren Aug
aus ihres Lebens Rundung anders nicht
hinausreicht als ein eingerahmtes Bild;
daß ich in mich mit allem immerfort
Blicke hineinriß: Blicke, Meinung, Neugier.
Wer weiß, es bilden Augen sich im Raum
und wohnen bei. Ach nur zu dir gestürzt,
ist mein Gesicht nicht ausgestellt, verwächst
in dich und setzt sich dunkel
unendlich fort in dein geschütztes Herz.
[II]
Wie man ein Tuch vor angehäuften Atem,
nein: wie man es an eine Wunde preßt,
aus der das Leben ganz, in einem Zug,
hinauswill, hielt ich dich an mich: ich sah,
du wurdest rot von mir. Wer spricht es aus,
was uns geschah? Wir holten jedes nach,
wozu die Zeit nie war. Ich reifte seltsam
in jedem Antrieb übersprungner Jugend,
und du, Geliebte, hattest irgendeine
wildeste Kindheit über meinem Herzen.
[III]
Entsinnen ist da nicht genug, es muß
von jenen Augenblicken pures Dasein
auf meinem Grunde sein, ein Niederschlag
der unermeßlich überfüllten Lösung.
Denn ich gedenke nicht, das, was ich bin
rührt mich um deinetwillen. Ich erfinde
dich nicht an traurig ausgekühlten Stellen,
von wo du wegkamst; selbst, daß du nicht da bist,
ist warm von dir und wirklicher und mehr
als ein Entbehren. Sehnsucht geht zu oft
ins Ungenaue. Warum soll ich mich
auswerfen, während mir vielleicht dein Einfluß
leicht ist, wie Mondschein einem Platz am Fenster.
TO LOU ANDREAS-SALOMÉ
I
I held myself too open, I forgot
that outside not just things exist and animals
fully at ease in themselves, whose eyes
reach from their lives’ roundedness no differently
than portraits do from frames; forgot that I
with all I did incessantly crammed
looks into myself: looks, opinion, curiosity.
Who knows: perhaps eyes form in space
and look on everywhere. Ah, only plunged toward you
does my face cease being on display, grows
into you and twines on darkly,
endlessly, into your sheltered heart.
II
As one puts a handkerchief before pent-in breath—
no: as one presses it against a wound
out of which the whole of life, in a single gush,
wants to stream, I held you to me: I saw
you turn red from me. How could anyone express
what took place between us? We made up for everything
there was never time for. I matured strangely
in every impulse of unperformed youth,
and you, love, somehow had
wildest childhood over my heart.
III
Memory won’t suffice here: from those moments
there must be layers of pure existence
on my being’s floor, a precipitate
from that immensely overfilled solution.
For I don’t think back; all that I am
stirs me because of you. I don’t invent you
at sadly cooled-off places from which
you’ve gone away; even your not being there
is warm with you and more real and more
than a privation. Longing leads out too often
into vagueness. Why should I cast myself,
when, for all I know, your influence falls on me,
gently, like moonlight on a window seat.
Duino, late autumn 1911
Perlen entrollen. Weh, riß eine der Schnüre?
Aber was hülf es, reih ich sie wieder: du fehlst mir,
starke Schließe, die sie verhielte, Geliebte.
War es nicht Zeit? Wie der Vormorgen den Aufgang,
wart ich dich an, blaß von geleisteter Nacht;
wie ein volles Theater, bild ich ein großes Gesicht,
daß deines hohen mittleren Auftritts
nichts mir entginge. O wie ein Golf hofft ins Offne
und vom gestreckten Leuchtturm
scheinende Räume wirft; wie ein Flußbett der Wüste,
daß es vom reinen Gebirg bestürze, noch himmlisch, der Regen,—
wie der Gefangne, aufrecht, die Antwort des einen
Sternes ersehnt, herein in sein schuldloses Fenster;
wie einer die warmen
Krücken sich wegreißt, daß man sie hin an den Altar
hänge, und daliegt und ohne Wunder nicht aufkann:
siehe, so wälz ich, wenn du nicht kommst, mich zu Ende.
Dich nur begehr ich. Muß nicht die Spalte im Pflaster,
wenn sie, armsälig, Grasdrang verspürt: muß sie den ganzen
Frühling nicht wollen? Siehe, den Frühling der Erde.
Braucht nicht der Mond, damit sich sein Abbild im Dorfteich
fände, des fremden Gestirns große Erscheinung? Wie kann
das Geringste geschehn, wenn nicht die Fülle der Zukunft,
alle vollzählige Zeit, sich uns entgegenbewegt?
Bist du nicht endlich in ihr, Unsägliche? Noch eine Weile,
und ich besteh dich nicht mehr. Ich altere oder dahin
bin ich von Kindern verdrängt …
Pearls roll away. Ah, one of the strings broke?
But what help would it be to rethread them: I lack you,
strong clasp, to hold them in place, beloved.
Was it not time? The way first morning waits for sunrise
I wait for you, pale with accomplished night;
like a packed theater, I coalesce into one great face
so that nothing of your high central entrance
will escape me. O as a gulf hopes into the Open
and out of the upstretched lighthouse
casts shining spaces; as a riverbed in the desert
craves from the pure mountains that rush, still heavenly, of rain,—
as the prisoner, standing, longs for the answer
of the one star to come in through his innocent window;
as a man rips the warm
crutches away so they can be hung on the altar,
and lies there and without a miracle will never rise:
so I shall writhe my way, unless you come, toward some end.
I crave only you. Must not the crack in the pavement,
when, in its wretchedness, it feels grass-surge: must it not
will the entire spring? Look, the terrestrial spring.
Does not the moon require the strange star’s great shining
in order to find itself mirrored in the village pond?
How can the least thing happen, if the future’s fullness,
all of time’s great sum, does not move toward us?
Are you not finally in it, Unsayable? A while longer
and I shall cease to be up to you. I grow old, or else children
crowd me aside …
Begun Venice, early July 1912; completed in Spain, end of 1912
Ach, da wir Hülfe von Menschen erharrten: stiegen
Engel lautlos mit einem Schritte hinüber
über das liegende Herz
Ah, as we prayed for human help: angels soundlessly,
with single strides, climbed over
our prostrate hearts
Venice, July 11, 1912
O die Kurven meiner Sehnsucht durch das Weltall,
und auf jedem Streifen: meines Wesens
hingeschleudert. Manches nicht vor tausend
Jahren auf der wehn Ellipse seines
Schwunges wiederkommend und vorüber.
Eilend durch die einst gewesne Zukunft,
sich erkennend in den Jahreszeiten
oder luftig, als genauer Einfluß
beinah sternisch in den überwachen
Apparaten eine Weile bebend
O the curves of my longing through the cosmos,
and on all the streaks: my being’s
flung-outness. Many an aspect returning
only after a thousand years on the sad ellipsis
of its momentum and passing on.
Hastening through the once-existent future,
knowing itself in the year’s seasons
or airily, as an exact influence
almost starlike in the overwakeful
apparatus for a short time trembling
Venice, mid-July 1912
Komm wann du sollst. Dies alles wird durch mich
hindurchgegangen sein zu deinem Atem.
Ich habs, um deinetwillen, namenlos
lang angesehen mit dem Blick der Armut
und so geliebt als tränkst du es schon ein.
Und doch: bedenk ichs, daß ich dieses, mich,
Gestirne, Blumen und den schönen Wurf
der Vögel aus nachwinkendem Gesträuch,
der Wolken Hochmut und was nachts der Wind
mir antun konnte, mich aus einem Wesen
hinüberwandelnd in ein nächstes,—daß
ich eines nach dem andern, denn ich bins,
bin was der Tränke Rauschen mir im Ohr
zurückließ, bin der Wohlgeschmack, den einst
die schöne Frucht an meinen Lippen ausgab,—
daß ich dies alles, wenn du einmal da bist,
bis rückwärts zu des Kindes niederm Anblick
in Blumenkelche, da die Wiesen hochstehn,
ja bis zu einem Lächeln meiner Mutter
das ich vielleicht, gedrängt von deinem Dasein,
annehme wie Entwendetes—, daß ich
dann unerschöpflich Tag und Nacht soviel
entbehrend angeeignete Natur
hingeben sollte—, wissend nicht, ob das
was in dir aufglüht Meines ist: vielleicht
wirst du nur schöner, ganz aus eigner Schönheit
vom Überfluß der Ruh in deinen Gliedern,
vom Süßesten in deinem Blut, was weiß ich,
weil du dich selbst in deiner Hand erkennst,
weil dir das Haar an deinen Schultern schmeichelt,
weil irgendetwas in der dunkeln Luft
sich dir verständigt, weil du mich vergißt,
weil du nicht hinhörst, weil du eine Frau bist:
wenn ichs bedenke, wie ich Zärtlichkeit
getaucht ins Blut, ins nie von mir erschreckte
lautlose Herzblut so geliebter Dinge
Come when you should. All this will have been
passing through me for you to breathe.
I have gazed at it for so long, for your sake,
namelessly, with the gaze of poverty,
and have loved it, as if already you drank it in.
And yet: when I recall that all this—
myself, stars, flowers, and the sharp flight
of a bird out of gesturing brushwood,
the clouds’ haughtiness and what the wind
could do to me at night, whisking me
out of one being into a next,—that all this,
in endless succession (for I am all this,
am what the potion’s roar left behind
in my ear, am that exquisite taste which once
a ripe fruit expended on my lips),—
that all this, when once you’re really here,
all, even back to the boy’s low gaze
into the chalices of high-grown flower fields,
even back to one of my mother’s smiles
which I perhaps, thronged with your being,
shall think of as something stolen—, that all this
I then shall have to inexhaustibly outgive,
night and day, so much unsparingly
assimilated nature—, never knowing if what
begins to glow in you is mine: perhaps
you’ll grow more beautiful entirely from your own beauty,
from the profusion of restedness in your limbs,
from what is sweetest in your blood,—for all I know,
because there is awareness even in your hand,
because your hair flatters your shoulders,
because something in the dark breeze
is one with you, because you forget me totally,
because you don’t strain to hear, because you are a woman:
when I recall how I’ve dipped tenderness
into blood, into that never startled
soundless heartblood of things so loved
Toledo, November 1912
Ich Wissender: oh der ich eingeweiht
in alles Handeln bin und mich nicht rühre,
fortwährend tritt der Held aus meiner Türe
hinausentschlossen, wie mit mir entzweit.
I, knower: possessing the secrets
of all action and not stirring,
while the hero strides out of my door
outward-resolved, as if breaking off with me.
Ronda, beginning of January 1913
Die Mandelbäume in Blüte: alles, was wir hier leisten können, ist, sich ohne Rest erkennen in der irdischen Erscheinung.
Unendlich staun ich euch an, ihr Seligen, euer Benehmen,
wie ihr die schwindliche Zier traget in ewigem Sinn.
Ach wers verstünde zu blühn: dem wär das Herz über alle
schwachen Gefahren hinaus und in der großen getrost.
The almond trees in bloom: the most we can achieve here is to know ourselves unreservedly in our earthly appearance.
Always I marvel at you, you blessed ones,—at your demeanor,
the way you bear transient jewels with eternal ease.
Ah, if we knew how to blossom: our hearts would be out beyond
all lesser dangers, safe in the single great one.
Ronda, December 1912–January 1913
DIE SPANISCHE TRILOGIE
[I]
Aus dieser Wolke, siehe: die den Stern
so wild verdeckt, der eben war—(und mir),
aus diesem Bergland drüben, das jetzt Nacht,
Nachtwinde hat für eine Zeit—(und mir),
aus diesem Fluß im Talgrund, der den Schein
zerrissner Himmels-Lichtung fängt—(und mir);
aus mir und alledem ein einzig Ding
zu machen, Herr: aus mir und dem Gefühl,
mit dem die Herde, eingekehrt im Pferch,
das große dunkle Nichtmehrsein der Welt
ausatmend hinnimmt—, mir und jedem Licht
im Finstersein der vielen Häuser, Herr:
ein Ding zu machen; aus den Fremden, denn
nicht Einen kenn ich, Herr, und mir und mir
ein Ding zu machen; aus den Schlafenden,
den fremden alten Männern im Hospiz,
die wichtig in den Betten husten, aus
schlaftrunknen Kindern an so fremder Brust,
aus vielen Ungenaun und immer mir,
aus nichts als mir und dem, was ich nicht kenn,
das Ding zu machen, Herr Herr Herr, das Ding,
das welthaft-irdisch wie ein Meteor
in seiner Schwere nur die Summe Flugs
zusammennimmt: nichts wiegend als die Ankunft.
[II]
Warum muß einer gehn und fremde Dinge
so auf sich nehmen, wie vielleicht der Träger
den fremdlings mehr und mehr gefüllten Marktkorb
von Stand zu Stand hebt und beladen nachgeht
und kann nicht sagen: Herr, wozu das Gastmahl?
Warum muß einer dastehn wie ein Hirt,
so ausgesetzt dem Übermaß von Einfluß,
beteiligt so an diesem Raum voll Vorgang,
daß er gelehnt an einen Baum der Landschaft
sein Schicksal hätte, ohne mehr zu handeln.
Und hat doch nicht im viel zu großen Blick
die stille Milderung der Herde.
1 comment