Ihr solltet Euch doch, dächt ich,
Mit Eurer Person ein wenig teurer machen.
THEKLA indem sie aufsteht.
Was meint Ihr, Tante?
GRÄFIN.
Ihr sollt nicht vergessen,
Wer Ihr seid und wer er ist. Ja, das ist Euch
Noch gar nicht eingefallen, glaub ich.
THEKLA.
Was denn?
GRÄFIN.
Daß Ihr des Fürsten Friedland Tochter seid.
THEKLA.
Nun? und was mehr?
GRÄFIN.
Was? Eine schöne Frage!
THEKLA.
Was wir geworden sind, ist er geboren.
Er ist von altlombardischem Geschlecht,
Ist einer Fürstin Sohn!
GRÄFIN.
Sprecht Ihr im Traum?
Fürwahr! Man wird ihn höflich noch drum bitten,
Die reichste Erbin in Europa zu beglücken
Mit seiner Hand.
THEKLA.
Das wird nicht nötig sein.
GRÄFIN.
Ja, man wird wohltun, sich nicht auszusetzen.
THEKLA.
Sein Vater liebt ihn, Graf Octavio
Wird nichts dagegenhaben –
GRÄFIN.
Sein Vater! Seiner! Und der Eure, Nichte?
THEKLA.
Nun ja! Ich denk, Ihr fürchtet seinen Vater,
Weil Ihrs vor dem, vor seinem Vater, mein ich,
So sehr verheimlicht.
GRÄFIN sieht sie forschend an.
Nichte, Ihr seid falsch.
THEKLA.
Seid Ihr empfindlich, Tante? O! seid gut!
GRÄFIN.
Ihr haltet Euer Spiel schon für gewonnen –
Jauchzt nicht zu frühe!
THEKLA.
Seid nur gut!
GRÄFIN.
Es ist noch nicht so weit.
THEKLA.
Ich glaub es wohl.
GRÄFIN.
Denkt Ihr, er habe sein bedeutend Leben
In kriegerischer Arbeit aufgewendet,
Jedwedem stillen Erdenglück entsagt,
Den Schlaf von seinem Lager weggebannt,
Sein edles Haupt der Sorge hingegeben,
Nur um ein glücklich Paar aus euch zu machen?
Um dich zuletzt aus deinem Stift zu ziehn,
Den Mann dir im Triumphe zuzuführen,
Der deinen Augen wohlgefällt? – Das hätt er
Wohlfeiler haben können! Diese Saat
Ward nicht gepflanzt, daß du mit kindscher Hand
Die Blume brächest, und zur leichten Zier
An deinen Busen stecktest!
THEKLA.
Was er mir nicht gepflanzt, das könnte doch
Freiwillig mir die schönen Früchte tragen.
Und wenn mein gütig freundliches Geschick
Aus seinem furchtbar ungeheuren Dasein
Des Lebens Freude mir bereiten will –
GRÄFIN.
Du siehsts wie ein verliebtes Mädchen an.
Blick um dich her. Besinn dich, wo du bist –
Nicht in ein Freudenhaus bist du getreten,
Zu keiner Hochzeit findest du die Wände
Geschmückt, der Gäste Haupt bekränzt. Hier ist
Kein Glanz, als der von Waffen. Oder denkst du,
Man führte diese Tausende zusammen,
Beim Brautfest dir den Reihen aufzuführen?
Du siehst des Vaters Stirn gedankenvoll,
Der Mutter Aug in Tränen, auf der Waage liegt
Das große Schicksal unsers Hauses!
Laß jetzt des Mädchens kindische Gefühle,
Die kleinen Wünsche hinter dir! Beweise,
Daß du des Außerordentlichen Tochter bist!
Das Weib soll sich nicht selber angehören,
An fremdes Schicksal ist sie fest gebunden,
Die aber ist die Beste, die sich Fremdes
Aneignen kann mit Wahl, an ihrem Herzen
Es trägt und pflegt mit Innigkeit und Liebe.
THEKLA.
So wurde mirs im Kloster vorgesagt.
Ich hatte keine Wünsche, kannte mich
Als seine Tochter nur, des Mächtigen,
Und seines Lebens Schall, der auch zu mir drang,
Gab mir kein anderes Gefühl als dies:
Ich sei bestimmt, mich leidend ihm zu opfern.
GRÄFIN.
Das ist dein Schicksal. Füge dich ihm willig.
Ich und die Mutter geben dir das Beispiel.
THEKLA.
Das Schicksal hat mir den gezeigt, dem ich
Mich opfern soll, ich will ihm freudig folgen.
GRÄFIN.
Dein Herz, mein liebes Kind, und nicht das Schicksal.
THEKLA.
Der Zug des Herzens ist des Schicksals Stimme.
Ich bin die Seine. Sein Geschenk allein
Ist dieses neue Leben, das ich lebe.
Er hat ein Recht an sein Geschöpf. Was war ich,
Eh seine schöne Liebe mich beseelte?
Ich will auch von mir selbst nicht kleiner denken,
Als der Geliebte. Der kann nicht gering sein,
Der das Unschätzbare besitzt. Ich fühle
Die Kraft mit meinem Glücke mir verliehn.
Ernst liegt das Leben vor der ernsten Seele.
Daß ich mir selbst gehöre, weiß ich nun.
Den festen Willen hab ich kennenlernen,
Den unbezwinglichen, in meiner Brust,
Und an das Höchste kann ich alles setzen.
GRÄFIN.
Du wolltest dich dem Vater widersetzen,
Wenn er es anders nun mit dir beschlossen?
– Ihm denkst dus abzuzwingen? Wisse, Kind!
Sein Nam ist Friedland.
THEKLA.
Auch der meinige.
Er soll in mir die echte Tochter finden.
GRÄFIN.
Wie? Sein Monarch, sein Kaiser zwingt ihn nicht,
Und du, sein Mädchen, wolltest mit ihm kämpfen?
THEKLA.
Was niemand wagt, kann seine Tochter wagen.
GRÄFIN.
Nun wahrlich! Darauf ist er nicht bereitet.
Er hätte jedes Hindernis besiegt,
Und in dem eignen Willen seiner Tochter
Sollt ihm der neue Streit entstehn? Kind! Kind!
Noch hast du nur das Lächeln deines Vaters,
Hast seines Zornes Auge nicht gesehen.
Wird sich die Stimme deines Widerspruchs,
Die zitternde, in seine Nähe wagen?
Wohl magst du dir, wenn du allein bist, große Dinge
Vorsetzen, schöne Rednerblumen flechten,
Mit Löwenmut den Taubensinn bewaffnen.
Jedoch versuchs! Tritt vor sein Auge hin,
Das fest auf dich gespannt ist, und sag Nein!
Vergehen wirst du vor ihm, wie das zarte Blatt
Der Blume vor dem Feuerblick der Sonne.
– Ich will dich nicht erschrecken, liebes Kind!
Zum Äußersten solls ja nicht kommen, hoff ich –
Auch weiß ich seinen Willen nicht. Kann sein,
Daß seine Zwecke deinem Wunsch begegnen.
Doch das kann nimmermehr sein Wille sein,
Daß du, die stolze Tochter seines Glücks,
Wie ein verliebtes Mädchen dich gebärdest,
Wegwerfest an den Mann, der, wenn ihm je
Der hohe Lohn bestimmt ist, mit dem höchsten Opfer,
Das Liebe bringt, dafür bezahlen soll!
Sie geht ab.
Neunter Auftritt
Thekla allein.
Dank dir für deinen Wink! Er macht
Mir meine böse Ahnung zur Gewißheit.
So ists denn wahr? Wir haben keinen Freund
Und keine treue Seele hier – wir haben
Nichts als uns selbst. Uns drohen harte Kämpfe.
Du, Liebe, gib uns Kraft, du göttliche!
O! sie sagt wahr! Nicht frohe Zeichen sinds,
Die diesem Bündnis unsrer Herzen leuchten.
Das ist kein Schauplatz, wo die Hoffnung wohnt,
Nur dumpfes Kriegsgetöse rasselt hier,
Und selbst die Liebe, wie in Stahl gerüstet,
Zum Todeskampf gegürtet, tritt sie auf.
Es geht ein finstrer Geist durch unser Haus,
Und schleunig will das Schicksal mit uns enden.
Aus stiller Freistatt treibt es mich heraus,
Ein holder Zauber muß die Seele blenden.
Es lockt mich durch die himmlische Gestalt,
Ich seh sie nah und seh sie näher schweben,
Es zieht mich fort, mit göttlicher Gewalt,
Dem Abgrund zu, ich kann nicht widerstreben.
Man hört von ferne die Tafelmusik.
O! wenn ein Haus im Feuer soll vergehn,
Dann treibt der Himmel sein Gewölk zusammen,
Es schießt der Blitz herab aus heitern Höhn,
Aus unterirdschen Schlünden fahren Flammen,
Blindwütend schleudert selbst der Gott der Freude
Den Pechkranz in das brennende Gebäude!
Sie geht ab.
Vierter Aufzug
Szene: Ein großer, festlich erleuchteter Saal, in der Mitte desselben und nach der Tiefe des Theaters eine reich ausgeschmückte Tafel, an welcher acht Generale, worunter Octavio Piccolomini, Terzky und Maradas, sitzen. Rechts und links davon, mehr nach hinten zu, noch zwei andere Tafeln, welche jede mit sechs Gästen besetzt sind. Vorwärts steht der Kredenztisch, die ganze vordere Bühne bleibt für die aufwartenden Pagen und Bedienten frei. Alles ist in Bewegung, Spielleute von Terzkys Regiment ziehen über den Schauplatz um die Tafel herum. Noch ehe sie sich ganz entfernt haben, erscheint Max Piccolomini, ihm kommt Terzky mit einer Schrift, Isolani mit einem Pokal entgegen.
Erster Auftritt
Terzky. Isolani. Max Piccolomini.
ISOLANI.
Herr Bruder, was wir lieben! Nun, wo steckt Er?
Geschwind an Seinen Platz! Der Terzky hat
Der Mutter Ehrenweine preisgegeben,
Es geht hier zu, wie auf dem Heidelberger Schloß.
Das Beste hat Er schon versäumt. Sie teilen
Dort an der Tafel Fürstenhüte aus,
Des Eggenberg, Slawata, Lichtenstein,
Des Sternbergs Güter werden ausgeboten
Samt allen großen böhmschen Lehen, wenn
Er hurtig macht, fällt auch für Ihn was ab.
Marsch! Setz Er sich!
COLALTO UND GÖTZ rufen an der zweiten Tafel.
Graf Piccolomini!
TERZKY.
Ihr sollt ihn haben! Gleich! – Lies diese Eidesformel,
Ob dirs gefällt, so wie wirs aufgesetzt.
Es habens alle nach der Reih gelesen,
Und jeder wird den Namen druntersetzen.
MAX liest.
»Ingratis servire nefas.«
ISOLANI.
Das klingt wie ein lateinscher Spruch – Herr Bruder,
Wie heißts auf deutsch?
TERZKY.
Dem Undankbaren dient kein rechter Mann!
MAX. »Nachdem unser hochgebietender Feldherr, der Durchlauchtige Fürst von Friedland, wegen vielfältig empfangener Kränkungen, des Kaisers Dienst zu verlassen gemeint gewesen, auf unser einstimmiges Bitten aber sich bewegen lassen, noch länger bei der Armee zu verbleiben, und ohne unser Genehmhalten sich nicht von uns zu trennen; als verpflichten wir uns wieder insgesamt, und jeder für sich insbesondere, anstatt eines körperlichen Eides – auch bei ihm ehrlich und getreu zu halten, uns auf keinerlei Weise von ihm zu trennen, und für denselben alles das Unsrige, bis auf den letzten Blutstropfen, aufzusetzen, so weit nämlich unser dem Kaiser geleisteter Eid erlauben wird. Die letzten Worte werden von Isolani nachgesprochen. Wie wir denn auch, wenn einer oder der andre von uns, diesem Verbündnis zuwider, sich von der gemeinen Sache absondern sollte, denselben als einen bundesflüchtigen Verräter erklären, und an seinem Hab und Gut, Leib und Leben Rache dafür zu nehmen verbunden sein wollen. Solches bezeugen wir mit Unterschrift unsers Namens.«
TERZKY.
Bist du gewillt, dies Blatt zu unterschreiben?
ISOLANI.
Was sollt er nicht! Jedweder Offizier
Von Ehre kann das – muß das – Dint und Feder!
TERZKY.
Laß gut sein, bis nach Tafel.
ISOLANI Max fortziehend.
Komm Er, komm Er!
Beide gehen an die Tafel.
Zweiter Auftritt
Terzky. Neumann.
TERZKY winkt dem Neumann, der am Kredenztisch gewartet, und tritt mit ihm vorwärts.
Bringst du die Abschrift, Neumann? Gib! Sie ist
Doch so verfaßt, daß man sie leicht verwechselt?
NEUMANN.
Ich hab sie Zeil um Zeile nachgemalt,
Nichts als die Stelle von dem Eid blieb weg,
Wie deine Exzellenz es mir geheißen.
TERZKY.
Gut! Leg sie dorthin, und mit dieser gleich
Ins Feuer! Was sie soll, hat sie geleistet.
Neumann legt die Kopie auf den Tisch, und tritt wieder zum Schenktisch.
Dritter Auftritt
Illo kommt aus dem zweiten Zimmer.
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