Da! Vor neun Jahren,
Beim Dänenkriege, stellt ich eine Macht ihm auf
Von vierzigtausend Köpfen oder fünfzig,
Die aus dem eignen Säckel keinen Deut
Ihm kostete – Durch Sachsens Kreise zog
Die Kriegesfurie, bis an die Schären
Des Belts den Schrecken seines Namens tragend.
Da war noch eine Zeit! Im ganzen Kaiserstaate
Kein Nam geehrt, gefeiert wie der meine,
Und Albrecht Wallenstein, so hieß
Der dritte Edelstein in seiner Krone!
Doch auf dem Regenspurger Fürstentag
Da brach es auf! Da lag es kund und offen,
Aus welchem Beutel ich gewirtschaft't hatte.
Und das war nun mein Dank dafür, daß ich,
Ein treuer Fürstenknecht, der Völker Fluch
Auf mich gebürdet – diesen Krieg, der nur
Ihn groß gemacht, die Fürsten zahlen lassen?
Was? Aufgeopfert wurd ich ihren Klagen,
– Abgesetzt wurd ich.
QUESTENBERG.
Eure Gnaden weiß,
Wie sehr auf jenem unglücksvollen Reichstag
Die Freiheit ihm gemangelt.
WALLENSTEIN.
Tod und Teufel!
Ich hatte, was ihm Freiheit schaffen konnte.
– Nein, Herr! Seitdem es mir so schlecht bekam,
Dem Thron zu dienen, auf des Reiches Kosten,
Hab ich vom Reich ganz anders denken lernen.
Vom Kaiser freilich hab ich diesen Stab,
Doch führ ich jetzt ihn als des Reiches Feldherr,
Zur Wohlfahrt aller, zu des Ganzen Heil,
Und nicht mehr zur Vergrößerung des Einen!
– Zur Sache doch. Was ists, das man von mir begehrt?
QUESTENBERG.
Fürs erste wollen Seine Majestät,
Daß die Armee ohn Aufschub Böhmen räume.
WALLENSTEIN.
In dieser Jahreszeit? Und wohin will man,
Daß wir uns wenden?
QUESTENBERG.
Dahin, wo der Feind ist.
Denn Seine Majestät will Regenspurg
Vor Ostern noch vom Feind gesäubert sehn,
Daß länger nicht im Dome lutherisch
Gepredigt werde – ketzerischer Greul
Des Festes reine Feier nicht besudle.
WALLENSTEIN.
Kann das geschehen, meine Generals?
ILLO.
Es ist nicht möglich.
BUTTLER.
Es kann nicht geschehn.
QUESTENBERG.
Der Kaiser hat auch schon dem Oberst Suys
Befehl geschickt, nach Bayern vorzurücken.
WALLENSTEIN.
Was tat der Suys?
QUESTENBERG.
Was er schuldig war.
Er rückte vor.
WALLENSTEIN.
Er rückte vor! Und ich,
Sein Chef, gab ihm Befehl, ausdrücklichen,
Nicht von dem Platz zu weichen! Steht es so
Um mein Kommando? Das ist der Gehorsam,
Den man mir schuldig, ohne den kein Kriegsstand
Zu denken ist? Sie, meine Generale,
Seien Richter! Was verdient der Offizier,
Der eidvergessen seine Ordre bricht?
ILLO.
Den Tod!
WALLENSTEIN da die übrigen bedenklich schweigen, mit erhöhter Stimme.
Graf Piccolomini, was hat er
Verdient?
MAX nach einer langen Pause.
Nach des Gesetzes Wort – den Tod!
ISOLANI.
Den Tod!
BUTTLER.
Den Tod nach Kriegsrecht!
Questenberg steht auf. Wallenstein folgt, es erheben sich alle.
WALLENSTEIN.
Dazu verdammt ihn das Gesetz, nicht ich!
Und wenn ich ihn begnadige, geschiehts
Aus schuldger Achtung gegen meinen Kaiser.
QUESTENBERG.
Wenns so steht, hab ich hier nichts mehr zu sagen.
WALLENSTEIN.
Nur auf Bedingung nahm ich dies Kommando;
Und gleich die erste war, daß mir zum Nachteil
Kein Menschenkind, auch selbst der Kaiser nicht,
Bei der Armee zu sagen haben sollte.
Wenn für den Ausgang ich mit meiner Ehre
Und meinem Kopf soll haften, muß ich Herr
Darüber sein. Was machte diesen Gustav
Unwiderstehlich, unbesiegt auf Erden?
Dies: daß er König war in seinem Heer!
Ein König aber, einer, der es ist,
Ward nie besiegt noch, als durch seinesgleichen –
Jedoch zur Sach. Das Beste soll noch kommen.
QUESTENBERG.
Der Kardinal-Infant wird mit dem Frühjahr
Aus Mailand rücken, und ein spanisch Heer
Durch Deutschland nach den Niederlanden führen.
Damit er sicher seinen Weg verfolge,
Will der Monarch, daß hier aus der Armee
Acht Regimenter ihn zu Pferd begleiten.
WALLENSTEIN.
Ich merk, ich merk – Acht Regimenter – Wohl!
Wohl ausgesonnen, Pater Lamormain!
Wär der Gedank nicht so verwünscht gescheit,
Man wär versucht, ihn herzlich dumm zu nennen.
Achttausend Pferde! Ja! Ja! Es ist richtig,
Ich seh es kommen.
QUESTENBERG.
Es ist nichts dahinter
Zu sehn. Die Klugheit räts, die Not gebeuts.
WALLENSTEIN.
Wie, mein Herr Abgesandter? Ich solls wohl
Nicht merken, daß mans müde ist, die Macht,
Des Schwertes Griff in meiner Hand zu sehn?
Daß man begierig diesen Vorwand hascht,
Den spanschen Namen braucht, mein Volk zu mindern,
Ins Reich zu führen eine neue Macht,
Die mir nicht untergeben sei. Mich so
Gerad beiseitzuwerfen, dazu bin ich
Euch noch zu mächtig. Mein Vertrag erheischts,
Daß alle Kaiserheere mir gehorchen,
So weit die deutsche Sprach geredet wird.
Von spanschen Truppen aber und Infanten,
Die durch das Reich als Gäste wandernd ziehn,
Steht im Vertrage nichts – Da kommt man denn
So in der Stille hinter ihm herum,
Macht mich erst schwächer, dann entbehrlich, bis
Man kürzeren Prozeß kann mit mir machen.
– Wozu die krummen Wege, Herr Minister?
Gerad heraus! Den Kaiser drückt das Paktum
Mit mir. Er möchte gerne, daß ich ginge.
Ich will ihm den Gefallen tun, das war
Beschloßne Sache, Herr, noch eh Sie kamen.
Es entsteht eine Bewegung unter den Generalen, welche immer zunimmt.
Es tut mir leid um meine Obersten,
Noch seh ich nicht, wie sie zu ihren vorgeschoßnen Geldern,
Zum wohlverdienten Lohne kommen werden.
Neu Regiment bringt neue Menschen auf,
Und früheres Verdienst veraltet schnell.
Es dienen viel Ausländische im Heer,
Und war der Mann nur sonsten brav und tüchtig,
Ich pflegte eben nicht nach seinem Stammbaum,
Noch seinem Katechismus viel zu fragen.
Das wird auch anders werden künftighin!
Nun – mich gehts nichts mehr an.
Er setzt sich.
MAX.
Da sei Gott für,
Daß es bis dahin kommen soll! – Die ganze
Armee wird furchtbar gärend sich erheben –
Der Kaiser wird mißbraucht, es kann nicht sein.
ISOLANI.
Es kann nicht sein, denn alles ging' zu Trümmern.
WALLENSTEIN.
Das wird es, treuer Isolan. Zu Trümmern
Wird alles gehn, was wir bedächtig bauten.
Deswegen aber findt sich doch ein Feldherr,
Und auch ein Kriegsheer läuft noch wohl dem Kaiser
Zusammen, wenn die Trommel wird geschlagen.
MAX geschäftig, leidenschaftlich von einem zum andern, gehend, und sie besänftigend.
Hör mich, mein Feldherr! Hört mich, Obersten!
Laß dich beschwören, Fürst! Beschließe nichts,
Bis wir zusammen Rat gehalten, dir
Vorstellungen getan – Kommt, meine Freunde!
Ich hoff, es ist noch alles herzustellen.
TERZKY.
Kommt, kommt! im Vorsaal treffen wir die andern.
Gehen.
BUTTLER zu Questenberg.
Wenn guter Rat Gehör bei Ihnen findet,
Vermeiden Sies, in diesen ersten Stunden
Sich öffentlich zu zeigen, schwerlich möchte Sie
Der goldne Schlüssel vor Mißhandlung schützen.
Laute Bewegungen draußen.
WALLENSTEIN.
Der Rat ist gut – Octavio, du wirst
Für unsers Gastes Sicherheit mir haften.
Gehaben Sie sich wohl, von Questenberg!
Als dieser reden will.
Nichts, nichts von dem verhaßten Gegenstand!
Sie taten Ihre Schuldigkeit. Ich weiß
Den Mann von seinem Amt zu unterscheiden.
Indem Questenberg mit dem Octavio abgehen will, dringen Götz, Tiefenbach, Colalto herein, denen noch mehrere Kommandeurs folgen.
GÖTZ.
Wo ist er, der uns unsern General –
TIEFENBACH zugleich.
Was müssen wir erfahren, du willst uns –
COLALTO zugleich.
Wir wollen mit dir leben, mit dir sterben.
WALLENSTEIN mit Ansehen, indem er auf Illo zeigt.
Hier der Feldmarschall weiß um meinen Willen.
Geht ab.
Dritter Aufzug
Ein Zimmer.
Erster Auftritt
Illo und Terzky.
TERZKY.
Nun sagt mir! Wie gedenkt Ihrs diesen Abend
Beim Gastmahl mit den Obristen zu machen?
ILLO.
Gebt acht! Wir setzen eine Formel auf,
Worin wir uns dem Herzog insgesamt
Verschreiben, sein zu sein mit Leib und Leben,
Nicht unser letztes Blut für ihn zu sparen;
Jedoch der Eidespflichten unbeschadet,
Die wir dem Kaiser schuldig sind. Merkt wohl!
Die nehmen wir in einer eignen Klausel
Ausdrücklich aus, und retten das Gewissen.
Nun hört! Die also abgefaßte Schrift
Wird ihnen vorgelegt vor Tische, keiner
Wird daran Anstoß nehmen – Hört nun weiter!
Nach Tafel, wenn der trübe Geist des Weins
Das Herz nun öffnet, und die Augen schließt,
Läßt man ein unterschobnes Blatt, worin
Die Klausel fehlt, zur Unterschrift herumgehn.
TERZKY.
Wie? Denkt Ihr, daß sie sich durch einen Eid
Gebunden glauben werden, den wir ihnen
Durch Gaukelkunst betrüglich abgelistet?
ILLO.
Gefangen haben wir sie immer – Laßt sie
Dann über Arglist schrein, so viel sie mögen.
Am Hofe glaubt man ihrer Unterschrift
Doch mehr als ihrem heiligsten Beteuern.
Verräter sind sie einmal, müssens sein,
So machen sie aus der Not wohl eine Tugend.
TERZKY.
Nun, mir ist alles lieb, geschieht nur was,
Und rücken wir nur einmal von der Stelle.
ILLO.
Und dann – liegt auch so viel nicht dran, wie weit
Wir damit langen bei den Generalen,
Genug, wenn wirs dem Herrn nur überreden,
Sie seien sein – denn handelt er nur erst
Mit seinem Ernst, als ob er sie schon hätte,
So hat er sie, und reißt sie mit sich fort.
TERZKY.
Ich kann mich manchmal gar nicht in ihn finden.
Er leiht dem Feind sein Ohr, läßt mich dem Thurn,
Dem Arnheim schreiben, gegen den Sesina
Geht er mit kühnen Worten frei heraus,
Spricht stundenlang mit uns von seinen Planen,
Und mein ich nun, ich hab ihn – weg, auf einmal
Entschlüpft er, und es scheint, als wär es ihm
Um nichts zu tun, als nur am Platz zu bleiben.
ILLO.
Er seine alten Plane aufgegeben!
Ich sag Euch, daß er wachend, schlafend mit
Nichts anderm umgeht, daß er Tag für Tag
Deswegen die Planeten fragt –
TERZKY.
Ja, wißt Ihr,
Daß er sich in der Nacht, die jetzo kommt,
Im astrologischen Turme mit dem Doktor
Einschließen wird und mit ihm observieren?
Denn soll es eine wichtige Nacht sein, hör ich,
Und etwas Großes, Langerwartetes
Am Himmel vorgehn.
ILLO.
Wenns hier unten nur geschieht.
Die Generale sind voll Eifer jetzt,
Und werden sich zu allem bringen lassen,
Nur um den Chef nicht zu verlieren. Seht!
So haben wir den Anlaß vor der Hand
Zu einem engen Bündnis widern Hof,
Unschuldig ist der Name zwar, es heißt,
Man will ihn beim Kommando bloß erhalten.
Doch wißt Ihr, in der Hitze des Verfolgens
Verliert man bald den Anfang aus den Augen.
Ich denk es schon zu karten, daß der Fürst
Sie willig finden – willig glauben soll
Zu jedem Wagstück. Die Gelegenheit
Soll ihn verführen. Ist der große Schritt
Nur erst getan, den sie zu Wien ihm nicht verzeihn,
So wird der Notzwang der Begebenheiten
Ihn weiter schon und weiter führen, nur
Die Wahl ists, was ihm schwer wird; drängt die Not,
Dann kommt ihm seine Stärke, seine Klarheit.
TERZKY.
Das ist es auch, worauf der Feind nur wartet,
Das Heer uns zuzuführen.
ILLO.
Kommt! Wir müssen
Das Werk in diesen nächsten Tagen weiter fördern,
Als es in Jahren nicht gedieh – Und stehts
Nur erst hier unten glücklich, gebet acht,
So werden auch die rechten Sterne scheinen!
Kommt zu den Obersten. Das Eisen muß
Geschmiedet werden, weil es glüht.
TERZKY.
Geht Ihr hin, Illo.
Ich muß die Gräfin Terzky hier erwarten.
Wißt, daß wir auch nicht müßig sind – wenn ein
Strick reißt, ist schon ein andrer in Bereitschaft.
ILLO.
Ja, Eure Hausfrau lächelte so listig,
Was habt Ihr?
TERZKY.
Ein Geheimnis! Still! Sie kommt!
Illo, geht ab.
Zweiter Auftritt
Graf und Gräfin Terzky, die aus einem Kabinett heraustritt. Hernach ein Bedienter, darauf Illo.
TERZKY.
Kommt sie? Ich halt ihn länger nicht zurück.
GRÄFIN.
Gleich wird sie da sein. Schick ihn nur.
TERZKY.
Zwar weiß ich nicht, ob wir uns Dank damit
Beim Herrn verdienen werden. Über diesen Punkt,
Du weißts, hat er sich nie herausgelassen.
Du hast mich überredet, und mußt wissen,
Wie weit du gehen kannst.
GRÄFIN.
Ich nehms auf mich.
Für sich.
Es braucht hier keiner Vollmacht – Ohne Worte, Schwager,
Verstehn wir uns – Errat ich etwa nicht,
Warum die Tochter hergefodert worden,
Warum just er gewählt, sie abzuholen?
Denn dieses vorgespiegelte Verlöbnis
Mit einem Bräutigam, den niemand kennt,
Mag andre blenden! Ich durchschaue dich –
Doch dir geziemt es nicht, in solchem Spiel
Die Hand zu haben. Nicht doch! Meiner Feinheit
Bleibt alles überlassen. Wohl! – Du sollst
Dich in der Schwester nicht betrogen haben.
BEDIENTER kommt.
Die Generale!
Ab.
TERZKY zur Gräfin.
Sorg nur, daß du ihm
Den Kopf recht warm machst, was zu denken gibst –
Wenn er zu Tisch kommt, daß er sich nicht lange
Bedenke bei der Unterschrift.
GRÄFIN.
Sorg du für deine Gäste! Geh und schick ihn.
TERZKY.
Denn alles liegt dran, daß er unterschreibt.
GRÄFIN.
Zu deinen Gästen.
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