Geh!

ILLO kommt zurück.

Wo bleibt Ihr, Terzky?

Das Haus ist voll, und alles wartet Euer.

TERZKY.

Gleich! Gleich!

 

Zur Gräfin.

 

Und daß er nicht zu lang verweilt –

Es möchte bei dem Alten sonst Verdacht –

GRÄFIN.

Unnötge Sorgfalt!

 

Terzky und Illo gehen.

 

 

Dritter Auftritt

Gräfin Terzky. Max Piccolomini.

 

MAX blickt schüchtern herein.

Base Terzky! Darf ich?

 

Tritt bis in die Mitte des Zimmers, wo er sich unruhig umsieht.

 

Sie ist nicht da! Wo ist sie?

GRÄFIN.

Sehen Sie nur recht

In jene Ecke, ob sie hinterm Schirm

Vielleicht versteckt –

MAX.

Da liegen ihre Handschuh!

 

Will hastig darnach greifen, Gräfin nimmt sie zu sich.

 

Ungütge Tante! Sie verleugnen mir –

Sie haben Ihre Lust dran, mich zu quälen.

GRÄFIN.

Der Dank für meine Müh!

MAX.

O! fühlten Sie,

Wie mir zumute ist! – Seitdem wir hier sind –

So an mich halten, Wort und Blicke wägen!

Das bin ich nicht gewohnt!

GRÄFIN.

Sie werden sich

An manches noch gewöhnen, schöner Freund!

Auf dieser Probe Ihrer Folgsamkeit

Muß ich durchaus bestehn, nur unter der Bedingung

Kann ich mich überall damit befassen.

MAX.

Wo aber ist sie? Warum kommt sie nicht?

GRÄFIN.

Sie müssens ganz in meine Hände legen.

Wer kann es besser auch mit Ihnen meinen!

Kein Mensch darf wissen, auch Ihr Vater nicht,

Der gar nicht!

MAX.

Damit hats nicht Not. Es ist

Hier kein Gesicht, an das ichs richten möchte,

Was die entzückte Seele mir bewegt.

– O Tante Terzky! Ist denn alles hier

Verändert, oder bin nur ichs? Ich sehe mich

Wie unter fremden Menschen. Keine Spur

Von meinen vorgen Wünschen mehr und Freuden.

Wo ist das alles hin? Ich war doch sonst

In eben dieser Welt nicht unzufrieden.

Wie schal ist alles nun und wie gemein!

Die Kameraden sind mir unerträglich,

Der Vater selbst, ich weiß ihm nichts zu sagen,

Der Dienst, die Waffen sind mir eitler Tand.

So müßt es einem selgen Geiste sein,

Der aus den Wohnungen der ewgen Freude

Zu seinen Kinderspielen und Geschäften,

Zu seinen Neigungen und Brüderschaften,

Zur ganzen armen Menschheit wiederkehrte.

GRÄFIN.

Doch muß ich bitten, einge Blicke noch

Auf diese ganz gemeine Welt zu werfen,

Wo eben jetzt viel Wichtiges geschieht.

MAX.

Es geht hier etwas vor um mich, ich sehs

An ungewöhnlich treibender Bewegung,

Wenns fertig ist, kommts wohl auch bis zu mir.

Wo denken Sie, daß ich gewesen, Tante?

Doch keinen Spott! Mich ängstigte des Lagers

Gewühl, die Flut zudringlicher Bekannten,

Der fade Scherz, das nichtige Gespräch,

Es wurde mir zu eng, ich mußte fort,

Stillschweigen suchen diesem vollen Herzen,

Und eine reine Stelle für mein Glück.

Kein Lächeln, Gräfin! In der Kirche war ich.

Es ist ein Kloster hier, zur Himmelspforte,

Da ging ich hin, da fand ich mich allein.

Ob dem Altar hing eine Mutter Gottes,

Ein schlecht Gemälde wars, doch wars der Freund,

Den ich in diesem Augenblicke suchte.

Wie oft hab ich die Herrliche gesehn

In ihrem Glanz, die Inbrunst der Verehrer –

Es hat mich nicht gerührt, und jetzt auf einmal

Ward mir die Andacht klar, so wie die Liebe.

GRÄFIN.

Genießen Sie Ihr Glück, Vergessen Sie

Die Welt um sich herum. Es soll die Freundschaft

Indessen wachsam für Sie sorgen, handeln.

Nur sein Sie dann auch lenksam, wenn man Ihnen

Den Weg zu Ihrem Glücke zeigen wird.

MAX.

Wo aber bleibt sie denn! – O! goldne Zeit

Der Reise, wo uns jede neue Sonne

Vereinigte, die späte Nacht nur trennte!

Da rann kein Sand und keine Glocke schlug.

Es schien die Zeit dem Überseligen

In ihrem ewgen Laufe still zu stehen.

O! der ist aus dem Himmel schon gefallen,

Der an der Stunden Wechsel denken muß!

Die Uhr schlägt keinem Glücklichen.

GRÄFIN.

Wie lang ist es, daß Sie Ihr Herz entdeckten?

MAX.

Heut früh wagt ich das erste Wort.

GRÄFIN.

Wie? Heute erst in diesen zwanzig Tagen?

MAX.

Auf jenem Jagdschloß war es, zwischen hier

Und Nepomuk, wo Sie uns eingeholt,

Der letzten Station des ganzen Wegs.

In einem Erker standen wir, den Blick

Stumm in das öde Feld hinaus gerichtet,

Und vor uns ritten die Dragoner auf,

Die uns der Herzog zum Geleit gesendet.

Schwer lag auf mir des Scheidens Bangigkeit,

Und zitternd endlich wagt ich dieses Wort:

Dies alles mahnt mich, Fräulein, daß ich heut

Von meinem Glücke scheiden muß. Sie werden

In wenig Stunden einen Vater finden,

Von neuen Freunden sich umgeben sehn,

Ich werde nun ein Fremder für Sie sein,

Verloren in der Menge – »Sprechen Sie

Mit meiner Base Terzky!« fiel sie schnell

Mir ein, die Stimme zitterte, ich sah

Ein glühend Rot die schönen Wangen färben,

Und von der Erde langsam sich erhebend

Trifft mich ihr Auge – ich beherrsche mich

Nicht länger –

 

Die Prinzessin erscheint an der Türe und bleibt stehen, von der Gräfin, aber nicht von Piccolomini bemerkt.

 

fasse kühn sie in die Arme,

Mein Mund berührt den ihrigen – da rauscht' es

Im nahen Saal und trennte uns – Sie warens.

Was nun geschehen, wissen Sie.

GRÄFIN nach einer Pause, mit einem verstohlnen Blick auf Thekla.

Und sind Sie so bescheiden, oder haben

So wenig Neugier, daß Sie mich nicht auch

Um mein Geheimnis fragen?

MAX.

Ihr Geheimnis?

GRÄFIN.

Nun ja! Wie ich unmittelbar nach Ihnen

Ins Zimmer trat, wie ich die Nichte fand,

Was sie in diesem ersten Augenblick

Des überraschten Herzens –

MAX lebhaft.

Nun?

 

 

Vierter Auftritt

Vorige. Thekla welche schnell hervortritt.

 

Spart Euch die Mühe, Tante!

Das hört er besser von mir selbst.

MAX tritt zurück.

Mein Fräulein! –

Was ließen Sie mich sagen, Tante Terzky!

THEKLA zur Gräfin.

Ist er schon lange hier?

GRÄFIN.

Jawohl, und seine Zeit ist bald vorüber.

Wo bleibt Ihr auch so lang?

THEKLA.

Die Mutter weinte wieder so. Ich seh sie leiden,

– Und kanns nicht ändern, daß ich glücklich bin.

MAX in ihren Anblick verloren.

Jetzt hab ich wieder Mut, Sie anzusehn.

Heut konnt ichs nicht. Der Glanz der Edelsteine,

Der Sie umgab, verbarg mir die Geliebte.

THEKLA.

So sah mich nur Ihr Auge, nicht Ihr Herz.

MAX.

O! diesen Morgen, als ich Sie im Kreise

Der Ihrigen, in Vaters Armen fand,

Mich einen Fremdling sah in diesem Kreise!

Wie drängte michs in diesem Augenblick,

Ihm um den Hals zu fallen, Vater ihn

Zu nennen! Doch sein strenges Auge hieß

Die heftig wallende Empfindung schweigen,

Und jene Diamanten schreckten mich,

Die wie ein Kranz von Sternen Sie umgaben.

Warum auch mußt er beim Empfange gleich

Den Bann um Sie verbreiten, gleich zum Opfer

Den Engel schmücken, auf das heitre Herz

Die traurge Bürde seines Standes werfen!

Wohl darf die Liebe werben um die Liebe,

Doch solchem Glanz darf nur ein König nahn.

THEKLA.

O! still von dieser Mummerei. Sie sehn,

Wie schnell die Bürde abgeworfen ward.

 

Zur Gräfin.

 

Er ist nicht heiter. Warum ist ers nicht?

Ihr, Tante, habt ihn mir so schwer gemacht!

War er doch ein ganz andrer auf der Reise!

So ruhig hell! So froh beredt! Ich wünschte,

Sie immer so zu sehn, und niemals anders.

MAX.

Sie fanden sich, in Ihres Vaters Armen,

In einer neuen Welt, die Ihnen huldigt,

Wärs auch durch Neuheit nur, Ihr Auge reizt.

THEKLA.

Ja! Vieles reizt mich hier, ich wills nicht leugnen,

Mich reizt die bunte, kriegerische Bühne,

Die vielfach mir ein liebes Bild erneuert,

Mir an das Leben, an die Wahrheit knüpft,

Was mir ein schöner Traum nur hat geschienen.

MAX.

Mir machte sie mein wirklich Glück zum Traum.

Auf einer Insel in des Äthers Höhn

Hab ich gelebt in diesen letzten Tagen,

Sie hat sich auf die Erd herabgelassen,

Und diese Brücke, die zum alten Leben

Zurück mich bringt, trennt mich von meinem Himmel.

THEKLA.

Das Spiel des Lebens sieht sich heiter an,

Wenn man den sichern Schatz im Herzen trägt,

Und froher kehr ich, wenn ich es gemustert,

Zu meinem schönern Eigentum zurück –

 

Abbrechend und in einem scherzhaften Ton.

 

Was hab ich Neues nicht und Unerhörtes

In dieser kurzen Gegenwart gesehn!

Und doch muß alles dies dem Wunder weichen,

Das dieses Schloß geheimnisvoll verwahrt.

GRÄFIN nachsinnend.

Was wäre das? Ich bin doch auch bekannt

In allen dunkeln Ecken dieses Hauses.

THEKLA lächelnd.

Von Geistern wird der Weg dazu beschützt,

Zwei Greife halten Wache an der Pforte.

GRÄFIN lacht.

Ach so! der astrologische Turm! Wie hat sich

Dies Heiligtum, das sonst so streng verwahrt wird,

Gleich in den ersten Stunden Euch geöffnet?

THEKLA.

Ein kleiner, alter Mann mit weißen Haaren

Und freundlichem Gesicht, der seine Gunst

Mir gleich geschenkt, schloß mir die Pforten auf.

MAX.

Das ist des Herzogs Astrolog, der Seni.

THEKLA.

Er fragte mich nach vielen Dingen, wann ich

Geboren sei, in welchem Tag und Monat,

Ob eine Tages- oder Nachtgeburt –

GRÄFIN.

Weil er das Horoskop Euch stellen wollte.

THEKLA.

Auch meine Hand besah er, schüttelte

Das Haupt bedenklich, und es schienen ihm

Die Linien nicht eben zu gefallen.

GRÄFIN.

Wie fandet Ihr es denn in diesem Saal?

Ich hab mich stets nur flüchtig umgesehn.

THEKLA.

Es ward mir wunderbar zumut, als ich

Aus vollem Tageslichte schnell hinein trat,

Denn eine düstre Nacht umgab mich plötzlich,

Von seltsamer Beleuchtung schwach erhellt.

In einem Halbkreis standen um mich her

Sechs oder sieben große Königsbilder,

Den Szepter in der Hand, und auf dem Haupt

Trug jedes einen Stern, und alles Licht

Im Turm schien von den Sternen nur zu kommen.

Das wären die Planeten, sagte mir

Mein Führer, sie regierten das Geschick,

Drum seien sie als Könige gebildet.

Der äußerste, ein grämlich finstrer Greis,

Mit dem trübgelben Stern, sei der Saturnus,

Der mit dem roten Schein, grad von ihm über,

In kriegerischer Rüstung, sei der Mars,

Und beide bringen wenig Glück den Menschen.

Doch eine schöne Frau stand ihm zur Seite,

Sanft schimmerte der Stern auf ihrem Haupt,

Das sei die Venus, das Gestirn der Freude.

Zur linken Hand erschien Merkur geflügelt,

Ganz in der Mitte glänzte silberhell

Ein heitrer Mann, mit einer Königsstirn,

Das sei der Jupiter, des Vaters Stern,

Und Mond und Sonne standen ihm zur Seite.

MAX.

O! nimmer will ich seinen Glauben schelten

An der Gestirne, an der Geister Macht.

Nicht bloß der Stolz des Menschen füllt den Raum

Mit Geistern, mit geheimnisvollen Kräften,

Auch für ein liebend Herz ist die gemeine

Natur zu eng, und tiefere Bedeutung

Liegt in dem Märchen meiner Kinderjahre,

Als in der Wahrheit, die das Leben lehrt.

Die heitre Welt der Wunder ists allein,

Die dem entzückten Herzen Antwort gibt,

Die ihre ewgen Räume mir eröffnet,

Mir tausend Zweige reich entgegenstreckt,

Worauf der trunkne Geist sich selig wiegt.

Die Fabel ist der Liebe Heimatwelt,

Gern wohnt sie unter Feen, Talismanen,

Glaubt gern an Götter, weil sie göttlich ist.

Die alten Fabelwesen sind nicht mehr,

Das reizende Geschlecht ist ausgewandert;

Doch eine Sprache braucht das Herz, es bringt

Der alte Trieb die alten Namen wieder,

Und an dem Sternenhimmel gehn sie jetzt,

Die sonst im Leben freundlich mitgewandelt,

Dort winken sie dem Liebenden herab,

Und jedes Große bringt uns Jupiter

Noch diesen Tag, und Venus jedes Schöne.

THEKLA.

Wenn das die Sternenkunst ist, will ich froh

Zu diesem heitern Glauben mich bekennen.

Es ist ein holder, freundlicher Gedanke,

Daß über uns, in unermeßnen Höhn,

Der Liebe Kranz aus funkelnden Gestirnen,

Da wir erst wurden, schon geflochten ward.

GRÄFIN.

Nicht Rosen bloß, auch Dornen hat der Himmel,

Wohl dir! wenn sie den Kranz dir nicht veletzen.

Was Venus band, die Bringerin des Glücks,

Kann Mars, der Stern des Unglücks, schnell zerreißen.

MAX.

Bald wird sein düstres Reich zu Ende sein!

Gesegnet sei des Fürsten ernster Eifer,

Er wird den Ölzweig in den Lorbeer flechten,

Und der erfreuten Welt den Frieden schenken.

Dann hat sein großes Herz nichts mehr zu wünschen,

Er hat genug für seinen Ruhm getan,

Kann jetzt sich selber leben und den Seinen.

Auf seine Güter wird er sich zurückziehn,

Er hat zu Gitschin einen schönen Sitz,

Auch Reichenberg, Schloß Friedland liegen heiter –

Bis an den Fuß der Riesenberge hin

Streckt sich das Jagdgehege seiner Wälder.

Dem großen Trieb, dem prächtig schaffenden,

Kann er dann ungebunden frei willfahren.

Da kann er fürstlich jede Kunst ermuntern,

Und alles würdig Herrliche beschützen –

Kann bauen, pflanzen, nach den Sternen sehn –

Ja, wenn die kühne Kraft nicht ruhen kann,

So mag er kämpfen mit dem Element,

Den Fluß ableiten und den Felsen sprengen,

Und dem Gewerb die leichte Straße bahnen.

Aus unsern Kriegsgeschichten werden dann

Erzählungen in langen Winternächten –

GRÄFIN.

Ich will denn doch geraten haben, Vetter,

Den Degen nicht zu frühe wegzulegen.

Denn eine Braut, wie die, ist es wohl wert,

Daß mit dem Schwert um sie geworben werde.

MAX.

O! wäre sie mit Waffen zu gewinnen!

GRÄFIN.

Was war das? Hört ihr nichts? – Mir wars, als hört ich

Im Tafelzimmer heftgen Streit und Lärmen.

 

Sie geht hinaus.

 

 

Fünfter Auftritt

Thekla und Max Piccolomini.

 

THEKLA sobald die Gräfin sich entfernt hat, schnell und heimlich zu Piccolomini.

Trau ihnen nicht. Sie meinens falsch.

MAX.

Sie könnten –

THEKLA.

Trau niemand hier als mir. Ich sah es gleich,

Sie haben einen Zweck.

MAX.

Zweck! Aber welchen?

Was hätten sie davon, uns Hoffnungen –

THEKLA.

Das weiß ich nicht. Doch glaub mir, es ist nicht

Ihr Ernst, uns zu beglücken, zu verbinden.

MAX.

Wozu auch diese Terzkys? Haben wir

Nicht deine Mutter? Ja, die Gütige

Verdients, daß wir uns kindlich ihr vertrauen.

THEKLA.

Sie liebt dich, schätzt dich hoch vor allen andern,

Doch nimmer hätte sie den Mut, ein solch

Geheimnis vor dem Vater zu bewahren.

Um ihrer Ruhe willen muß es ihr

Verschwiegen bleiben.

MAX.

Warum überall

Auch das Geheimnis? Weißt du, was ich tun will?

Ich werfe mich zu deines Vaters Füßen,

Er soll mein Glück entscheiden, er ist wahrhaft,

Ist unverstellt und haßt die krummen Wege,

Er ist so gut, so edel –

THEKLA.

Das bist du!

MAX.

Du kennst ihn erst seit heut. Ich aber lebe

Schon zehen Jahre unter seinen Augen.

Ists denn das erstemal, daß er das Seltne,

Das Ungehoffte tut? Es sieht ihm gleich,

Zu überraschen wie ein Gott, er muß

Entzücken stets und in Erstaunen setzen.

Wer weiß, ob er in diesem Augenblick

Nicht mein Geständnis, deines bloß erwartet,

Uns zu vereinigen – Du schweigst? Du siehst

Mich zweifelnd an? Was hast du gegen deinen Vater?

THEKLA.

Ich? Nichts – Nur zu beschäftigt find ich ihn,

Als daß er Zeit und Muße könnte haben,

An unser Glück zu denken.

 

Ihn zärtlich bei der Hand fassend.

 

Folge mir!

Laß nicht zu viel uns an die Menschen glauben,

Wir wollen diesen Terzkys dankbar sein

Für jede Gunst, doch ihnen auch nicht mehr

Vertrauen, als sie würdig sind, und uns

Im übrigen – auf unser Herz verlassen.

MAX.

O! werden wir auch jemals glücklich werden!

THEKLA.

Sind wirs denn nicht? Bist du nicht mein? Bin ich

Nicht dein? – In meiner Seele lebt

Ein hoher Mut, die Liebe gibt ihn mir –

Ich sollte minder offen sein, mein Herz

Dir mehr verbergen, also wills die Sitte.

Wo aber wäre Wahrheit hier für dich,

Wenn du sie nicht auf meinem Munde findest?

Wir haben uns gefunden, halten uns

Umschlungen, fest und ewig. Glaube mir!

Das ist um vieles mehr, als sie gewollt.

Drum laß es uns wie einen heilgen Raub

In unsers Herzens Innerstem bewahren.

Aus Himmels Höhen fiel es uns herab,

Und nur dem Himmel wollen wirs verdanken.

Er kann ein Wunder für uns tun.

 

 

Sechster Auftritt

Gräfin Terzky zu den Vorigen.

 

GRÄFIN pressiert.

Mein Mann schickt her. Es sei die höchste Zeit.

Er soll zur Tafel –

 

Da jene nicht darauf achten, tritt sie zwischen sie.

 

Trennt euch!

THEKLA.

O! nicht doch!

Es ist ja kaum ein Augenblick.

GRÄFIN.

Die Zeit vergeht Euch schnell, Prinzessin Nichte.

MAX.

Es eilt nicht, Base.

GRÄFIN.

Fort! Fort! Man vermißt Sie.

Der Vater hat sich zweimal schon erkundigt.

THEKLA.

Ei nun! der Vater!

GRÄFIN.

Das versteht Ihr, Nichte.

THEKLA.

Was soll er überall bei der Gesellschaft?

Es ist sein Umgang nicht, es mögen würdge,

Verdiente Männer sein, er aber ist

Für sie zu jung, taugt nicht in die Gesellschaft.

GRÄFIN.

Ihr möchtet ihn wohl lieber ganz behalten?

THEKLA lebhaft.

Ihr habts getroffen. Das ist meine Meinung.

Ja, laßt ihn ganz hier, laßt den Herren sagen –

GRÄFIN.

Habt Ihr den Kopf verloren, Nichte? – Graf!

Sie wissen die Bedingungen.

MAX.

Ich muß gehorchen, Fräulein. Leben Sie wohl.

 

Da Thekla sich schnell von ihm wendet.

 

Was sagen Sie?

THEKLA ohne ihn anzusehen.

Nichts. Gehen Sie.

MAX.

Kann ichs,

Wenn Sie mir zürnen –

 

Er nähert sich ihr, ihre Augen begegnen sich, sie steht einen Augenblick schweigend, dann wirft sie sich ihm an die Brust, er drückt sie fest an sich.

 

GRÄFIN.

Weg! Wenn jemand käme!

Ich höre Lärmen – Fremde Stimmen nahen.

 

Max reißt sich aus ihren Armen und geht, die Gräfin begleitet ihn. Thekla folgt ihm anfangs mit den Augen, geht unruhig durch das Zimmer und bleibt dann in Gedanken versenkt stehen. Eine Gitarre liegt auf dem Tische, sie ergreift sie, und nachdem sie eine Weile schwermütig präludiert hat, fällt sie in den Gesang.

 

 

Siebenter Auftritt

Thekla spielt und singt.

 

Der Eichwald brauset, die Wolken ziehn,

Das Mägdlein wandelt an Ufers Grün,

Es bricht sich die Welle mit Macht, mit Macht,

Und sie singt hinaus in die finstre Nacht,

Das Auge von Weinen getrübet.

 

Das Herz ist gestorben, die Welt ist leer,

Und weiter gibt sie dem Wunsche nichts mehr.

Du Heilige, rufe dein Kind zurück,

Ich habe genossen das irdische Glück,

Ich habe gelebt und geliebet.

 

 

Achter Auftritt

Gräfin kommt zurück. Thekla.

 

GRÄFIN.

Was war das, Fräulein Nichte? Fi! Ihr werft Euch

Ihm an den Kopf.