– – –?!«
»Chopin As dur – –« sagte der Klavierspieler. Dann fügte er hinzu: »Robert Schumann sagt Wunderbares über dieselbe. Warum fragst Du?!« »Nur so – – –.«
Der junge Mann aber war wie in einer andern Welt – –. Er fühlte auch Wunderbares über die As dur-Etüde, aber er konnte es nicht ausdrücken wie Schumann – – –. Er sagte nur leise zu dem Mädchen: »meine gütige Königin – – – – –!«
Landparthie
Er überreichte ihr diese goldgelben Blumen, die aussehen wie kleine bronzirte Lilien – – –.
»Bei mir verwelken alle Blumen – –« sagte sie und steckte das Bouquet in das braunseidene Gürtelband.
Dann stiegen sie in den Wagen und fuhren in den frischen Morgen hinein – – –.
Frisch war der Morgen, frisch – – –.
Der junge Mann sang: »den Finken des Waldes die Nachtigall ruft – –, von Geigenstrich hallt es goldrein durch die Luft – –«
»Singen Sie nicht – – –« sagte sie.
Er schwieg – – –.
»Singen Sie, wenn es Ihnen Vergnügen macht –«, sagte sie, »Sie haben eine hübsche Stimme – –. Singen Sie die letzte Strophe: »auf blumiger Höh' – – –.««
Er schwieg und blickte in dieses süsse geliebte Antlitz – – –.
Sie lächelte – –. Dann sah sie gleichgiltig in die Natur. Mit der konnte man nicht spielen. Die war kalt, gelassen und lächelte selbst – – –.
Lärchen mit hellgrünem Flor standen da auf hellbraunem Boden. An sonnigen Stellen auf kurzgrasigen Wiesen standen Blumen im Herbstkleid wie grauseidene Watta und dunkelgelbe Compositen auf graugrünen Stengeln.
Im marmorweissen Bachgerölle standen dunkle Weidengruppen und längs des Weges hellrothe Berberitzen – – –.
Es kam ein steiles Stück.
Der Kutscher stieg ab und ging neben dem Wagen.
Der junge Mann, das junge Mädchen stiegen aus – – –.
Sie pflückte heliotropfarbigen Enzian und band ihn zu den Blumen.
Er empfand das wie eine Auszeichnung. So wenig braucht man – –. Er sagte: »Wie Sie das gestern Abends gesagt haben – – –: »Sie werden morgen nicht mitfahren, Sie bleiben zu Hause, monsieur, wenn Sie so sind – – –.« Dann wandten Sie den Kopf um, weil ich zurückblieb, von ihrer Seite wich. Sie lächelten – – –. Sie lächelten wie wenn man sagt: »Nein, Du darfst mitfahren, ich bin wieder gut, aber sei nur nicht so dumm, bist Du denn ein Mann oder ein ganz kleines Baby?! Vielleicht möchtest Du sogar weinen – –?!««
Diese Art sich auszudrücken, die Seele plastisch hinzustellen, verstand sie gar nicht – – –.
Sie wurde nervös und sagte: »Sie, lassen Sie mich in Ruhe mit Ihren überspannten Sachen – – –.«
Dann sagte sie ein bischen schüchtern, unsicher: »Sie, monsieur, wie heissen diese rothen Beeren – –?! Sie wissen doch Alles – – –.«
»Berberitzen, Weinscharl – –« sagte er und hatte ein Gefühl wie Blei-Schwere.
Und sie: »Die sind hübsch – –.«
Das hiess: »Siehst Du, ich bin gar nicht so, ich führe mit Dir liebenswürdige Conversation – – –!«
Dann sagte sie: Ich kann nicht mehr gehen, steigen wir ein zu den Anderen – – –.«
Sie gab ihm den écrüseidenen Schirm zu halten und blickte ihn an wie wenn man sagt: »Bist Du böse –?!«
Der müde Zug verschwand aus seinem Antlitz. Er sah aus wie ein Zwanzigjähriger, der blonde Locken schüttelt und jauchzt – – –. Aber er war viel älter und es ging vorüber – – –.
Tannen in Trauer, Lärchen mit grünem Flor; Lärchen mit grünem Flor, Tannen in Trauer; Lärchen, Tannen, Tannen, Lärchen – –.
Der junge Mann summte das Cello-Motiv aus Manon. Dann sang er es sanft wie der Cellist in der Hofoper – – –.
Auf sumpfigen patschigen leuchtenden Wiesen standen weisse Sternblumen und gelbe Dotterblumen – –.
Wiesen, Wiesen – – –. Irgendwo begann ein Zaun und grenzte Sumpf ab – – –.
Plötzlich lag der See da, milchblau, mare austriacum – – – – – –
Man stieg aus. Man badete im See und dinirte auf der Terrasse – – –. Spät Abends war die Rückfahrt. Alle nahmen Plaid's.
Der junge Mann sass ihr gegenüber – – –.
Sie hatte nicht mehr den triumphirenden Lach-Blick. Sie war müde – – –.
Die Wagenlaternen beleuchteten hellbraune kerzengerade Stämme und gelblichgrüne verwaschene Teppiche – – –.
Wie wenn man die Natur aus dem Schlafe weckte mit einem grellen Lichte – – –. Sie hat nicht mehr den triumphirenden Lach-Blick – – –.
Der Wagen fuhr langsam, vorsichtig, durch den dunklen, kalten Wald – – –.
Da dachte der Herr an die Stunden, in welchen die Dame sich mit ihm spielte wie mit einem Püppchen, Hündchen und quasi in die Händchen klatschte und jauchzte über ihre riesigen Ungezogenheiten – – –.
Es war wie eine Sehnsucht in ihm nach diesem goldenen Zeitalter – –. Es war die Jugend, das leichte launige Glück – – –.
Aber der Wagen fuhr langsam durch den kalten Wald und sie hatte den triumphirenden Blick verloren und war müde – – –.
»Singen Sie das Cello-Motiv aus Manon – – –« sagte sie sanft.
Er schwieg.
Aber sie fühlte, dass er es innerlich sang, mit lauter süsser Stimme, wie wenn die erste Begegnung im Gasthofe darin läge zwischen Des Grieux und Manon und alles Andere und der Tod auf fremder Erde, wo er sie begrub – – –.
Der Wagen fuhr langsam durch den kalten dunklen Wald –.
Flirt
Sie trug ein Kleid von der mattgrünen Farbe der Diamant-Käfer und gab einem Cavalier Rosenblätter zu essen, welche sie abzupfte.
»Ambrosia – – –« sagte der Cavalier.
Später sass sie immer allein. Ihr mattgrünes Kleid schimmerte wie Phosphor. Sie zupfte langsam Rosenblätter ab, gab sie Niemandem zu essen.
Eine Thräne fiel auf ihr Kleid.
Aber Niemand sagte: »Nektar!«
Fleiss
Sie sass auf der Esplanade, stickte an einer gelben Arbeit in haariger Perser-Wolle.
Der Himmel war blau, der Schönberg war wie leuchtende Durchsichtigkeit.
Sie stickte.
Kleine rundliche weisse Wolken schwammen daher, der Schönberg wurde wie weisse Kreide.
Sie stickte.
Ein junger Dichter ging vorüber, grüsste – – –.
Alles war grau wie Blei, der Schönberg war verschwunden.
Sie nahm ihre gelbe Arbeit zusammen und ging.
Der Himmel war wieder blau, der Schönberg war wie leuchtende Durchsichtigkeit.
Sie sass auf der Esplanade und stickte an einer gelben Arbeit in haariger Perser-Wolle.
Ein junger Dichter ging vorüber, grüsste – – –.
Der Himmel war schwarz, mit einer Million weisser Sterne.
Sie sass in ihrem Zimmer und stickte an ihrer gelben Arbeit in haariger Perser-Wolle.
Der junge Dichter blickte in den schwarzen Himmel und in die Million weisser Sterne!
Friede
Hell war sie, hell, die kleine Königin! Wie die gelbe Sonne waren ihre Haare und ihr Antlitz wie ein Rosenblatt!
»Ich fürchte, ich werde mich in Niemanden verlieben – – –« sagte sie einmal auf der Esplanade.
»Warum?!« sagte ein Herr sanft zu ihr.
»Ich bin zu ruhig, ich geniesse den Sommer wie eine Grille und wie die See-Schwäne. Aber es giebt Störer, in der Ferne, am Horizonte. Was werden sie machen aus uns?! Wir werden wahrscheinlich den Sommer nicht mehr geniessen können wie die Grille und wie die See-Schwäne.«
»Gute, Süsse – –« murmelte der Herr.
»Was haben Sie gesagt?!«
»Nichts – –«.
Und sie genoss den Sommer wie die Grille und wie die See-Schwäne – – –!
Wie es geht
Sie war eine ganz kleine Schauspielerin des Sommertheaters, hatte Himmels-Augen und hungerte.
»Ich möchte Ihnen einmal Jeane Eyre vorspielen« sagte sie zu einem jungen Schriftsteller.
»Kommen Sie zu mir« sagte er.
»Oh«, sagte sie, »erlauben Sie es mir?!«
Sie spielte es ihm vor.
Er lobte sie, brachte sie in eine glückliche Stimmung.
Dann küsste er sie, drückte sie an sich – – –.
»Gott beschütze mich« sagte sie und überliess sich dem Schicksale.
Sie behielt ihre Himmels-Augen, hungerte und deklamirte Jeane Eyre, ihre Glanzrolle – – –.
Fromont
»Es ist eine österreichische Comtesse der Ebner-Eschenbach« sagte ein junger Mann auf der Esplanade von ihr.
»Worin liegt es?« erwiderte eine Dame.
»In der adeligen Seele, welche den Gesammt-Organismus durchleuchtet. Man bekommt einen durchscheinenden beweglichen Körper, wie die Meeres-Quallen, welche leuchten – – –.«
»Vielleicht ist Anmuth nichts Anderes als mit Seele imprägnirte Materie!«, sagte die Dame, »vielleicht ist es aber auch der Turnlehrer, der Tanzlehrer?!«
Abends sass die Ebner-Eschenbachische Comtesse in dem kleinen Theater in einer Parterre-Loge. Ihre Schwestern sassen rechts und links.
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