Die Apachen kommen nicht, um mit den Weißen Krieg zu führen; sie beabsichtigen weiter nichts, als sich von den Comanchen einige Skalpe zu holen; sie sind meine Freunde, aber darum bin ich noch nicht Ihr Feind, Señor. Ich gebe Ihnen mein Wort, daß die Apachen weder Ihnen noch der Hacienda einen Schaden zufügen werden, und daher erwarte ich, daß auch Sie meine Freunde nicht belästigen.“

„Den Teufel können Sie erwarten!“ rief der Rittmeister. „Die Apachen sind Feinde unserer Verbündeten, also auch die unsrigen, ich werde sie niedersäbeln, wo ich sie finde!“

„Ich habe keine Veranlassung, Sie zu bekehren; aber betrachten Sie mich wenigstens als einen Abgesandten, der Sie um einen dreitägigen Waffenstillstand bitten will!“

„Fällt mir nicht ein! Die Rothäute mögen heute Nacht kommen und sich blutige Köpfe holen. Und kommen sie nicht, so werde ich sie morgen aufsuchen; darauf können Sie sich verlassen!“

„Dies ist Ihr Ernst?“

„Mein vollständiger!“

„Dann habe ich hier nichts mehr zu suchen. Gute Nacht!“

Da trat ihm der Rittmeister in den Weg.

„Halt! Wohin?“ fragte er.

„Fort, zu meinen Apachen“, antwortete Sternau gleichmütig.

„Sie? Fort? Daß ich ein Narr wäre! Sie bleiben da, Sie sind mein Gefangener!“

„Sie scherzen!“ lachte Sternau.

„Donnerwetter, in solchen Sachen scherzt man nicht. Es ist mein vollständiger Ernst!“

„Sie erklären einen Abgesandten, einen Parlamentär, für gefangen?“

„Von den Roten erkenne ich keinen Parlamentär an. Übrigens sind Sie ganz ohne meine Erlaubnis gekommen; ich habe keinerlei Verpflichtungen gegen Sie. Sie sind gekommen, um sich unsere Vorbereitungsmaßregeln anzusehen, ich erkläre Sie für einen Spion!“

„Halt, Señor! Der Gemahl einer Rodriganda ein Spion?“

„Pah, ich glaube jetzt nicht an das, was ich vorhin für wahr hielt!“

„Tun Sie, was Ihnen beliebt! Ich aber bemerke Ihnen, daß ein Spion sich wohl nicht in der Weise in die Hacienda wagen würde, wie ich es getan habe.“

„Nun gut, Spion oder nicht! Sie sind in der Hacienda, Sie haben unsere Vorbereitungen gesehen, und Sie dürfen also nicht fort!“

„Wer will mich halten?“

„Ich Señor!“ sagte der Rittmeister drohend.

„Pah, Sie und alle Ihre Dragoner können mich nicht halten. Ich werde gehen, wie es mir beliebt, gerade so, wie ich gekommen bin, als es mir beliebte.“

Da zog der Offizier den Degen.

„Sie bleiben!“ gebot er. „Sie riskieren sonst Ihr Leben!“

„Haben Sie keine Sorge um mich“, lächelte Sternau. „In solcher Gesellschaft riskiert der ‚Fürst des Felsens‘ ganz und gar nichts.“

Da erbleichte der Rittmeister und mit ihm die anderen Offiziere. Er trat zurück und sagte:

„Der ‚Fürst des Felsens‘? Dios, ja, er soll dabei gewesen sein!“

„Allerdings war er bei den Apachen. Ich selbst bin es. Und nun versuchen Sie einmal, mich zu halten!“

Der Rittmeister war doch mutig genug, ihm nahe zu treten. Er gebot:

„Und wenn Sie es zehnmal sind. Sie bleiben mein Gefangener. Legen Sie die Waffen ab!“

„Das dürfte mir schwerlich einfallen! Übrigens haben Sie nur Ihre Degen, Señores, ich dürfte den Revolver ziehen, so wären Sie verloren; aber ich tue es anders. Ich habe gesagt, daß ich Ihr Feind nicht bin, und bitte nochmals, mich zu entlassen.“

„Sie bleiben!“ gebot der Rittmeister.

„Nun denn, Sie wollen es nicht anders!“

Er erhob blitzschnell die Faust, und in derselben Sekunde krachte der Rittmeister besinnungslos zu Boden. Ehe die beiden Leutnants nur einen Gedanken haben konnten, stand er auch schon vor ihnen – zwei Faustschläge, und auch sie lagen auf der Erde; er hatte sich die Bahn frei gemacht.

Er ging. Als er in den Hof kam, empfing ihn derselbe Unteroffizier.

„Fertig?“ fragte dieser.

„Ja. Laßt mich hinaus!“

„Durch die Tür?“

„Versteht sich, denn nun werdet Ihr ja glauben, daß ich allein bin!“

„Na, so kommt.“

Er trat an das Tor, um es zu öffnen. In diesem Augenblick kam eine dunkle Gestalt herangeschlichen; es war der Comanche, welcher einen Rundgang gemacht hatte. Die hohe Gestalt Sternaus fiel ihm auf; er trat heran und warf einen forschenden Blick auf ihn.

„Der ‚Fürst des Felsens‘!“ rief er.

„Der ‚Fürst des Felsens‘!“ erscholl es von Mund zu Mund.

„Haltet ihn fest!“ rief der Comanche.

Zugleich faßte er Sternau, um ihn fest zu halten.

„Sei nicht dumm, Comanche“, gebot Sternau. „Wie kannst du den ‚Fürsten des Felsens‘ halten! Ich weiß, du willst meinen Tod nicht, ich den deinen auch nicht. Packe dich!“

Er ergriff den Roten und gab ihm einen Stoß, daß er weit fort flog. Da aber wurde ein Fenster aufgerissen, und man sah den von der Lampe beschienenen Kopf des Rittmeisters erscheinen.

„Ist er noch da?“ rief er in den Hof herab. „Nehmt ihn gefangen!“

„Hier ist er! Haltet ihn, haltet ihn fest!“ rief es aus mehr als einem Dutzend Kehlen.

Doppelt so viele Hände streckten sich nach ihm aus. Er riß den Stutzen von der Schulter und schlug ein gewaltiges Rad mit demselben; das war ein zwölffacher Hieb, den er austeilte, er bekam freie Bahn, nahm einen Anlauf und flog ebenso schnell über die Palisaden hinaus, wie er über dieselben hereingekommen war.

Jetzt griff alles zu den Gewehren; man kletterte an den Planken empor und schoß nach ihm. Er hatte dies vorausgesehen und war im eiligsten Laufe um die nächste Ecke gebogen; daher flogen die Kugeln in eine falsche Richtung.

„Zu den Vaqueros, zu den Vaqueros!“ rief der Rittmeister. „Sie mögen ihn fangen!“

Das Tor wurde geöffnet, und mehrere Dragoner rannten zu den Herdenfeuern, um die Vaqueros zu unterrichten; da aber bog Sternau wieder um die Ecke herum und schlich sich zu den Pferden.