Denkt nicht, daß sein Verlust
Mich schmerze, o mich schmerzt nur der Betrug.
Denn wert und teuer waren mir die beiden,
Und jener Max, er liebte mich wahrhaftig,
Er hat mich nicht getäuscht, er nicht – Genug,
Genug davon! Jetzt gilt es schnellen Rat –
Der Reitende, den mir Graf Kinsky schickt
Aus Prag, kann jeden Augenblick erscheinen.
Was er auch bringen mag, er darf den Meutern
Nicht in die Hände fallen. Drum geschwind,
Schickt einen sichern Boten ihm entgegen,
Der auf geheimem Weg ihn zu mir führe.
Illo will gehen.
BUTTLER hält ihn zurück.
Mein Feldherr, wen erwartet Ihr?
WALLENSTEIN.
Den Eilenden, der mir die Nachricht bringt,
Wie es mit Prag gelungen.
BUTTLER.
Hum!
WALLENSTEIN.
Was ist Euch?
BUTTLER.
So wißt Ihrs nicht?
WALLENSTEIN.
Was denn?
BUTTLER.
Wie dieser Lärmen
Ins Lager kam? –
WALLENSTEIN.
Wie?
BUTTLER.
Jener Bote –
WALLENSTEIN erwartungsvoll.
Nun?
BUTTLER.
Er ist herein.
TERZKY UND ILLO.
Er ist herein?
WALLENSTEIN.
Mein Bote?
BUTTLER.
Seit mehrern Stunden.
WALLENSTEIN.
Und ich weiß es nicht?
BUTTLER.
Die Wache fing ihn auf.
ILLO stampft mit dem Fuß.
Verdammt!
BUTTLER.
Sein Brief
Ist aufgebrochen, läuft durchs ganze Lager –
WALLENSTEIN gespannt.
Ihr wißt, was er enthält?
BUTTLER bedenklich.
Befragt mich nicht!
TERZKY.
O – Weh uns, Illo! Alles stürzt zusammen!
WALLENSTEIN.
Verhehlt mir nichts. Ich kann das Schlimmste hören.
Prag ist verloren? Ists? Gesteht mirs frei.
BUTTLER.
Es ist verloren. Alle Regimenter
Zu Budweis, Tabor, Braunau, Königingrätz,
Zu Brünn und Znaym haben Euch verlassen,
Dem Kaiser neu gehuldiget, Ihr selbst
Mit Kinsky, Terzky, Illo seid geächtet.
Terzky und Illo zeigen Schrecken und Wut. Wallenstein bleibt fest und gefaßt stehen.
WALLENSTEIN nach einer Pause.
Es ist entschieden, nun ists gut – und schnell
Bin ich geheilt von allen Zweifelsqualen,
Die Brust ist wieder frei, der Geist ist hell,
Nacht muß es sein, wo Friedlands Sterne strahlen.
Mit zögerndem Entschluß, mit wankendem Gemüt
Zog ich das Schwert, ich tats mit Widerstreben,
Da es in meine Wahl noch war gegeben!
Notwendigkeit ist da, der Zweifel flieht,
Jetzt fecht ich für mein Haupt und für mein Leben.
Er geht ab. Die andern folgen.
Eilfter Auftritt
GRÄFIN TERZKY kommt aus dem Seitenzimmer.
Nein! ich kanns länger nicht – Wo sind sie? Alles
Ist leer. Sie lassen mich allein – allein,
In dieser fürchterlichen Angst – Ich muß
Mich zwingen vor der Schwester, ruhig scheinen,
Und alle Qualen der bedrängten Brust
In mir verschließen – Das ertrag ich nicht!
– Wenn es uns fehlschlägt, wenn er zu dem Schweden
Mit leerer Hand, als Flüchtling, müßte kommen,
Nicht als geehrter Bundsgenosse, stattlich,
Gefolgt von eines Heeres Macht – Wenn wir
Von Land zu Lande wie der Pfalzgraf müßten wandern,
Ein schmählich Denkmal der gefallnen Größe –
Nein, diesen Tag will ich nicht schaun! und könnt
Er selbst es auch ertragen, so zu sinken,
Ich trügs nicht, so gesunken ihn zu sehn.
Zwölfter Auftritt
Gräfin. Herzogin. Thekla.
THEKLA will die Herzogin zurückhalten.
O liebe Mutter, bleiben Sie zurück!
HERZOGIN.
Nein, hier ist noch ein schreckliches Geheimnis,
Das mir verhehlt wird – Warum meidet mich
Die Schwester? Warum seh ich sie voll Angst
Umhergetrieben, warum dich voll Schrecken?
Und was bedeuten diese stummen Winke,
Die du verstohlen heimlich mit ihr wechselst?
THEKLA.
Nichts, liebe Mutter!
HERZOGIN.
Schwester, ich wills wissen.
GRÄFIN.
Was hilfts auch, ein Geheimnis draus zu machen!
Läßt sichs verbergen? Früher, später muß
Sies doch vernehmen lernen und ertragen!
Nicht Zeit ists jetzt, der Schwäche nachzugeben,
Mut ist uns not und ein gefaßter Geist,
Und in der Stärke müssen wir uns üben.
Drum besser, es entscheidet sich ihr Schicksal
Mit einem Wort – Man hintergeht Euch, Schwester.
Ihr glaubt, der Herzog sei entsetzt – der Herzog
Ist nicht entsetzt – er ist –
THEKLA zur Gräfin gehend.
Wollt Ihr sie töten?
GRÄFIN.
Der Herzog ist –
THEKLA die Arme um die Mutter schlagend.
O standhaft, meine Mutter!
GRÄFIN.
Empört hat sich der Herzog, zu dem Feind
Hat er sich schlagen wollen, die Armee
Hat ihn verlassen, und es ist mißlungen.
Während dieser Worte wankt die Herzogin und fällt ohnmächtig in die Arme ihrer Tochter. Ein großer Saal beim Herzog von Friedland.
Dreizehnter Auftritt
WALLENSTEIN im Harnisch.
Du hasts erreicht, Octavio – Fast bin ich
Jetzt so verlassen wieder, als ich einst
Vom Regenspurger Fürstentage ging.
Da hatt ich nichts mehr als mich selbst – doch was
Ein Mann kann wert sein, habt ihr schon erfahren.
Den Schmuck der Zweige habt ihr abgehauen,
Da steh ich, ein entlaubter Stamm! Doch innen
Im Marke lebt die schaffende Gewalt,
Die sprossend eine Welt aus sich geboren.
Schon einmal galt ich euch statt eines Heers,
Ich einzelner. Dahingeschmolzen vor
Der schwedschen Stärke waren eure Heere,
Am Lech sank Tilly, euer letzter Hort,
Ins Bayerland, wie ein geschwollner Strom,
Ergoß sich dieser Gustav, und zu Wien
In seiner Hofburg zitterte der Kaiser.
Soldaten waren teuer, denn die Menge
Geht nach dem Glück – Da wandte man die Augen
Auf mich, den Helfer in der Not, es beugte sich
Der Stolz des Kaisers vor dem Schwergekränkten,
Ich sollte aufstehn mit dem Schöpfungswort
Und in die hohlen Läger Menschen sammeln.
Ich tats. Die Trommel ward gerührt. Mein Name
Ging wie ein Kriegsgott durch die Welt. Der Pflug,
Die Werkstatt wird verlassen, alles wimmelt
Der altbekannten Hoffnungsfahne zu –
– Noch fühl ich mich denselben, der ich war!
Es ist der Geist, der sich den Körper baut,
Und Friedland wird sein Lager um sich füllen.
Führt eure Tausende mir kühn entgegen,
Gewohnt wohl sind sie, unter mir zu siegen,
Nicht gegen mich – Wenn Haupt und Glieder sich trennen,
Da wird sich zeigen, wo die Seele wohnte.
Illo und Terzky treten ein.
Mut, Freunde, Mut! Wir sind noch nicht zu Boden.
Fünf Regimenter Terzky sind noch unser,
Und Buttlers wackre Scharen – Morgen stößt
Ein Heer zu uns von sechzehntausend Schweden.
Nicht mächtger war ich, als ich vor neun Jahren
Auszog, dem Kaiser Deutschland zu erobern.
Vierzehnter Auftritt
Vorige. Neumann, der den Grafen Terzky beiseiteführt und mit ihm spricht.
TERZKY zu Neumann.
Was suchen sie?
WALLENSTEIN.
Was gibts?
TERZKY.
Zehn Kürassiere
Von Pappenheim verlangen dich im Namen
Des Regiments zu sprechen.
WALLENSTEIN schnell zu Neumann.
Laß sie kommen.
Neumann geht hinaus.
Davon erwart ich etwas. Gebet acht,
Sie zweifeln noch und sind noch zu gewinnen.
Funfzehnter Auftritt
Wallenstein. Terzky. Illo. Zehn Kürassiere, von einem Gefreiten geführt marschieren auf und stellen sich nach dem Kommando in einem Glied vor den Herzog, die Honneurs machend.
WALLENSTEIN nachdem er sie eine Zeitlang mit den Augen gemessen, zum Gefreiten.
Ich kenne dich wohl. Du bist aus Brügg in Flandern,
Dein Nam ist Mercy.
GEFREITER.
Heinrich Mercy heiß ich.
WALLENSTEIN.
Du wurdest abgeschnitten auf dem Marsch,
Von Hessischen umringt und schlugst dich durch,
Mit hundertachtzig Mann durch ihrer tausend.
GEFREITER.
So ists, mein General.
WALLENSTEIN.
Was wurde dir
Für diese wackre Tat?
GEFREITER.
Die Ehr, mein Feldherr,
Um die ich bat, bei diesem Korps zu dienen.
WALLENSTEIN wendet sich zu einem andern.
Du warst darunter, als ich die Freiwilligen
Heraus ließ treten auf dem Altenberg,
Die schwedsche Batterie hinwegzunehmen.
ZWEITER KÜRASSIER.
So ists, mein Feldherr.
WALLENSTEIN.
Ich vergesse keinen,
Mit dem ich einmal Worte hab gewechselt.
Bringt eure Sache vor.
GEFREITER kommandiert.
Gewehr in Arm!
WALLENSTEIN zu einem dritten gewendet.
Du nennst dich Risbeck, Köln ist dein Geburtsort.
DRITTER KÜRASSIER.
Risbeck aus Köln.
WALLENSTEIN.
Den schwedschen Oberst Dübald brachtest du
Gefangen ein im Nürenberger Lager.
DRITTER KÜRASSIER.
Ich nicht, mein General.
WALLENSTEIN.
Ganz recht! Es war
Dein ältrer Bruder, der es tat – du hattest
Noch einen jüngern Bruder, wo blieb der?
DRITTER KÜRASSIER.
Er steht zu Olmütz bei des Kaisers Heer.
WALLENSTEIN zum Gefreiten.
Nun so laß hören.
GEFREITER.
Ein kaiserlicher Brief kam uns zu Handen,
Der uns –
WALLENSTEIN unterbricht ihn.
Wer wählte euch?
GEFREITER.
Jedwede Fahn
Zog ihren Mann durchs Los.
1 comment